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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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Emmelines Großvater, als junger Marineoffizier aus Indien mitgebracht hatte. Die Schiffsuhr stand, wo sie immer gestanden hatte, auf dem Kaminsims neben dem Waterford-Kandelaber. Jemand hatte sich große Mühe gegeben, den Raum exakt nachzubilden, und doch verriet er sich in allen Details als Hochstapler. Selbst heute noch, nach achtzig Jahren, erinnere ich mich an das Ticken der Uhr im Salon. An die stille, beharrliche Art, mit der sie die Zeit maß: geduldig, unbeirrbar, kalt – als hätte sie damals schon gewusst, dass die Zeit denen, die in diesem Haus lebten, nicht wohlgesonnen war.
    Ruth begleitete mich bis zu dem Ledersofa und platzierte mich dort in einer Ecke. Hinter mir nahm ich geschäftiges Treiben wahr, riesige Scheinwerfer auf insektenartigen Beinen wurden hin und her geschoben, irgendwo lachte jemand.

    Ich musste an das letzte Mal denken, als ich in dem Salon gewesen war – dem echten, nicht diesem nachgestellten – , an den Tag, an dem ich begriffen hatte, dass ich Riverton verlassen und nie wieder zurückkehren würde.
    Ich hatte es Teddy gesagt. Er war nicht gerade erfreut, aber er besaß längst nicht mehr seine frühere Autorität, die Ereignisse hatten sie ihm genommen. Er wirkte blass und leicht verwirrt wie ein Kapitän, der wusste, dass sein Schiff sank und dass er es nicht verhindern konnte. Er bat mich, nicht zu gehen, flehte mich an, wenn schon nicht seinetwegen, wenigstens Hannah zuliebe zu bleiben. Und ich hätte beinahe nachgegeben. Beinahe.
    Ruth stieß mich an. »Mum? Ursula spricht mit dir.«
    »Verzeihen Sie, ich habe Sie nicht gehört.«
    »Meine Mutter ist ein bisschen schwerhörig«, erklärte Ruth. »Das ist in ihrem Alter nicht anders zu erwarten. Ich habe schon mehrmals versucht, sie zum Ohrenarzt zu bringen, aber sie ist ein bisschen starrsinnig.«
    Dass ich starrsinnig bin, gebe ich zu. Aber ich bin nicht schwerhörig, und ich mag es nicht, dafür gehalten zu werden – ich sehe schlecht ohne Brille, ich werde schnell müde, trage ein Gebiss und überlebe nur mithilfe meines täglichen Pillencocktails, doch ich höre so gut wie eh und je. Im Alter habe ich allerdings gelernt, nur noch das zu hören, was ich wirklich hören will.
    »Ich sagte gerade, Mrs Bradley, Grace, dass es ein seltsames Gefühl sein muss, an diesen Ort zurückzukehren. Na ja, mehr oder weniger zurückzukehren. Das weckt doch sicherlich eine Menge Erinnerungen?«
    »Ja.« Ich räusperte mich. »Ja, das tut es.«
    »Wie schön«, sagte Ursula lächelnd. »Dann darf ich wohl annehmen, dass wir alles richtig hinbekommen haben. «

    »O ja.«
    »Steht irgendetwas an der falschen Stelle? Haben wir etwas vergessen?«
    Ich sah mich noch einmal auf dem Set um. Akribisch genau nachgebaut, mangelte es dem Raum dennoch auf seltsame Weise an Atmosphäre. Er wirkte wie ein Museum: interessant, aber ohne Leben.
    Das war natürlich verständlich. Die Zwanzigerjahre, so lebendig in meiner Erinnerung, sind für die Bühnenbildner des Films die »alten Zeiten«. Eine historische Kulisse, deren Gestaltung eine ebenso intensive Recherche und einen ebenso genauen Blick fürs Detail erfordert wie die Nachbildung einer mittelalterlichen Burg.
    Ich spürte, wie Ursula mich ansah und begierig auf eine Antwort wartete.
    »Es ist perfekt«, erklärte ich. »Alles ist genau getroffen. «
    Dann sagte sie etwas, das mich zusammenzucken ließ. »Bis auf die Familie.«
    »Ja«, antwortete ich. »Bis auf die Familie.« Ich blinzelte, und einen Augenblick lang sah ich sie alle vor mir: Emmeline mit ihren langen Wimpern und schlanken Beinen wie hingegossen auf dem Sofa, Hannah stirnrunzelnd ein Buch im Regal betrachtend, Teddy, der auf dem türkischen Teppich auf und ab geht …
    »Emmeline muss eine Frohnatur gewesen sein«, sagte Ursula.
    »Ja.«
    »Über sie etwas in Erfahrung zu bringen war ganz einfach – ihr Name taucht so ziemlich in jeder Klatschspalte auf, die je gedruckt wurde. Ganz zu schweigen von den Briefen und Tagebüchern zahlloser begehrter Junggesellen der damaligen Zeit!«
    Ich nickte. »Sie war sehr beliebt.«

    Sie schaute mich durch ihre Ponyfransen an. »Mir ein Bild von Hannah zu machen war nicht so einfach.«
    Ich räusperte mich. »Ach?«
    »Sie war eher mysteriös. Nicht dass wir in den Zeitungen vergeblich nach ihrem Namen gesucht hätten – im Gegenteil. Und sie hatte auch ihre Bewunderer. Aber es sieht so aus, als hätte kaum jemand sie wirklich gekannt. Die Leute bewunderten sie, ja, sie verehrten sie

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