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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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nur um ein paar Dollar zu sparen.
    Wir würden alles mögliche kaufen müssen, wenn wir umsiedelten. Nicht nur Möbel und Gartenzeugs, sondern vom Boot über eine richtige Telefonanlage und einen schnellen Internetanschluss bis hin zum hotelgemäßen Fuhrpark allerlei Teures. Von der vermutlich geldfressenden Renovierung ganz zu schweigen. Ich hoffte nur, dass Misty den Rest des Kaufpreises bekommen hat. Dem Sammy traute ich inzwischen jede Schandtat zu. Dass sie Sammys Provision von uns bekam, war Ehrensache.
    Fast eine Dreiviertelmillion hatte ich auf die Kisten verteilt und unter der einsamen Eiche im verlassenen Wüstental verbuddelt. Mir blutete das Herz; immerhin konnte man als Anleger ohne großes Risiko eine fünfprozentige Rendite erwarten, also verschenkte ich in einem Jahr dreißig Riesen; für so viel Geld hatte ich als Radiofritze ein halbes Jahr schuften müssen. Brutto. Mein lieber Herr Gesangverein, um beim Thema zu bleiben.
     
    Dass ich Ignacio die Tüte geben würde, stand fest. Ohne seine Hilfe hätte ich die letzten Wochen nicht überlebt. Und das muss honoriert werden. Als Kalifornier bin ich mit dem Konzept des Karma bestens vertraut. Und ich werde kaum mein Karma durch Undankbarkeit versauen. Außerdem waren das ein paar Prozentchen unseres neuen Glücks. Also wirklich kein Betrag, der uns wieder an den Bettelstab bringt.
     
    Die Sonne warf ihre ersten rosa Strahlen über die Berge hinter mir, als ich kurz vor San Miguel anhielt. Das Geld wollte ich nicht im Auto liegen lassen; ich schob es in meinen Backpack, der neben mir auf der Sitzbank lag. Meine Kamera lag obenauf, mein Laptop darunter, im Außenfach steckte mein Telefon. Da wäre das Geld richtig. Mit dem ganzen Elektronikzeug hatte ich es geholt, an der Elektronik sollte es sich wärmen.
    Ich zog noch schnell meinen Pullover aus und breitete ihn über den Rucksack. Musste ja nicht jeder sehen. Dann fuhr ich hinter einem Milchtransporter mit spiegelblankem, ovalen Tankaufbau aus Aluminium und rostfreiem Stahl bis zur Abfahrt San Miguel, bog ins Dorf ab und freute mich an den lang gestreckten geweißelten Missionsgebäuden, die in der Morgensonne Hoffnung verbreiteten. Wunderschön. Mit einem hübschen, renovierten Glockenturm demnächst.
    Ich stellte den Truck auf den hinteren Parkplatz, schloss ihn sorgfältig ab und ging mit meinem Frittentütchen durchs Gartentor in die Kirche. Ignacio war beim Frühstück. Ich wollte nicht stören, also marschierte ich in den Kirchenraum zurück, stieg die kurze Treppe zur Kanzel hoch und stellte meine Wundertüte dorthin, wo Ignacio bei der Frühmesse stehen würde.
    Er war diese Woche dran – er würde meine Spende finden. Aber falls nicht, schrieb ich noch schnell „Für Ignacio, der sich schon lange um seinen Glockenturm sorgt.“ Und unterzeichnete mit dem etwas hilflos klingenden Namen Anno Nymus.
     
    Ich stieg von der Kanzel, durchquerte die Kirche, ging zur Seitentür in den Wohntrakt der Mission und öffnete die Tür zu Ignacios Klause.
    Mann, war ich müde! Gottseidank war diese Nacht vorbei. Gottseidank war dieser grauenvolle Lebensabschnitt vorbei. Im Gegensatz zum Nitroglyzerinhelden hatte das Schicksal bei mir beide Augen zugedrückt.
     

43 Rache
     
     
    Ich ließ mich auf den Stuhl fallen und legte die Beine auf Ignacios Beistelltisch. Mann, war ich fertig! Die Scheißnacht wollte kein Ende nehmen, jede Minute floss zäh wie Melasse. Eine üble Nacht, eine schlimme Nacht, trotz der reichen Ernte. So was wollte ich nie wieder erleben.
    Ignacio freute sich unbändig, als er in seine Klause kam und mich am Tisch sitzen sah. Er umarmte mich spontan, wollte nicht aufhören, mir den Rücken durchzuwalken und redete wie eine hängen gebliebene Schallplatte. Auch so ein Konzept, das ich nun vergessen könnte. Schallplatte. Wusste doch keiner mehr, was das war.
    Ich war völlig erledigt. Ignacio merkte das auch und versprach, dass er mich ruhen lassen würde, sobald sein Frühgottesdienst anfinge. Aber erst noch schnell etwas Stärkung. Ich hätte doch sicher Durst und Hunger? Was soll man darauf schon antworten. Klar, nickte ich und rieb mein schmerzendes Genick.
    Der Franziskaner verließ das Zimmer und kam gleich darauf mit einer dampfenden Tasse Tee und einer Dose Schokoladenkekse zurück. Ich schaute ihn aus blutunterlaufenen Augen an und dankte winkend. Der Tee tat gut, die beiden Kekse, die ich hinterherschob, waren so zuckersüß, wie ich sie gern hab, und dann sackte ich weg.

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