Geheimcode Schreckenstein
näher, um von außen an der Muschel mitzuhören. „Ich bin umringt von schönen Frauen!“ warnte Stephan den kleinen Chefredakteur und lachte übermäßig.
„Scheinbar wollen dich alle begrüßen. Deine Schwester sitzt fast auf meinem Ohr.“
Mücke begriff sofort. „Dann grüß sie mal schön!“
antwortete er unverfänglich. „Wir basteln hier in der Redaktion an der neuen Schulzeitung und vermissen dich natürlich. Ich erwarte genauen Bericht vom Konzert, für die Chronik. Und vergiß nicht das Programm. Damit wir wissen, was gespielt wird.“
Niemand bemerkte den Doppelsinn.
„Schumann vor allem“, antwortete Stephan. „Der beherrscht den Abend.“
„Dacht ich’s mir!“ Mücke lachte.
Schumann — so hieß das neueste Wort im Geheimcode Schreckenstein, eigens für diesen Fall erfunden: Schumann war die Tarnbezeichnung für Hassan.
Ingrid schien beruhigt über den Gesprächsverlauf. Sie rückte etwas ab. Doch Martina und Esther schauten noch voller Argwohn. Jetzt in die Geheimsprache überzuwechseln war unmöglich. Wozu aber hatte man sie, wenn man sich nicht in ihr verständigen konnte? Stephan mußte einen Weg finden, um seine Nachricht durchzugeben.
„Übrigens“, begann er und lachte schon im voraus , „ vergiß nicht den Artikel über Schaltuhr! Schmücke alles schön aus, wie wir die Sprachspiele gemacht haben und er
gedacht hat, wir nähmen Drogen… – Muß ich euch nachher erzählen!“ sagte er zu den Mädchen. – „Was haben wir gesagt? Weißt du’s noch wörtlich? Der Laubfrosch quakt in heißem Teich…“
„Genau“, kam es freudig aus dem Hörer.
„ Schreib’s auf! Das muß unbedingt rein“, quasselte Stephan weiter. Jetzt wußte Mücke: Der Neue sitzt im rechten Haus – also im Wirtschaftsgebäude.
„Was haben wir noch gesagt?“ Stephan gab sich nachdenklich. „Ich hab’s! Gähnt Jux den Onkel! Spaß pfeift Wanzen! Aber stinkt rosa, rosa! – Mann, und das Gesicht, das der da gemacht hat“, quatschte er zur Tarnung weiter. „Was soll das?“ zischte Martina.
„Geheimsprache!“ fauchte Esther und drückte die Gabel.
Stephan tat, als habe er’s nicht bemerkt und redete weiter: „Bei dem Text hätten wir ihn auch für drogensüchtig gehalten!“
Alles war gesagt. Mücke konnte entschlüsseln: Macht ihr den Streich! Wir lenken alle ab! Aber seid schnell, schnell!
Erst jetzt tat Stephan, als prüfe er den Hörer: „He Mücke! Was… was ist denn?“
Und er fuhr Martina an: „Blödes Huhn! Kannst mich doch nicht einfach unterbrechen. Die wollen die Schulzeitung fertigmachen.“
Sein Theaterdonner blieb nicht ohne Wirkung.
„Könntest ihn ja zu Ende reden lassen!“ trat Beatrix für ihn ein.
Und Renate meinte: „Eure Schulzeitung ist immer sehr lustig. Manchmal denkt man, wir machen überhaupt nur Streiche gegeneinander. Dabei verteilen die sich über die Trimester, und oft ist wochenlang nichts los. Das solltet ihr auch mal reinschreiben!“
„Gute Idee“, sagte Stephan. „Das muß mal rein. Sonst glaubt man ja, unsere Schulzeit sei eine endlose Kette von Streichen.“ Und er fuhr fort, die Geschichte mit dem Drogenverdacht auszuschmücken. Als sie oben im Saal ankamen, meinte sogar Esther: „Das machen wir mal im Unterricht! Einfach nur irres Zeug reden: Kartoffelpuffer stricken… Kappellsee austrinken und so.“
Es war ausgestanden. Unter Mithilfe von Stephans Phantasie hatte der Geheimcode seine Feuertaufe bestanden.
Beim Aufstellen des Konzertflügels waren die Ritter endlich unter sich. „Alles in Ordnung. Sie kommen!“ flüsterte Stephan.
„Wissen sie auch, wohin?“ fragte Dampfwalze.
Stephan nickte.
Nachdenklich schaute Ottokar beim Verschnaufen auf seine Uhr und sagte dann: „Hoffentlich dauert das Konzert lang genug.“
Da kam Constanze mit der Klavierbank, Sabine brachte die Stehlampe, Irene und Fides schleppten eine Topfpflanze herbei, Ottokar mußte Sophie beim Ausrichten der Stuhlreihen helfen, Dampfwalze im Mittelgang einen roten Läufer ausrollen, Stephan verteilte mit Beatrix Sitzkissen und Programmzettel auf die Ehrenplätze. Eine weitere Verständigung unter Rittern war nicht möglich. Denn da kamen sie schon: der führende Glatzkopf der Gemeinde, Bürgermeister Karl Kress von Wampoldsreuthe ; aus Neustadt Zahnarzt Dr. Bender mit Frau; von der Burg Dr.
Schüler mit Sonjas hartnäckigem Verehrer, Mini-Lehrer Schießbude; Dr. Waldmann; mehrere unbekannte Herren und Damen und schließlich, von der Leiterin
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