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Gefährliche Freiheit

Gefährliche Freiheit

Titel: Gefährliche Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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er von zu Hause fort war.
    »Hast du vergessen, dass niemand mehr einen Ausweis besitzt?«, fragte er. »Ich könnte sonst wer sein. Es spielt keine Rolle, ob du mich anzeigst oder nicht.«
    Der Junge ließ sich gegen einen der Säcke plumpsen und Luke dachte: Diese Runde geht an mich.
    »Es ist sowieso egal«, sagte der Junge, dessen ganze vermeintliche Selbstsicherheit nun verschwunden war. »Ich habe Leute sagen hören, dass in dieser Gegend sämtliche Straßen abgesperrt sind. Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht zurück ins Hauptquartier. Hast du die Schüsse gehört?«
    Luke nickte.
    »Haben sie gegen die Bevölkerungspolizei gekämpft?«, fragte er.
    »Ich nehme es an«, erwiderte der Junge. »Eine Horde Jungen und Männer kam ins Dorf zurück und spuckte große Töne, was für Feiglinge doch in den schicken Uniformen der Bevölkerungspolizei stecken. Sie hätten die Waffen fallen lassen und wären davongerannt. So wie du.«
    Luke fand, dass da durchaus ein Unterschied bestand, aber darüber wollte er sich jetzt nicht streiten.
    »Ich glaube, das halbe Dorf ist in dem Haus drüben und feiert«, fuhr der Junge fort und zeigte nach nebenan. »Ich habe gehört, wie Leute gerufen haben, dass sie von jetzt an auf niemanden mehr hören müssen – dass sie ab sofort selbst über ihr Leben bestimmen.«
    Frei, dachte Luke. Ist das Freiheit? Sind jetzt alle frei?
    »Ich war auf dem Weg dorthin, als ich dich entdeckt habe. Wollte mich rüberschleichen und sehen, ob ich ein bisschen von dem Essen ergattern kann, das sie dort haben.«
    »Und wenn dich jemand gesehen hätte?«, fragte Luke.
    »Ich bin nicht so blöd wie du und laufe immer noch in einer Polizeiuniform durch die Gegend«, schnaubte der Junge. Luke spürte, wie er rot wurde. Er hatte sich über seine Kleidung noch keine Gedanken gemacht. Er war einfach froh gewesen, dass der Stoff der Uniform dick genug war, um ihm die Kälte vom Leib zu halten.
    »Ich habe das Polizeiabzeichen abgerissen, siehst du?«, sagte der Junge und hielt zum Beweis ein Stoffstück hoch. Lukes Hand strich über herabhängende Fäden. »Dann habe ich an einer Wäscheleine diesen Umhang entdeckt, unter dem ich alles verstecken kann. Ich bin gut getarnt.«
    »Was ist, wenn die Leute sich irren und die Bevölkerungspolizei immer noch an der Macht ist?«, versuchte Luke ihn aus der Reserve zu locken.
    »Na, dann hefte ich mir das Abzeichen einfach wieder an«, erwiderte der Junge. »Ich werfe es nicht weg. Irgendwo werde ich schon Nadel und Faden auftreiben, wenn es sein muss.«
    Luke seufzte, obwohl er nicht genau wusste, was ihn an der Erklärung des Jungen so störte. War er bloß neidisch, weil er nicht selbst auf diese Idee gekommen war? Dann fiel ihm ein, was er ihn fragen wollte.
    »Aber – bist du froh darüber, dass die Bevölkerungspolizei fort ist? Oder wäre es dir lieber, sie würde an der Macht bleiben? Auf welcher Seite stehst du wirklich?«
    Der Junge lachte, als sei Lukes Frage der Gipfel der Dummheit.
    »Auf welcher Seite ich stehe?«, wiederholte er. »Was glaubst du wohl? Ich stehe immer auf der Seite, die mich füttert.«

 
9. Kapitel
     
    Luke hielt sein Versprechen, stand auf und verließ die Hütte, sobald der Junge seine Geschichte beendet hatte.
    »Tja, äh, viel Glück dann«, sagte er unbeholfen. »Pass auf dich auf.«
    Er zögerte noch einen Moment, in der vagen Hoffnung, den Jungen sagen zu hören: He, warum bleiben wir nicht zusammen? Als Team? Aber sie beide hatten sich nicht einmal genug vertraut, um sich ihre Namen zu nennen; Luke zweifelte nicht daran, dass der andere ihn bei der nächstbesten Gelegenheit der Bevölkerungspolizei melden würde. Aber warum war ihm dann das Herz schwer? Warum fühlte er sich auf dem Weg zur Tür plötzlich so einsam?
    Ich gehöre gern zu einem Team, dachte er. Selbst im Hauptquartier, wo er abgesehen von Nina keinem seiner Freunde begegnet war, hatte er gewusst, dass er nicht ganz allein war.
    Jetzt war er es.
    Luke spähte hinaus in die trübe Dämmerung, dann schlüpfte er durch die Tür, die er hinter sich zuzog. Die fröhliche Feier im Haus nebenan war inzwischen so wild und ausgelassen, dass die Rufe und Liedfetzen durch die dicken Mauern bis nach draußen drangen.
    Ob ich versuchen soll, mich ihnen anzuschließen?, fragte sich Luke. Niemand wollte die Bevölkerungspolizei dringender loswerden als ich.
    Aber er konnte sich nicht richtig vorstellen, hinüberzugehen, die Eingangstür aufzureißen und sich all

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