Zärtlich berührt, sinnlich verführt (German Edition)
1. Kapitel
Mit einem flauen Gefühl im Magen fuhr Gabriel Brant die holperige Schotterstraße entlang. Fast hätte er es sich anders überlegt und kehrt gemacht, aber dann sah er nach der nächsten Kurve das Anwesen: ein geräumiges Wohnhaus, zwei lang gestreckte Stallgebäude, die Koppel, das Gästehaus, das Haus für die Rancharbeiter und ein paar Schuppen. Bei diesem Anblick verschwanden all seine Bedenken.
Rechts erstreckte sich eine eingezäunte Weide, auf der erstklassige Zuchtpferde grasten. Auch das Weideland war erstklassig, und Gabes Herz schlug höher, wenn er nur daran dachte, dass all dieses Land bald ihm gehören könnte. Sein Vater allerdings wäre von seinem Vorhaben alles andere als angetan gewesen. Und nicht nur sein Vater, auch sein Großvater, Urgroßvater und Ururgroßvater. Er selbst war auch nicht hundertprozentig begeistert. Die Ryders und die Brants lagen schon seit Generationen im Streit, seit die beiden Familien sich in Texas niedergelassen hatten.
Aber bestimmt würden seine noch lebenden Verwandten Verständnis aufbringen, wenn sie erst einmal begriffen, wie sehr er davon profitierte, oder?
Wenn er nur daran dachte, was er dabei gewinnen konnte – unendlich viel mehr Land, mehr Wasserstellen fürs Vieh und eine Mutter für seinen Sohn – dann war er sich ganz sicher, dass er im Begriff war, das Richtige zu tun. Er fuhr auf der schmalen Holzbrücke über den Cotton Creek. Wegen dieses Flusses hatten sich einst die Brants und die Ryders hier niedergelassen. Und wegen dieses Flusses war es niemals zum Frieden zwischen ihnen gekommen. Immer wieder hatte es Streitigkeiten gegeben – wegen der Grenzlinie des Flusses, der immer wieder seinen Lauf änderte. Nachdenklich betrachtete Gabe das fast ausgetrocknete Flussbett, die Lebensader dieser zwei Ranches. Jetzt war er zwar nur ein paar Zentimeter breit, aber Gabe wusste nur zu gut, dass aus dem kümmerlichen Rinnsal schnell ein reißender Strom werden konnte.
Er fuhr direkt auf das Hauptgebäude zu. Eine Frau trat aus der Tür. Ihre lange pechschwarze Mähne glänzte in der Maisonne. Gabe konnte es nicht glauben. Er hatte Ashley Ryder seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen. Damals war sie ein dünnes, unscheinbares Mädchen mit Zahnspange gewesen. Von Zeit zu Zeit hatte er Neuigkeiten von ihr gehört – dass sie in Kalifornien studierte und später, dass sie in Chicago in einer Werbeagentur arbeitete. Aber vor drei Monaten war sie plötzlich nach Hause zurückgekehrt. Seitdem kursierten in der Gegend alle möglichen Gerüchte über sie.
Sie blieb direkt vor seinem Pick-up stehen, und er bremste ab. Gabe musterte sie. Ashley Ryder war ziemlich groß für eine Frau. Sie trug Bermudas aus abgeschnittenen Jeans und ein blaues T-Shirt, das sie übrigens sehr hübsch ausfüllte. Sein Blick fiel auf die Wölbung ihres Bauches, und da wusste er, dass die Gerüchte, die er gehört hatte, zutrafen. Ashley hatte sich seit ihrer Rückkehr auf die Ranch völlig zurückgezogen.
Gabe hatte nicht nur mit der Brantschen Tradition gebrochen, niemals freiwillig ein Wort mit einem Ryder zu wechseln, er hatte Ashley auch mit einem Trick dazu gebracht, in dieses Treffen einzuwilligen. Schuldbewusst stieg er aus und bot ihr die Hand. "Ashley, ich bin Gabe Brant."
Ashleys strahlend blaue Augen schleuderten wütende Blitze. Einen Augenblick lang vergaß Gabe die Streitigkeiten zwischen seiner und ihrer Familie, seinen Kummer über die schlimmen Schicksalsschläge, die er hatte einstecken müssen, seine Zukunftspläne, die Gerüchte über Ashley, einfach alles. Die ganze Welt verschwand, und er sah nur noch dieses strahlende Blau. Es war geradezu schockierend, zu welcher Schönheit Ashley herangewachsen war. In seiner Erinnerung war sie ein schlaksiges Mädchen mit Rattenschwänzen.
"Mr. Brant, verschwinden Sie von meiner Ranch", sagte sie, ohne sich mit irgendwelchen Höflichkeiten aufzuhalten. "Ich habe einen Termin mit einem Rechtsanwalt, einem gewissen Prentice Bolton. Oder haben Sie das etwa arrangiert, um sich auf unser Land schleichen zu können?"
"Ehrlich gesagt, ja."
"Der Blitz soll Sie treffen", zischte sie.
"Vielleicht hat er das ja", erwiderte Gabe. Er war selbst erschrocken darüber, wie stark er auf Ashley reagierte. Es war das erste Mal seit Ellas Tod, dass er ein weibliches Wesen überhaupt wahrnahm.
"Sie können gleich wieder einsteigen und losfahren."
"Hören Sie mich an, Ashley. Geben Sie mir nur zehn Minuten."
"Nein! Keine zehn
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