Gefaehrliche Verlockung (Gesamtausgabe)
biegt ...
8
„Los, erzähl!“ Gütiger Himmel! Ich stöhne auf, als Sylvia mich schon in der aufgerissenen Tür begrüßt. Wahrscheinlich hing sie den ganzen Abend am Fenster, um nur ja nicht zu verpassen, wann ich von meinem Date mit Jason nach Hause komme.
Ungeduldig schiebt sie mich durch unseren schmalen Flur in die Küche – es gibt kein Wohnzimmer in der Zweizimmerwohnung – und zwingt mich, auf einem unserer vier Plastikstühle Platz zu nehmen.
Dann setzt sie sich mir gegenüber, stützt das Kinn in die Hände und blitzt mich neugierig mit funkelnden Augen an.
„Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen! Was ist passiert? Was wollte er von dir? Wie lebt er überhaupt? Schönes Haus, schickes Penthouse? Mayfair? Kensington?“
Müde hebe ich beide Hände, um ihren Fragenschwall zu unterbinden, und hänge meine Handtasche über die Stuhllehne. Dann schlüpfe ich aus den Pumps – Gottseidank – und strecke die bestrumpften Füße aus.
„Nun lass mich doch erst mal ankommen“, knurre ich missmutig, während ich fieberhaft überlege, was von dem Erlebten ich ihr überhaupt mitteilen kann ... oder will.
„Du hast Sex gehabt, Emma. Ich sehe es dir an der Nasenspitze an, dass du Sex gehabt hast!“
Sylvia rutscht nervös auf ihrem Stuhl herum und tastet mit einer Hand nach ihrem Glas, in dem ich Weißwein vermute. Ich bin schneller und schnappe es ihr weg, dann trinke ich hastig einen großen Schluck. Zum Glück hatte ich Recht, es ist nicht einmal der säuerliche Pinot grigio, den sie sonst immer trinkt. Ihre italienischen Wurzeln lebt meine beste Freundin und Mitbewohnerin vor allem kulinarisch aus – Pizza, Pasta, Wein und Prosecco, den sie sich von ihrer Cousine aus Italien schicken lässt. Dieser hier ist sehr viel besser als das, was sie üblicherweise trinkt.
„Ich hatte keinen Sex, danke der Nachfrage. Wir haben nur ... geredet.“ Und uns geküsst. Und er hat mich geleckt, auf seinem Sofa, nachdem wir einen privaten Porno angeschaut haben. Sex ... für’n Arsch . Ich werde ihr besser keine Details erzählen, sonst laufe ich Gefahr, dass sie sich jahrelang über mich lustig macht.
„Er lebt übrigens in Hampstead Heath.“
Sylvias Mund klappt auf und sie starrt mich fassungslos an.
„Das glaube ich dir nicht!“
„Ist aber wahr“, erwidere ich achselzuckend und suche mit den Augen die kleine, uralte Einbauküche (in dezentem 70er-Jahre-Orange) nach der Weinflasche ab, um nachzuschenken. Sylvia erkennt meinen Blick und steht grinsend auf.
„Im Kühlschrank, den muss man gut gekühlt trinken.“
Triumphierend schwenkt sie die Flasche und hält mir das Etikett hin.
„Pavillon blanc du Château Margaux, 2007“ lese ich.
„Das klingt aber nicht italienisch?“
Skeptisch ziehe ich eine Augenbraue hoch, während Sylvia das stillose Senfglas mit dem fruchtig duftenden Wein füllt, bevor sie sich ein eigenes Glas aus dem Schrank holt.
„Der stand als Geschenk verpackt vor unserer Tür. Offenbar von einem Verehrer.“
Der Wein bleibt mir im Halse stecken, so fruchtig er auch ist.
„War da keine Karte dran?“
„Nö. Ist doch auch egal.“ Sylvia hebt schnippisch die Schultern und macht schlürfende Geräusche beim Trinken. Angeblich gehört sich das so, wenn man Wein verkostet, aber was weiß ich davon.
„Und du hast keine Idee, von wem ...?“
„Wahrscheinlich von Marc, dem Typen aus dem Fitnessstudio, du weißt schon.“
Sie verdreht die Augen und wirft die dunkelbraune Mähne über ihre Schulter.
„Der, den du so unsanft abserviert hast? Ich glaube nicht, dass du von dem noch Geschenke erwarten kannst.“
Ich bin wirklich irritiert, denn der Wein sieht nicht nur teuer aus, sondern schmeckt auch so. Verflucht teuer, um genau zu sein. Nicht, dass ich Weinexpertin wäre, aber ich kann einen guten Wein schon von normalem Tafelwein unterscheiden.
Warum mir umgehend Jason in den Kopf kommt, weiß ich selbst nicht. Aber wieso sollte er mir eine Flasche Wein schenken, wenn er doch wusste, dass ich gar nicht zu Hause war? Hat er seinen blonden Fahrer oder einen Lieferdienst geschickt, um sie bei uns abzuliefern? Meine Hand fängt an zu zittern, sodass ich das Glas abstellen muss. Himmel, ich fühle mich wirklich langsam verfolgt.
„Was hast du denn? Ist doch egal, wer der edle Spender ist, das Zeug ist großartig. Einen guten Geschmack hat derjenige auf jeden Fall, und falls es wirklich Marc gewesen sein sollte, werde ich ihm noch mal eine Chance
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