Geheimauftrag Phantom
Tessins in den Wagen strömen. Airolo hieß der erste Ort hinter dem Tunnel. Die Autobahn führte hindurch und weiter, immer weiter und tiefer in die Landschaft der mächtigen, grauen Steine hinein. In den Wald, in die Hitze und auch hin zu den Flüssen, die zu Tal flössen und in die beiden großen Seen, den Lago Maggiore und den Lago Lugano, mündeten.
Airolo lag rasch hinter mir. Ich wollte zwar zeitig an meinem Ziel in Ascona eintreffen, dennoch spielte ich nicht den Raser. Auf der rechten Spur rollte ich im 100-Kilometer-Tempo dahin und hatte Zeit genug, die Landschaft zu genießen.
Den herrlichen Himmel mit seinem samtenen Blau, in das die Wolken wie hineingezeichnet wirkten. Steil reckten sich die Hänge dem Blau entgegen. Bewachsen mit dichten Laubbäumen, deren Grün hin und wieder durch kleine Dörfer unterbrochen war, die wie Nester an den Felsen klebten. Graue Häuser, Stein war auf Stein gelegt worden, in mühevoller Arbeit dem Berg abgerungen.
Kirchtürme lugten über den flachen Dächern hervor. Die Häuser besaßen kleine Fenster. Man wollte sich gegen die sengenden Strahlen der Sonne schützen.
Die Temperatur stieg. Im Süden des Tessins herrscht Mittelmeerklima, das stellte auch ich fest, als die warme Luft durch die offenen Fenster in meinen Leihwagen blies und mit den Haaren spielte. Mein nächstes Ftappenziel hieß Bellinzona, die Hauptstadt des Tessins. Nur auf diesen Namen schaute ich, wenn mein Blick über die Schilder streifte.
Als die ersten Palmen und Agaven erschienen, war es nicht mehr weit. In Bellinzona Nord verließ ich die Autobahn, die weiter nach Lugano führte, bei Chiasso die Grenze nach Italien überwand und in Richtung Mailand weiter führte.
Auf einer gut ausgebauten Straße rollte ich an Bellinzona vorbei. Locarno und damit der Lago Maggiore lockten. Kurz vordem Ort, auf der linken Seite, lag grün und ruhig der Lago. Erste kleine Staus entstanden. Ich sah abermals die typischen Tessiner Steinhäuser. Viele waren versteckt hinter Gärten.
In Locarno kam ich für eine Weile nicht weiter. Dann im Schrittempo, rollte ich am See entlang, wo sich auch die ›Grande Piazza‹ befand, und sah das Wort Ascona auf die Straße gepinselt. Über eine Umgehungsstraße erreichte ich den weltbekannten, wunderschönen und ziemlich kleinen Ort am Lago Maggiore.
Kurz hinter der Einfahrt fiel mir auf der rechten Seite eine Kirche auf, um die herum ein Friedhof angelegt worden war. Nicht weit entfernt, auf der anderen Straßenseite leuchtete das Schild mit der Aufschrift Polizia. Mir fiel wieder dieser Leutnant Tenero ein, und ich beschloß, vor meiner Weiterfahrt zum Internat, mit ihm zu reden.
Auf dem kleinen Platz vor dem Gebäude hielt ich den BMW an. Ich stieg aus und merkte die heißen Strahlen der Sonne erst richtig. Auch in Ascona herrschte viel Betrieb. Sommerlich gekleidete Menschen flanierten über die Gehsteige und genossen das südliche Flair. Ich stieß eine schmale Tür auf. Der Flur war kühl und lag im Halbdunkel. Die zweite, dunkel gestrichene Tür befand sich an der rechten Seite. Ich klopfte an, öffnete, betrat das Dienstzimmer und schaute in die fragenden, dunklen Augen eines Polizisten, der am Schreibtisch saß und gegen einen sich schnell drehenden Ventilator schaute.
»Gott zum Gruße«, sagte er und schaute mich fast schon vernichtend an. Wahrscheinlich hatte ich ihn in seiner Mittagsruhe gestört. Ich sprach ein paar Brocken italienisch, deutsch besser und erkundigte mich bei dem Beamten, ob er diese Sprache beherrschte.
»Si, ein wenig nur.«
»Das ist gut.« Ich stellte mich vor und fragte gleich nach Leutnant Tenero.
Auf dem Gesicht des etwas dicklichen Polizisten ging zwar nicht die Sonne auf, aber er lächelte. »Signore Sinclair, ja, wir haben Sie erwartet. Das ist gut.«
»Danke.«
»Setzen Sie sich doch.«
»Eigentlich wollte ich sofort weiter. Nur Leutnant Tenero…«
Er winkte ab. »Der ist nicht da. Er ist bei einer Beerdigung. Ein Mädchen aus dem Internat…«
»Sie meinen — wieder ein Opfer?«
»Ja, eine Claudine. Sie ist die dritte Tote.«
»Wann?«
»Vor zwei Tagen.« Der Mann verzog das Gesicht und wischte über das schweißnasse Haar.
»Es ist schlimm, ich weiß, aber wir konnten nichts tun, leider nicht.«
»Sie haben keine Spur von dem Mörder?«
»No, Signore.« Er schüttelte heftig den Kopf. »Der ist wie ein Phantom, er ist der Teufel, das Böse, wenn Sie verstehen. Ich… ich kann es auch nicht fassen.«
»Ist der
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