Gefaehrliche Maskerade einer Lady
verwandelt worden. Üppige Arrangements aus wilden Narzissen, Glockenblumen und Hyazinthen standen neben Treibhausorchideen, Weidenkätzchen und langstieligen Schwertlilien. Die ganze Kapelle duftete nach Blumen und nach Bienenwachs, mit dem Bedienstete die alten Eichenbänke auf Hochglanz poliert hatten. Die Buntglasfenster funkelten in der Morgensonne und strahlte mit dem Gold und mit dem Silber der Kapelle um die Wette.
Ayisha betrachtete sich im hohen Spiegel ihres Schlafgemachs und atmete tief durch. „Ich wünschte, du könntest mich jetzt sehen, Mama“, flüsterte sie. „Und ich wünsche mir, dass deine Hochzeit ebenso schön war, wie meine es werden wird.“
Sie trug ein reich besticktes Hochzeitskleid aus schimmernder weißer Seide mit einem schwingenden Glockenrock. Das enge Mieder war mit unzähligen winzigen Perlen besetzt und war schlicht, aber sehr elegant.
Der kostbare Schleier aus spanischer Spitze, den Lucy ihr geborgt hatte, wurde von einem perlenbesetzten Stirnband gehalten, und um den Hals trug Ayisha die lange Perlenkette ihrer Großmutter. Ihre zierlichen Füße steckten in schmalen weißen Seidenstiefeletten.
Ayisha liebte diese Schuhe mit den leicht erhöhten Absätzen, die ihre Füße wärmten. Da der Fußweg zur Kirche fünf Minuten dauerte, musste sie bei dem kühlen englischen Wetter nicht befürchten, bei ihrer eigenen Hochzeit kalte Füße zu bekommen.
Sie würde auch sonst nicht frieren müssen. Rafe hatte ihr einen grünen Samtumhang geschenkt, der mit weißer Seide gefüttert und mit weißem Pelz verbrämt war, den sie tragen wollte, sobald es kälter wurde.
Sie warf einen Blick zum Bett hinüber, auf dem Leilas Geschenk lag, und lächelte. „Für deine Hochzeitsnacht“, hatte Laila ihr beim Abschied gesagt. Ayisha hatte ihre Neugier gezähmt und das Paket erst heute Morgen geöffnet. Darin befand sich das anzüglichste Haremskostüm, das sie sich nur vorstellen konnte. Neben hauchdünnen seidenen Pluderhosen lag ein knappes, mit bunten Pailletten besticktes Mieder und ein durchsichtiger Schleier. Laila hatte ein Fußkettchen mit klimpernden Glöckchen und ein Paar fein ziselierte Fingerzimbeln dazugelegt.
Mit diesem verführerischen orientalischen Kostüm würde sie ihren Mann in den Wahnsinn treiben.
Ayisha konnte es kaum erwarten.
„ Sind wir so weit ? “ George, Earl of Axebridge, betrat das Zimmer und musterte die Braut von Kopf bis Fuß. „Du siehst wunderschön aus, Ayisha. Mein Bruder ist ein echter Glückspilz.“ Er wandte sich an seine Gemahlin. „Und du, meine liebe Lucy, siehst in deinem blauen Kleid so hübsch aus wie am Tag unserer Hochzeit.“
„Ach, welch ein Unsinn“, wehrte Lucy ab, aber ihr Gesicht leuchtete vor Freude.
Sie war im Grunde keine hübsche Frau, dachte Ayisha, aber ihr Gesicht strahlte so voller Liebe, dass es einen verzauberte.
George und Lucy nahmen Ayisha in die Mitte und gingen Arm in Arm mit ihr zur Kirche.
Vor dem Portal hatte sich eine kleine Menschenmenge versammelt. Es waren vorwiegend Dorfbewohner, die sich das Schauspiel nicht entgehen lassen wollten und auch wegen der Münzen gekommen waren, die der Bräutigam nach der Trauung unters Volk werfen würde. In der Menge erkannte Ayisha drei Gesichter.
„Mrs Ferris, Mrs Wiggs, Mrs Grenville“, rief sie erfreut. „Wie?“, sie stockte überrascht.
„Wir waren zufällig in der Gegend und haben die Anzeige in der Zeitung gesehen. Da dachten wir, wir sehen uns Ihre Hochzeit an“, sagte Mrs Ferris. „Ich hoffe, es stört Sie nicht.“
„Mich stören? Keineswegs. Ich freue mich, ein paar bekannte Gesichter zu sehen. Bitte kommen Sie doch in die Kirche.“
„Oh nein, nein, wir wollen uns nicht aufdrängen“, wehrte Mrs Grenville bescheiden ab. „Es ist eine so große Hochzeit!“ „Bitte kommen Sie“, sagte Ayisha. „Sie können auf der Seite der Braut Platz nehmen, dort ist noch genügend Platz. Ich habe ja nur meine Großmutter.“
Die drei Damen tauschten Blicke. „Nun ja, wenn Sie meinen.“ Und sie eilten hurtig voraus in die Kirche.
Ayisha straffte die Schultern, legte die Hand in Georges Armbeuge und trat an seiner Seite durch das Portal. Dort blieb sie erschrocken stehen.
Sie hatte eine halb leere Kirche erwartet, die Bänke auf der Brautseite unbesetzt, bis auf ihre Großmutter in der ersten Bank und die drei Damen irgendwo dahinter. Stattdessen waren die Bänke auf der Seite der Braut beinahe ebenso gefüllt wie die auf der Seite des
Weitere Kostenlose Bücher