Gefährliches Spiel
große Rasen und das übrige Gelände in der Dunkelheit verschwanden.
Das große schwarze Auto glitt vor die breiten Stufen, die zur Veranda hinaufführten. Der Fahrer stieg aus und öffnete ihr die Tür. Er hatte auf der Fahrt hierher kein Wort gesagt und sprach auch jetzt nicht. Er hielt einfach nur die Tür auf und blickte an ihr vorbei in die Ferne.
Mit jedem Schritt die große Treppe hinauf nahm das Gefühl der Bedrohung zu. Sie konnte ihren Herzschlag fühlen, langsam, hämmernd. Es war unendlich schwer, ihre Füße zu bewegen, denn sie schienen schwer wie Blei zu sein. Die Luft selbst fühlte sich tot an.
Die Versuchung, sich umzudrehen und nachzuschauen, ob Nick oder Di Stefano da waren, war extrem verführerisch. Sie würde sich so viel besser fühlen, in das dunkle, bedrohliche Haus zu gehen, wenn sie wüsste, dass zwei Bundesagenten in der Nähe waren, einer davon Nick. Was auch immer mit ihnen passieren würde, wenn das hier vorbei war, so zweifelte Charity doch keine Sekunde daran, dass Nick sie mit allem, was er hatte, beschützen würde.
Außerdem stand ein SWAT-Team irgendwo versteckt bereit. Sie mussten gut in ihrem Job sein, denn Charity hatte nicht das Gefühl, dass da draußen jemand war, der auf sie aufpasste. Als sie die Stufen emporstieg, ihre Handflächen nass vor Schweiß, fühlte sie sich allein und klein und schutzlos.
Bevor sie die Klingel drücken konnte, öffnete sich die große Haustür. Dahinter lag fast vollkommene Dunkelheit, ganz anders als all die anderen Male, als sie durch diese Tür getreten war, wenn alles durch den riesigen Kronleuchter im Foyer taghell erleuchtet war. Heute war er ausgeschaltet. Das einzige Licht kam von einigen Lampen aus dem großen Wohnzimmer am anderen Ende des Foyers, wo sie und Wassily Stunden mit Gesprächen verbracht hatten. Ihr Herz zog sich bei dem Gedanken schmerzhaft zusammen.
Sie wandte sich automatisch in Richtung des Wohnzimmers, als der Bedienstete, der ihr die Tür geöffnet hatte, sie kurz am Arm berührte.
„Hier entlang, Ma’am“, sagte er und zeigte auf die Tür zum Arbeitszimmer.
Charity runzelte die Stirn. Sie war noch nie in Wassilys Arbeitszimmer gewesen. Warum wollte er sie jetzt dort empfangen? Sie ging langsam und mit klopfendem Herzen auf die Tür zu. Das Mikrofon hing wie ein Hundert-Pfund-Gewicht zwischen ihren Brüsten, und sie war sich sicher, dass die Mikrokamera wie eine Signalleuchte sichtbar war.
Der Angestellte öffnete die Tür, und Charity ging langsam hinein. Sie fühlte sich, als wäre sie auf dem Weg zur Guillotine, und wünschte, sie hätte ihren schwarzen Rollkragenpullover angezogen. Denn sie war sich ziemlich sicher, dass ihr hämmernder Puls an ihrem Hals zu sehen sein würde.
Im Raum herrschte vollkommene Stille. Fünf Männer wandten ihr die Gesichter zu. Ihre Stiefelabsätze klangen laut in der Stille des Raums.
Wassilys Arbeitszimmer war viel größer, als sie es sich vorgestellt hatte, fast so groß wie ein Ballsaal. Es spiegelte Wassily in jeder Hinsicht wider, denn die Wände waren von oben bis unten mit Büchern gefüllt, und wie sie ihn kannte, hatte er sie vermutlich alle gelesen. Wie immer loderte ein Feuer im Kamin, der sogar größer als der im Wohnzimmer war. Der riesige Raum war luxuriöser als alles, was Charity je gesehen hatte, mit kostbaren persischen Teppichen auf dem gefliesten Boden, einem enormen, auf Hochglanz polierten Mahagonischreibtisch und großen Stücken antiken Mobiliars, die man in dem Dämmerlicht kaum erkennen konnte. Kristall und Messing und Seide.
Das ganze Licht konzentrierte sich um den Schreibtisch. Und auf dem Schreibtisch lag ein offener Koffer. Sie brauchte eine Sekunde, um zu verstehen, was in dem Koffer war. Es schien so unglaublich.
Geld. In dem Koffer war Geld, Bündel über Bündel, eng zusammengepackt, überfließend. Es mussten mehrere Millionen Dollar sein. Mehr Geld, als sie sich je an einem einzigen Ort hätte vorstellen können.
Überrascht flog ihr Blick zu Wassily. Er sah sie konzentriert an, wieder mit diesem brennenden Licht in seinen Augen. Charity hatte keine Ahnung, wie sie reagieren sollte. Ganz offensichtlich wollte Wassily, dass sie all das Geld sah. Aber warum?
Es war gefährlich für sie und für ihn.
Falls sie noch den kleinsten Zweifel gehabt hatte, dass Wassily ein Verbrecher war, zerstörte der Koffer diesen Zweifel. Niemand außer einem Verbrecher könnte jemals Bedarf an so viel Bargeld haben.
Wassily sah sie fiebrig,
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