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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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normalerweise mit dem Namen an, es sei denn, sie sprachen vor Dritten oder in Gegenwart von Berufsanfängern.
    Delorme stand zwischen ihrem Auto und der Schneewehe. Sie trat beiseite, so dass Cardinal das Garagentor erreichen konnte.
    »Ich habe den Eindruck, dass Dyson Sie wieder ins Dezernat zurückholen möchte.«
    »Das ist mir gleich. Würden Sie jetzt wohl rausfahren, damit ich mit meinem Wagen in die Garage kann? Ich meine, wenn Dyson nichts dagegen hat. Warum hat er übrigens gerade Sie hierher geschickt? Seit wann arbeiten Sie im Morddezernat?«
    »Sie haben doch bestimmt gehört, dass ich nicht mehr bei der Abteilung für Sonderermittlungen arbeite?«
    »Nein, ich habe nur gehört, dass Sie dort aussteigen wollten.«
    »Jetzt ist es amtlich. Dyson sagte, Sie würden mir beim Einarbeiten helfen.«
    »Nein, danke, kein Interesse. Wer ermittelt jetzt bei polizeiinternen Delikten?«
    »Mein Nachfolger ist noch nicht da. Ein Mann aus Toronto.«
    »Schön«, sagte Cardinal. »Tut nichts zur Sache. Werden Sie sich ohne mich verirren? Es ist kalt, ich bin müde, und ich würde gerne was zu Abend essen.«
    »Wie es heißt, soll es sich um Katie Pine handeln.« WährendDelorme diese Vermutung äußerte, beobachtete sie genau Cardinals Miene. Ihren ernsten Augen entging nichts.
    Cardinal vermied ihren Blick und starrte in die Dunkelheit, hinter der sich der Trout Lake verbarg. In der Ferne huschte das Scheinwerferpaar eines Schneemobils vorüber. Katie Pine. Dreizehn Jahre alt. Seit dem 12. September vermisst; das Datum würde er nie vergessen. Katie Pine aus dem Chippewa-Indianerreservat, eine gute Schülerin, Mathe-As, ein Mädchen, das er nie gesehen hatte, und doch wünschte er sich mehr als alles andere, es endlich zu finden.
    Im Haus klingelte das Telefon. Delorme sah auf ihre Armbanduhr. »Das ist Dyson. Er hat mir nur eine Stunde gegeben.«
    Cardinal ging hinein, ohne Delorme hereinzubitten. Beim vierten Klingeln nahm er den Hörer ab und hatte sofort Detective Sergeant Don Dysons quakende Stimme im Ohr. Sein Vorgesetzter sprudelte, als wären sie mitten in einer Diskussion unterbrochen worden und hätten erst jetzt, drei Monate später, Gelegenheit gefunden, ihren Disput fortzusetzen. In gewisser Hinsicht stimmte das sogar.
    »Wir wollen keine Zeit mit dem Aufwärmen alter Geschichten verlieren«, begann Dyson. »Sie verlangen eine Entschuldigung, ich entschuldige mich. Bitte sehr. Erledigt. Auf den Manitou Islands ist eine Leiche gefunden worden, und McLeod ist bei Gericht unabkömmlich. Er steckt bis über beide Ohren im Fall Corriveau. Also ist die Leiche ab jetzt Ihr Fall.«
    Cardinal spürte, wie die alte Wut in ihm wieder hochkochte. Ich mag ja ein schlechter Polizist sein, sagte er sich, aber nicht so, wie Dyson sich das denkt. »Im Morddezernat haben Sie mich geschasst, erinnern Sie sich? Ich sollte nur noch für Eigentumsdelikte zuständig sein.«
    »Ich habe Ihre Zuständigkeit geändert, so etwas macht ein Detective Sergeant nun mal. Alte Geschichten, Cardinal. Schnee von gestern. Wir reden darüber, wenn Sie sich die Leiche angesehen haben.«
    »›Das ist eine Ausreißerin‹, haben Sie gesagt. ›Katie Pine ist kein Mordfall, das Mädchen ist von zu Hause weggelaufen.‹ Ich höre es noch wie heute.«
    »Cardinal, Sie arbeiten wieder im Morddezernat, klar? Sie übernehmen die Ermittlungen, das ist jetzt ganz allein Ihre Show. Allerdings könnte sich herausstellen, dass es sich nicht um Katie Pine handelt. Aber selbst Sie Ermittler von der oberkorrekten Sorte werden sich doch sicherlich hüten, eine Leiche, die Sie noch nicht gesehen haben, vorschnell zu identifizieren. Wenn Sie unbedingt ›Hab-ich-es-Ihnen-nicht gesagt?‹ spielen wollen, dann kommen Sie morgen um acht in mein Büro. Das Beste an meinem Posten ist nämlich, dass ich nachts nicht rausmuss, und solche Anrufe kommen immer nachts.«
    »Das ist von jetzt an mein Fall, meine Show ganz allein – wenn ich es mache.«
    »Das ist nicht meine Entscheidung, Cardinal, und das wissen Sie. Lake Nipissing fällt in die Zuständigkeit unserer sehr geschätzten Brüder und Schwestern von der Ontario Provincial Police. Aber selbst wenn es die Sache der OPP wird, werden die nicht auf unsere Mitarbeit verzichten wollen. Ganz gleich, ob es Katie Pine oder Billy LaBelle ist, beide wurden in dieser Stadt – unserer Stadt – entführt, mal vorausgesetzt, sie wurden beide entführt. So oder so ist es unser Fall. Und da sagt der, ›wenn ich es

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