Geflüster auf Burg Schreckenstein
jubelte Kuno.
„Dann los! Es eilt“, drängte Mini Eberhard und sprang an dem nächststehenden Schrank hoch, auf dem ein großer Pappkarton lag.
Mit gefalteten Händen machte Klein-Kuno die Leiter. Udo stieg ihm mit einem Fuß auf den Kopf und stieß sich ab.
„Aua, Mann! Meine Dauerwelle…“
Oben kroch der Mini in die Ecke, und als Eberhard mittels der Kunoleiter die Pappschachtel hinaufhievte, war von dem Lauscher nichts mehr zu sehen.
„Vorsicht!“ zischte Kuno.
Im Westflügel waren Armin und Ralph aus ihrem Zimmer gekommen und bewegten sich auf sie zu.
An die Telefonzelle gelehnt, grinste ihnen Mini Eberhard entgegen. „Falls ihr telefonieren wollt – es läuft grade ein Hühnergespräch.“
Armin schaute durch die Glasscheibe hinein. „Wo ist denn der Gockel?“
„Schon im Anmarsch.“
Ohne ein weiteres Wort gingen die beiden vorbei, die kleine Treppe hinauf.
Da erschienen, aus dem Südflügel kommend, Strehlau , Beni und Oskar mit seiner Gitarre. Auch sie gingen die kleine Treppe hinauf.
„Ein Verkehr ist das!“ murmelte Mini Kuno.
Der kleine Eberhard wußte den Grund. „Ralph zeigt im Eßsaal seine neuesten Dias.“
Da kam Stephan im Laufschritt, daß Mini Herbert Mühe hatte, ihm zu folgen.
Mißtrauisch schaute der große Ritter. „Was tut ihr denn hier?“
„Kundendienst“, antwortete der kleine Eberhard. „Wir halten die Leitung frei, bis du kommst.“ Lässig schlenderten sie zurück in die Fensternische.
Trotz der Schallisolierung konnte Udo in seinem Versteck jedes Wort verstehen.
„Natürlich nur, was Stephan gesagt hat“, berichtete er später seinen Freunden. „Leider hat er sich sehr kurz gefaßt, der schlaue Fuchs. Als ob er uns nicht traut…“
„Und? Was hat er gesagt?“ drängten die andern.
„Also zuerst hat er Stephan gesagt, dann Anke, dann Amanda, dann Wampoldsreute , dann gute Idee, dann einverstanden und zuletzt schön, daß du angerufen hast! Schlaf gut!“
„Hm“, brummte Herbert. „Schwer zu entschlüsseln. Sehr sparsames Liebesgeflüster…“
Sie überlegten. Eberhard kombinierte am schnellsten.
„Jedenfalls ist es nicht heut’ nacht . Sonst hätt ’ er nicht schlaf gut gesagt.“
„Vielleicht sollte das ein Witz sein?“ mutmaßte Mini Kuno.
„Nicht bei dem Tonfall!“ widersprach der Lauscher. „Das war Süßholz pur.“
„Also“, der kleine Eberhard begann an den Fingern aufzuzählen, „er sagt seinen Namen. Dann freut er sich, daß es Anke ist. Sie sagt ihm irgendwas über Amanda. Wahrscheinlich macht die auch mit…, irgendwas in Wampoldsreute … Vielleicht der Campingplatz? Stephan findet das schlichtweg eternit und will auch mitmachen. Sicher nicht als einziger von hier.“
„Klingt schon verständlicher.“ Auch der kleine Herbert wurde kreativ. „Schön, daß du angerufen hast könnte soviel bedeuten wie: Danke für die Nachricht. Oder für den Tip …“
„Fragt sich nur, für welchen“, meinte Mini Kuno. „Davon hängen alle weiteren Schritte ab.“
„Eins steht fest“, schloß der kleine Eberhard, „wenn die jetzt zusammen einen Streich machen, ist das gegen die Gemeinschaft, und wir werden ihn vereiteln.“
Trutzig sahen sie einander an, wie bei einem Schwur.
Kapuzinergeflüster
Wie in allen Schulen, in denen Lernende und Lehrende zwei Lager bilden, gibt es auch auf Schloß Rosenfels viel zu tuscheln und zu kichern. Der Spaß liegt hier eindeutig bei den Schülern. Was sie sagen, was sie tun, geschieht hinter dem Rücken der Lehrer – mit wenigen Ausnahmen. Je weiter sie dabei gehen, desto größer die Spannung. Wer petzt oder sich sonst irgendwie bei der Gegenseite lieb Kind macht, stellt sich außerhalb der Gemeinschaft. Die ist im Grunde ziemlich oberflächlich. Sie beruht vor allem auf der Opposition gegen die Erwachsenen. Ansonsten zerfällt sie in Cliquen und Gruppen, die sich gegenseitig mehr oder weniger trauen.
Ganz anders auf Schreckenstein. Hier gehören die Lehrer mit zur Gemeinschaft. Sie werden nicht belogen, nicht hintergangen. Diese Offenheit erleichtert das Zusammenleben, ohne daß dabei der Spaß zu kurz kommt. Die Burggemeinschaft lebt nach Regeln, die sie sich selbst gegeben hat. Dazu gehören auch die Streiche, bei denen niemand ge-schädigt und nichts be-schädigt werden darf, und – was oft sehr schwierig ist – ein echter Schreckensteiner Streich soll lustig sein. Keinesfalls hämisch oder aus Rache. Der oder die Betroffenen müssen darüber lachen können, selbst
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