Hallo Doktor
1. KAPITEL
Michelle Lewis hatte das Gesicht eines Engels und einen Körper, der einen Aufruhr auslösen konnte.
Das war jedenfalls Dr. Nick Kempners Meinung. Leider hielt die schöne Michelle Lewis sehr wenig von ihm, dank des kleinen Vorfalls vor einigen Monaten auf der Hochzeit ihrer Schwester.
Nick konnte noch immer nicht verstehen, wieso sie dermaßen beleidigt gewesen war, weil er sie eine Prinzessin genannt hatte. Und in Anbetracht der Tatsache, dass sie ihn als Ekel im Smoking bezeichnet hatte, sollte er der Beleidigte sein. Na ja, seiner Exfrau wäre vermutlich eine noch schlimmere Bezeichnung eingefallen.
Auch heute, in der Rolle des Public-Relation-Gurus des San Antonio Memorial Hospitals, sah Michelle Lewis noch immer wie eine Mischung aus Sünde und Heiligkeit aus. Sie schien außerdem nicht besonders darüber erfreut, dass er den Konferenzraum ein wenig zu spät betrat. Na schön, er war nicht bloß ein wenig zu spät. Da Michelle die Einzige war, die jetzt noch im Konferenzraum des Krankenhauses saß, hatte er offenbar das gesamte Treffen verpasst.
Michelle bedachte Nick mit einem flüchtigen Blick, als er sich gegen den Konferenztisch lehnte und sie beobachtete. Sie fuhr fort, ihre Sachen einzusammeln.
Nick kam sich wie ein unartiges Kind vor, während er darauf wartete, dass sie seine Anwesenheit endlich zur Kenntnis nahm. Da das nicht passierte, gab er schließlich auf.
„Also, was habe ich verpasst?”
„Das ganze Meeting. Es endete vor ungefähr fünf Minuten.”
Nick zuckte die Schultern. „Tut mir Leid, dass ich zu spät bin. Meine für neun Uhr angesetzte Operation dauerte länger als ge plant.”
Michelle schob ihren Laptop in die Tasche auf dem Tisch. Erst dann schenkte sie Nick ihre ganze Aufmerksamkeit. „Da dies das zweite Meeting in Folge ist, das Sie versäumen, sollten Sie vielleicht noch einmal überdenken, ob Sie im Komitee mitarbeiten wollen. Offenbar sind Sie zeitlich völlig ausgelastet.”
Er setzte sein liebenswürdigstes Lächeln auf. „Vielleicht können wir die Meetings im OP
abhalten. Sie könnten Ihre Präsentation machen, während ich eine Hüftoperation durchführe.”
Der Anflug eines Lächelns umspielte ihre Mundwinkel, doch es reichte nicht, um ihre faszinierenden Grübchen zum Vorschein zu bringen. „Interessanter Vorschlag. Wie dem auch sei, den meisten anderen Ärzten gelingt es auch ohne solch drastische Maßnahmen, an den Meetings teilzunehmen.”
„Tja, Miss Lewis, ich nehme an, ich bin eben nicht wie die meisten Ärzte hier. Für mich stehen die Bedürfnisse der Patienten im Vordergrund.” Zu gern würde er sich auch um ihre Bedürfnisse kümmern, egal wann und wo, sogar jetzt.
Allerdings wäre es keine gute Idee, ihr dieses Angebot zu ma chen, entschied Nick, als sie die Arme unter ihren Brüsten verschränkte und ihn mit ihren indigoblauen Augen durchdringend ansah. „Ich gebe zu, das ist eine bewundernswerte Einstellung, Doktor. Aber wir brauchen alle Mitarbeit der Ärzte, die wir krie gen können, damit diese Anzeigenkampagne ein Erfolg wird.”
Es wurde Zeit für ein wenig Diplomatie. „Und wie läuft es mit der PR-Kampagne?”
„Sehr gut, vielen Dank. Heute haben wir die Vorzüge der neuen Kinderabteilung besprochen und wie wir sie für die Anzeige nutzen können.”
Die einzigen Vorzüge, die Nick momentan interessierten, waren Michelles. Der ärmellose rote Rollkragenpullover verbarg zwar ihren schlanken Hals, nicht jedoch die Rundungen ihrer Brüste. Der dazu passende schwarze Wollrock reichte bis zur Mitte der Waden, bot aber durch die Schlitze einen hübschen Blick auf ihre Beine. Ihr langes dunkles Haar glänzte wie der polierte Tisch aus Walnussholz hinter ihm und weckte in ihm den Wunsch, es anzufassen.
Aber ihm war klar, dass er nicht weiterkam, indem er Michelle Lewis anstarrte. Daher richtete er den Blick wieder auf ihr Gesicht und konzentrierte sich auf die Sache. „Womit genau wird die Anzeige werben? Mit der neuen Intensivstation für Kinder?”
Sie nahm eine Brille aus ihrer Jacke, die über einem Stuhl lag, und setzte sie auf, als würde sie dadurch qualifizierter aussehen. Auf jeden Fall wirkte sie dadurch kein bisschen weniger faszinierend. „Wir werden das neue Familienzimmer besonders heraus stellen.”
„Das Familienzimmer? Sind Sie sicher, dass das sinnvoll ist?”
Sie wirkte verärgert. „Selbstverständlich ist es das. Die Eltern sollen wissen, dass sie hier einen Raum zum Entspannen haben, wenn
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