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Gegner des Systems

Gegner des Systems

Titel: Gegner des Systems Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Jon Watkins
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in deinem Zimmer essen, wenn du das Essen hochbringst. Ich nehme an, unser Haus hat schon eine ganze Weile leer gestanden. Ich habe keine Brotkrume darin gefunden, und ich bin am Verhungern.“
    „Es ist bestimmt anderthalb Tage her, seitdem du etwas gegessen hast“, sagte sie.
    „Daß du regelmäßige Mahlzeiten bekommen hast, möchte ich auch bezweifeln“, antwortete Welsh.
    Eve drehte ihren Kopf von ihm weg, und er sprach nicht mehr davon. Als er seinen Arm um sie legte, spürte er, daß sie ein wenig zitterte. Er drückte fester, als er vorgehabt hatte, auf den AB WÄRTS-Knopf, und er spürte, wie sie ihn erstaunt ansah. Er selbst war verblüfft darüber, wie wenig dazu nötig war, die glühende Asche seines Hasses in ein loderndes Feuer zu verwandeln. Er trug in sich weit mehr Gewalttätigkeit, als die meisten Leute, die ihn kannten, vermuten oder als er selbst zugeben wollte. Er dachte an die Schlächterei des letzten Tages zurück und fragte sich, ob Light nicht vielleicht damit recht hatte, daß keiner von ihnen in der Lage war, mit den Mächten umzugehen, die sie entdeckt hatten.
    Als der Fahrstuhl herabsank, kamen ihm die Toten sehr weit entfernt vor. Heute erstreckte sich der Raum wie ein schwarzer Salzsee, und die Riesen in den Beobachtungsstühlen sahen malerischer als Berge aus. Er fühlte sich, als sei er auf einer Straße von Leichen zu diesem Platz gekommen, aber das alles schien so weit weg, als hätte er es auf einem Planeten hinter sich gelassen, den er seit Tausenden von Jahren nicht gesehen hatte.
    Er nahm Eve bei der Hand, als sie aus dem Fahrstuhl heraus zu dem Schaltbrett neben dem roten Punkt gingen. Er drückte auf den weißen Knopf, und sie traten zusammen aus dem Feld des Strahls. Augenblicklich erreichten sie ihre normale Größe. Eve lächelte ihm zu. „Kurios, kurios.“
    Welsh lachte.
    Als sie auf die Fahrstuhlsäule zugingen, sah Welsh über seine Schulter nach oben. Er sah, wie das Sonnenlicht von den Dächern in das Innere des durchsichtigen Kuppeldachs reflektiert wurde. Es spielte wie Wasser auf den Verstrebungen. „Wonach schaust du?“
    „Es sind tatsächlich Spiegel.“ Nur ein schneller Sprung rettete ihn vor dem Tritt gegen sein Schienbein.

20
     
    Light holte sie im Erdgeschoß vom Fahrstuhl ab. Der Gemeinschaftsraum war nicht mehr voller Schläfer. Statt dessen gab es dort eine Anzahl von Leuten, die zwar noch immer auf dem Boden lagen, jetzt aber um große gemeinsame Schüsseln voller Essen versammelt waren, aus denen jeder sich nahm, was er wollte. Sie nahmen beide eine kleinere Schüssel und schlossen sich dem Kreis an, in dem schon Brendan, Stark und Dr. Sam versammelt waren. Sie wurden herzlich empfangen, besonders von Brendan, der eine besondere Schüssel von dreifacher Größe hatte, die sich mit verblüffender Regelmäßigkeit füllte und leerte. Brendan saß dort wie der Daibutsu im vollen Lotussitz mit einem ebenso glückseligen Lächeln auf den Lippen. Er schien sich wieder ganz erholt zu haben.
    „Du siehst gut aus“, sagte Welsh zu ihm.
    Dr. Sam schüttelte angewidert den Kopf. „Er hat gehört, daß Larry Chili macht, und da hat er sich ohne mein Wissen diminuiert, um die Heilung zu beschleunigen.“ Er hob die Hand, um Light zum Schweigen zu bringen. „Ich weiß, ich weiß; er ist nicht mein Patient. Er ist jetzt schon ein großer Junge. Er hat das Recht auf Selbstmord. Er hat sich nicht freiwillig meiner Behandlung unterworfen. Er wird sich aber trotzdem eines Tages umbringen, weil er sein eigener Arzt sein will.“
    Brendan lächelte nur hinter seiner vierten übergroßen Schüssel Chili hervor. Vor ihm standen fünf leere schwarze Flaschen aufgereiht. Er griff hinter sich und holte eine sechste. Dr. Sam sah in vorgetäuschter Empörung nach oben, reichte hinüber und trank einen Schluck von Brendans Guinness. Brendan kramte aus irgendeiner Tasche eine weitere Flasche hervor und bot sie dem Doktor an.
    „Nein, danke“, sagte Sam und stand auf, um zu gehen. „Den Schluck habe ich nur gebraucht, damit ich eine ruhige Hand bekomme.“
    „Operierst du jetzt?“ fragte Eve.
    „Nein, aber ein Arzt sollte immer eine ruhige Hand haben.“ Er lächelte und ging zu einem langen Spülbecken am Ende des Raums, um seine Schüssel abzuwaschen.
    Light wandte sich Welsh zu. „Könntest du dir vielleicht die Patienten im dritten Stockwerk ansehen, wenn du fertig bist?“
    „Du weißt ja, daß ich kein Arzt bin“, warnte ihn Welsh.
    „Das schon, aber du

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