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Geier

Geier

Titel: Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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begeistert. Noch zehn Minuten bis zum Schichtbeginn und nun will der auch noch quatschen! Was er gern tut. Hat von Radiomachen null Ahnung, der Knabe, aber tut immer, als sei er schon in Monterey dabei gewesen. Der hätte damals Peace & Love auf Flaschen abgefüllt, das Schlitzohr.
    „Sagen Sie, Verehrtester?“ Typisches Anwaltsgehabe. „Was meinten denn die Polizisten, denen Sie den Vorgang schilderten? Interessiert mich nur rein am Rande, wissen Sie, die Katze lässt das Mausen nicht und so.“ Wobei ich bei „mausen“ meinen Teil dachte.
    „Nicht viel – ich habe denen erzählt, wie ich ihn gefunden habe, und sie waren damit ganz zufrieden. Dass mir einer allerdings kurz darauf ans Leder wollte, ist entweder reiner Zufall oder ganz große Kacke. Ich bin mir noch nicht ganz klar darüber, was es soll.“
    Curtchen richtete sich auf. „Wieso ans Leder?“
    Ich erzählte. Der Boss hörte zu. Dann ging er kommentarlos. Ich schnappte die Kiste mit den CDs und raste um die Ecke ins Sendestudio. „Shakin´“ Jake machte wieder die übliche angewiderte Fratze. „Hab schon gedacht, ich müsste wieder Überstunden machen, weil du irgendwo besoffen herumhängst. Wurde wohl auch Zeit – das ist mein letzter Song.“
    Backstreet Boys. Logisch.
    Ich griff Kopfhörer, schob den schlaffen Jake beiseite, setzte mich, spielte Slade an, machte das Mikrofon auf und begann bestens gelaunt meine Overnight-Sendung. Das haut sie immer um, wenn ich mitsinge.
     
    Pismo ist ja ein ausgesprochen popmusikhistorisches Kleinod. Nicht nur war es jahrzehntelang die Heimat des Rose Ballroom, wo ich als Kind, die Nase außen am Bühnenfenster platt gedrückt, leicht angejahrte Größen wie Little Richard, Fats Domino und die Beach Boys hautnah erlebte, sondern unter seinem Pier schrieb der einheimische Surf-Mitbegründer Merrell Fankhauser seinen Riesenhit „Wipe Out“.
    Hier spielte irgendwann mal jede Gruppe, weil Pismo ziemlich genau zwischen San Francisco und Los Angeles liegt und es sich wochentags zwischen Samstagskonzerten in den Großstädten billig wohnen ließ. Man konnte mit ein paar lokalen Gigs etwas hinzuverdienen, konnte Proben als Auftritte verkaufen und hatte immer Frischfleisch, denn zu solch einem Abend kamen sämtliche Mädchen aus den umliegenden Dörfern.
    Wir hatten also eine fast großstädtische Musikszene. Und so was prägt die Kultur einer Gegend. Meine Mitbürger waren verwöhnt – nur noch das Allerbeste zog. Da hat´s der Radiofritze nicht leicht. Das spornt zu permanenter Höchstleistung an.
     
    Bob Samaritis hat seine Hotelbar immer bis Mitternacht offen, weil seine Frau so schlecht einschlafen kann. Weil er sie tagsüber ertragen muss, sagt er immer wieder, hat Bob seinen größten Durst vom Spätnachmittag auf die Abendstunden verlagert. Damit sie eingeschlafen ist, wenn er bis zum Peilstrich vollgefüllt ins Bett wankt. Und wenn sie noch nicht schlafen sollte, ist er zu besoffen, sich daran zu stören.
    Deshalb lege ich zwischen zehn und zwölf ein paarmal ellenlange Dauerbrenner wie Stairway to Heaven oder American Pie auf und gehe mir erst mal ein Bierchen reinziehen. Was die Stimmung nur noch anheizt. Oft bin ich am Schichtende so aufgedreht, dass ich unmöglich schlafen kann. Dann surfe ich, hänge mit meinen Freunden am Strand herum und mache Sonntagabend noch mal die gleiche Schicht, die gewöhnlich in totaler Montagsmüdigkeit endet.
     
    Ich war am Sonntagmorgen um halb sechs wieder gut drauf, also rief ich Julie an und fragte sie, ob sie mit nach Santa Barbara wollte. Sie wollte. Ich soll nur rüberkommen – sie macht Kaffee und geht schnell unter die Dusche. Die Tür sei offen. War sie. Julie auch.
    Sie hatte zum Glück die meisten Stones-Alben, denn ich hatte meine Privatpressung zu Hause gelassen. Gelegentlich bumse ich am liebsten zur Musik der World´s Best Rock Group, weshalb ich gern eine selbst zusammengestellte CD mit meinen Lieblingssongs dabei habe, wenn ich auf die Pirsch gehe. Nach dieser langen Rocknacht war mir nach „Paint It Black“ zumute. Sie hatte die original englische Ausgabe der High Tide And Green Grass Compilation, also legten wir das Album auf und ließen Charley und Bill den Rhythmus vorgeben. Wir hörten erschöpft eine Weile zu, bis „Time Is On My Side“ die Mutter wieder auf den Vater trieb. Sozusagen. Danach schlief ich doch tatsächlich bis kurz vor Mittag.
     
    Der Cadillac stand beim Sender. Wir gingen die zwei Ecken zum Hotel, holten das Auto und

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