Geheime Versuchung
ist.«
Am liebsten wäre sie ihm und seinen kühlen Argumenten mit der Armbrust zu Leibe gerückt, einfach, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen. »Eine Gildedirektorin darf keinesfalls schwach wirken.«
»Aber dumm wäre auch nicht gut.« Sie sah unbeugsamen Willen in seinen nachtdunklen grünen Augen.
Sie legte das Handy beiseite, das sie beinahe zu Brei zerquetscht hatte, nahm stattdessen eine Bürste in die Hand und fuhr sich damit durchs Haar. »Erzählen Sie mir von dem Mörder. Kann es sein, dass er nur vorgibt, ein Jäger zu sein?«
Einen Moment lang schwieg er, als würde er ihrem plötzlichen Nachgeben nicht recht trauen. »Ja. Aber im Moment habe ich drei Verdächtige – alle tatsächlich Jäger. Wir werden einem nach dem anderen einen Besuch abstatten.«
»Heute Abend noch?«
Er nickte. »Ich habe mir überlegt, wir geben ihm vier Stunden. Bis dahin fühlt sich der Mörder sicher und wird vielleicht unvorsichtig.«
»Warum sind Sie ihm nicht gleich nach dem Anschlag auf Rodney gefolgt?«
»Es gab keine Spuren.«
Sie schnaubte durch die Nase. »Und Sie wollen mein Babysitter sein.«
»Wollen tu ich es nicht.« Leise und intensiv strichen ihr die Worte wie Samt über die Haut. »Aber da Sex leider nicht in Frage kommt, nehme ich mit dem Babysitten vorlieb.«
Hitze explodierte über ihre Haut. »Was veranlasst Sie zu der Annahme, dass ich Sie auch nur auf Armeslänge an mich heranlassen würde?« Ihre Stimme war heiser vor Verlangen, doch genauso gut hätte es auch Wut sein können.
»Was veranlasst Sie zu der Annahme, dass ich erst fragen würde?«
»Beim ersten Versuch schlitze ich Ihnen mit Ihrem eigenen Messer den Bauch auf.«
Deacon lächelte und wirkte mit einem Mal nicht nur sexy, sondern absolut atemberaubend. »Das hier wird Spaß machen.«
Doch als Sara vier Stunden später aus einem unruhigen Schlaf erwachte, war ihr nicht mehr nach Spielchen zumute. Sie legte ihre Ausrüstung an und trat zu Deacon in den Flur. Sie zog die Armbrust zurecht und schob energisch das Kinn vor. »Mir gefällt es nicht, dass wir unsere eigenen Leute jagen.«
Schweigen.
Sie warf ihm auf dem Weg zur Garage einen schnellen Blick zu. Doch er wirkte vollkommen ausdruckslos, nicht die geringste menschliche Regung war auszumachen. Erbarmungslos. In diesem Moment war er der Henker. »Wie viele von uns mussten Sie schon töten?«
»Fünf.«
Sara stieß leise die Luft durch die Lippen und öffnete die Tür zum Treppenhaus. Es war besser, die Wachleute des Hotels nicht unnötig aufzuregen, indem man bis an die Zähne bewaffnet auf den Überwachungskameras des Fahrstuhls erschien. »Warum ausgerechnet Sie?«
»Einer muss es ja machen.«
Sie wusste nur zu gut, was er meinte. »Ich habe nie Gildedirektorin sein wollen.«
»Aus diesem Grund hat man Sie ja ausgewählt. Sie würden genau das tun, was ein Direktor tun sollte.«
»Im Gegensatz zu?«
Deacon ging voraus, ein offensichtlicher Leibwächter. Sie ärgerte sich darüber, aber es war im Grunde nur eine Kleinigkeit.
»Sie haben sicher von der Sache in Paris gehört. Dort hatten sie vor ein paar Jahren einen Direktor, der sich dank kluger politischer Schachzüge in dieses Amt gebracht hatte. Er war so damit beschäftigt, sich in Szene zu setzen, dass darüber die meisten seiner Jäger draufgegangen sind.«
Sara nickte nachdenklich und steuerte auf das Motorrad zu. Heute Nacht würde das ihr Fortbewegungsmittel sein. »Ich habe mich immer gefragt, wie das wohl geschehen konnte.« Schließlich waren Jäger im Allgemeinen eher direkt und geradeheraus. Jemand, der sich zu aalglatt verhielt, wurde eher mit Misstrauen betrachtet.
»Manche sagen, er hätte mit einem mächtigen Geheimbund der Vampire gemeinsame Sache gemacht, und die hätten dann die Wahl zu seinen Gunsten beeinflusst.«
Es ging das Gerücht, dass sehr alte Vampire die Fähigkeit hätten, Gedanken zu kontrollieren. Sara war nicht zuletzt deshalb eine sehr gute Anwärterin auf den Direktorenposten, weil sie allen vampirischen Kräften gegenüber immun war. Wie Ellie und die anderen geborenen Jäger war sie von vornherein für die Gilde bestimmt gewesen. »Mich wundert, dass er noch am Leben ist.«
»Da wäre ich mir gar nicht so sicher. Seit seiner Absetzung hat ihn niemand mehr gesehen.« Er reichte ihr seinen Ersatzhelm, und nachdem Sara ihn aufgesetzt hatte, setzte er auch seinen auf. »Können Sie mich hören?«
Sie nickte. Die Helme waren mit Mikrofonen und Kopfhörern versehen. »Wen
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