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Geist Auf Abwegen-Parkinson, Asperger und Co

Geist Auf Abwegen-Parkinson, Asperger und Co

Titel: Geist Auf Abwegen-Parkinson, Asperger und Co Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douwe Draaisma
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die Fotosynthese bei Pflanzen und die Regeneration von Süßwasserpolypen. 1743 wurde er zum Mitglied der Royal Society of London ernannt. Einige Jahre später erkrankte er an den Augen. Der Star führte zu Schmerzen bei angestrengtem Sehen, und schließlich konnte er kaum mehr lesen oder schreiben. Eine Laufbahn mit mikroskopischer Forschung, seine große Leidenschaft, war von da an ausgeschlossen. Sein intellektuelles Interesse entwickelte sich im Weiteren entlang der Grenzen, die ihm sein eingeschränktes Sehvermögen setzte: Nach den Insekten folgte die Botanik, danach die Psychologie und schließlich die Metaphysik. Das Ergebnis war ein Manuskript von 900 Seiten, Meditations sur l’Univers, das unveröffentlicht blieb.
    1755 diktierte Bonnet Jeanne-Marie de la Rive Betrachtungen zur amitie, zur Freundschaft oder Zuneigung. Die Siebenund-zwanzigjährige wird das Diktat ab und zu errötend aufgenommen

    Bonnet beim Diktat.
    haben; es gibt keine Zeile, in der amitie nicht durch Verliebtheit ersetzt werden könnte. Bonnet widmete ihr diese Arbeit, bat anschließend um ihre Hand und heiratete sie im Frühjahr 1756. Sie verbrachten viel Zeit auf den Landsitzen beider Familien. 1757 wurde ihr Glück zerstört, als bei einer Fahrt in der Umgebung ein Wagenrad brach und Madame Bonnet eine Fehlgeburt erlitt. Ihre Ehe sollte kinderlos bleiben.
    Bonnet sah, wie sein einst so geschäftiges Leben um sein sechzigstes Lebensjahr durch Krankheit und Gebrechen allmählich an Tempo verlor. Aufgrund seiner schlechten Augen musste er alles diktieren. Unter seiner Korrespondenz befinden sich Briefe in drei, vier verschiedenen Handschriften. Schweres Asthma untergrub seine Kondition. Die Revision seines Werkes nahm er noch selbst vor, aber alle Texte mussten vorgelesen werden, was bei zunehmender Taubheit eine mühselige Aufgabe war. ln den letzten Jahren seines Lebens, fast blind, begann er selbst die seltsamen Bilder zu sehen, die ihm sein Großvater beschrieben hatte. Bonnet starb im Frühjahr 1793 im Alter von dreiundsiebzig Jahren.

    Darstellung des Gedankenexperiments, nach dem ein Standbild durch das Angebot sensorischer Reize lebendig wird.
    BONNETS STANDBILD
    Zwei Gestalten in antiken Gewändern befinden sich in einem Garten, ein Mann und eine Frau. Der Mann steht in einer steifen und passiven Haltung da, die Frau wendet sich ihm zu und hält ihm etwas vor das Gesicht. Das Paar soll das Gedankenexperiment bildlich darstellen, das den roten Faden im Essai analytique sur les facultes de l’äme bildet. Bonnet lädt den Leser ein, sich ein Standbild vorzustellen. Es ist stumm, taub, blind, tot, ein seelenloser Steinbrocken. Aber jetzt lässt man das Standbild über einen Sinn verfügen, sagen wir den Geruchssinn. Über dieses Sinnesorgan gelangen Geruchsempfindungen in die Statue. Sie wird die Rose riechen können, die ihr die Frau vorhält. Dann öffnet man noch einen Sinn, zum Beispiel den Sehsinn. Das Standbild wird nun nicht nur sehen können, sondern die Assoziationen des Geruchssinns mit denen der visuellen Empfindungen verbinden können. Je mehr Sinnesorgane sich öffnen, meinte Bonnet, desto reicher seien die Vorstellungen, die sich das Standbild von der Außenwelt machen könne. Aus diesen Sinneswahrnehmungen werde sich ein Gedächtnis bilden und schließlich eine Persönlichkeit. Was mit einem toten Stein seinen Anfang genommen habe, sei nun ein Wesen mit Empfindungen, Vorstellungen und bewussten Urteilen.
    Hatte Bonnet dabei an sein Sommerhaus gedacht? Im Winter, bei geschlossenen Läden, sind die Zimmer still. Die Möbel stehen reglos im Dunkel. Im Frühjahr öffnet ein Diener das Haus und bereitet es auf seine Bewohner vor. Er entriegelt einen Laden, ein Lichtstrahl fällt auf die gegenüberliegende Wand, versetzt das Interieur in dämmriges Licht und lässt Staubteilchen in der Sonne tanzen. Er öffnet auch die anderen Läden, Lichtstrahlen kreuzen sich und das Zimmer erwacht zum Leben. Bonnet und die Seinen können jeden Moment eintreffen. Dann wird gekocht, duftende Blumensträuße stehen bereit, Herdfeuer vertreibt die Kühle, Lärm ist zu hören, das Haus hat eine Seele.
    Bekannter wurde das Gedankenexperiment mit dem Standbild in der Version Abbe Condillacs, der sich in seinem Traite des sen-sations (1754) eines ähnlichen Kunstgriffs bediente. Keiner der beiden Autoren verband damit materialistische Auffassungen -das Standbild diente zur Demonstration des sensorischen Ursprungs allen Wissens. Die nach und

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