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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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Herbst 1982
    West Wangallon Farm
    Im Nordwesten von New South Wales
    Sarah stand still in der Küche, während ihre Mutter die glühend heißen Scones aus dem Backofen holte, sie in ein Küchenhandtuch einschlug und neben dem Spülbecken abkühlen ließ.
    » Marmelade.«
    Gehorsam ging Sarah in die große Speisekammer, wo neben den Paketen mit Trockenfrüchten und glacierten Kirschen die Blechdose mit der Erdbeermarmelade stand. Ihre Mutter war heute früh besonders wortkarg. Sie hatte sich kaum über die lärmenden Kakadus im nach Zitrone duftenden Eukalyptus vor dem Küchenfenster beklagt, obwohl sie gerade dabei waren, alle Blätter vom Baum zu fegen. Sarah machte sich im Geiste eine Notiz, das Chaos vor der Dunkelheit noch zu beseitigen, bevor ihre Mutter fragte, warum sie diese Pflicht noch nicht erledigt hätte. In der Kramschublade, die alles von Schneebesen bis hin zu Schraubenziehern enthielt, lag auch der Dosenöffner. Innerhalb weniger Sekunden hatte Sarah die Marmelade in eine kleine Porzellanschale umgefüllt und stellte sie mitten auf den Tisch mit der hellgrünen Resopalplatte.
    » Sahne.«
    » Mensch, Mum…«
    » Ja?«
    Sarah hatte eigentlich sagen wollen, dass sie sich über ein gelegentliches Bitte freuen würde, aber als sie die tiefen Falten auf der Stirn ihrer Mutter sah, besann sie sich eines Besseren. » Die Scones riechen köstlich«, beendete sie ihren Satz und nahm die frisch geschlagene Sahne aus dem Kühlschrank. In diesem Moment schwang das hintere Tor mit lautem Klirren auf. Sarah entspannte sich, als sie ihren Vater und ihren Bruder den Weg heraufkommen hörte. Bevor sie die Küche betraten, zogen sie ihre Reitstiefel aus und wuschen sich die Hände. Es roch scharf nach Schafmist und nach der lanolinreichen Wolle. Die Männer hatten seit dem Morgengrauen die Böcke klassifiziert, um zu entscheiden, welche zur Zucht nach Wangallons strengen Wollstandards geeignet waren und welche verkauft werden sollten.
    » Warte zuerst auf die Männer, Sarah.«
    Sarah war ans Warten gewöhnt. Warten darauf, den Tisch zu decken, warten, bis das Wasser kochte, warten, bis ihr Vater seine Arbeitsstiefel ausgezogen und seine Hände gewaschen hatte, warten, bis er anfing zu essen. Selbst Cameron, der nur ein paar Jahre älter war als sie, aß vor ihr. So lange Sarah zurückdenken konnte, hatte ihre Mutter darauf geachtet, dass sie bei jeder Mahlzeit als Letzte begann. Auf ihr Zeichen hin, einen flüchtigen Blick in die Richtung ihrer Tochter, setzte Sarah sich schließlich an den Tisch. Und selbst heute noch, mit sechzehn, kam sie gegen diese Gewohnheit nicht an.
    » Scones, hey, Mum, das esse ich am liebsten.« Cameron strahlte. Er gab Marmelade und Sahne auf ein dampfendes Brötchen und stopfte es sich ganz in den Mund. Sue lächelte und wuschelte ihm durch die Haare. Dann schenkte sie ihm Tee ein. Sie stellte die blaue Teekanne direkt vor Ronald, der sich seufzend selbst bediente.
    » Das weiß ich doch, Liebling.«
    » Isst du nichts, Sarah?«
    » Doch, natürlich, Dad.« Sarah lächelte verstohlen und schenkte sich Tee ein. Nach dem Essen durfte sie mit den Männern nach draußen gehen. Sie hatte zwar nichts dagegen, im Haus zu sein, aber Kochen interessierte sie eigentlich nicht. Für ein Kind war es in Ordnung, denn Gebäck, Kuchen und Süßspeisen waren Sues Spezialität. Die anderen Gerichte waren weniger verlockend, und für gewöhnlich gab es mindestens dreimal in der Woche Eintopf. Alles, was keine Trockenfrüchte, Schokolade oder Mehl erforderte, verkochte sie zu Brei.
    Sarah nahm sich noch ein Scone und wartete auf die übliche Bemerkung ihrer Mutter.
    » Lass lieber den Männern noch welche übrig, Sarah. Sie brauchen sie mehr als du.«
    Sarah lächelte ihren Bruder an, der sich gerade ein weiteres Scone in den Mund stopfte und ihr zuzwinkerte.
    » Soll ich dir noch welche einpacken, Cameron?«
    » Nein.« Er lehnte sich bequem auf seinem Stuhl zurück und klopfte sich den Bauch. » Danke, Schwester. Ich glaube, ich habe genug.«
    » Wir treiben die Schafe von der Straßenweide auf die große gerodete Fläche. Danach habt ihr beiden den Nachmittag frei«, sagte Ronald zwischen zwei Schlucken schwarzem Tee.
    Sarah strahlte. Sie konnte es kaum erwarten, in den Busch zu kommen.
    » Ich muss heute Nachmittag zu eurem Großvater«, fuhr Ronald fort. » Er hat mir gerade mitgeteilt, dass ein neuer Cowboy nach Wangallon kommt.«
    » Wann?«, fragten Sarah und Cameron wie aus einem Mund und

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