Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefährliche Freiheit

Gefährliche Freiheit

Titel: Gefährliche Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
Vom Netzwerk:
versucht, den Jungen zu retten. Hör auf, dich zu verstecken, Luke. Du bist es wert. Du bist es wirklich wert. …
    Luke kam zu dem Schluss, dass es doch die Höhle vom Vortag sein musste, weil Jens Stimme auch hier herumspukte.
    Steh auf und mach, dass du hier rauskommst. Hör auf, dich zu verstecken.
    »Schon gut, schon gut«, murmelte Luke.
    Er reckte sich und stand auf, vergaß dabei allerdings, wie niedrig die Höhlendecke war. Sein Kopf schlug gegen den harten Felsen.
    »Au! Oooh – herzlichen Dank, Jen. Hast du noch mehr tolle Ratschläge auf Lager?«
    Er rieb sich den schmerzenden Schädel und arbeitete sich halb kriechend, halb rutschend zum Ausgang vor. Dort blieb er sitzen und spähte in den stumm harrenden Wald. Er musste etwas essen – und sei es nur, um klar denken zu können. Vielleicht würde er dann auch aufhören, sich einzubilden, dass er mit Geistern reden konnte. Vermutlich war Chiutza der nächste Ort, in dem es etwas zu essen gab, doch beim bloßen Gedanken daran, diese Richtung einzuschlagen, wurden ihm die Knie weich und das Herz zitterte ihm in der Brust.
    Ich muss nicht dorthin, redete er sich zu. Vielleicht gehe ich einfach … zurück.
    Er wusste nicht genau, was er mit »zurück« meinte. In seinem Kopf wirbelten viele Bilder durcheinander. Er sah sich in seinem Elternhaus, wo seine Mutter die Arme um ihn schlang und ihr Gesicht vor Wiedersehensfreude glühte. Er sah sich in seine alte Schule zurückkehren; sein alter Direktor, Mr Hendricks, rollte mit dem Rollstuhl vor die Tür und rief: »Oh, Luke, wie schön, dass du in Sicherheit bist.« Er sah sich zurück im Stall, bei seinem Lieblingspferd Jenny, das wieherte und unentwegt den Kopf an seinem Arm rieb. Alle diese Orte – sein Zuhause, die Hendricks-Schule und das Hauptquartier der Bevölkerungspolizei – lagen im Osten. Am gestrigen Morgen hatte er die ganze Fahrt über die Sonne im Rücken gehabt. Wenn er jetzt also der Sonne entgegenging, würde er sicherlich irgendwann irgendwohin gelangen, wo er hin wollte. Das stimmte doch, oder?
    Luke kletterte aus der Höhle und machte sich auf den Weg.
    Seine Beine waren schwach und seine Kehle wie ausgetrocknet, doch die kühle Luft und die Bewegung ließen ihn ein wenig klarer denken. Wenn der andere Junge gestern Abend Recht gehabt hatte, wenn die Bevölkerungspolizei wirklich entmachtet worden war, dann hatte Luke allen Grund zu jubeln. Vielleicht begegnete ihm sogar jemand, der ihm half, nach Hause zu kommen, sobald er Chiutza hinter sich gelassen hatte. Er würde weder ins Hauptquartier noch ins Internat zurückmüssen – er könnte mit seiner eigenen Familie ein ganz normales Leben führen.
    Und wenn der Junge sich irrte? Wenn er gelogen hatte?
    Auch damit würde er fertig werden, glaubte Luke. Auf die eine oder andere Weise war die Bevölkerungspolizei schon sein ganzes Leben lang an der Macht gewesen. Und er hatte überlebt. Wenn er jetzt von Bevölkerungspolizisten aufgehalten wurde, konnte er … dann konnte er sich der Geschichte des anderen Jungen bedienen, genau wie dieser versucht hatte, sich Lukes Geschichte zunutze zu machen.
    Ich war unterwegs mit dem Auftrag, in Chiutza neue Ausweise zu verteilen. Die Dorfbewohner haben den leitenden Offizier angegriffen und der Fahrer ist geflüchtet. Ich bin nicht desertiert, ich wurde zurückgelassen.
    Luke wollte lieber nicht darüber nachdenken, wie wenig die Verstellung dem anderen Jungen genutzt hatte. Oder darüber, ob der andere am Ende doch ums Leben gekommen war.
    Er war noch nicht lange gelaufen, als er an einen Bach mit frischem, klarem Wasser kam. Er beugte sich vor, schöpfte mit den Händen und trank in langen Zügen. Als er aufstand, sah er, dass der Bach aus dem Wald hinausführte und auf ein weites, offenes Feld zufloss – einen weiteren Acker. Am Rand des Feldes stand eine Reihe abgeknickter Pflanzen; Sojabohnen, wie Luke erkannte. Aus irgendeinem Grund waren sie der Ernte entgangen. Winterstürme, Schnee und Eis hatten ihnen arg zugesetzt, aber Luke sah, dass an den dünnen, gebogenen Stängeln noch immer samengefüllte Hülsen hingen. Er lief hinüber, riss eine Hülse nach der anderen ab, drückte sie auf und ließ sich die verschrumpelten Bohnen in den Mund rieseln. Es war nicht gerade ein Festmahl, aber Luke war unendlich froh, etwas zum Kauen und Schlucken zu haben. Er war so sehr damit beschäftigt zu essen, dass er erst nach einer ganzen Weile daran dachte sich umzusehen und vorsichtig zu sein.
    In diesem

Weitere Kostenlose Bücher