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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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Sie war nämlich bei mir und haben nach dir gefragt. Ich weiß, ich bin auch froh, wenn alles vorbei ist. Danke, Baby. Ich liebe dich auch.«
    Sie legte auf und schaute mich triumphierend an. »Netter Versuch.« Dann schoss ihr Bein ohne Vorwarnung nach vorn und traf mich in der Kniekehle. Ich taumelte zum Rand der Schlucht, wobei ein Regen aus Steinen niederging. »Leb wohl, Aurora.« Ich spürte einen festen, raschen Tritt in den unteren Rücken, hörte mich stöhnen und stürzte Kopf voraus in den Abgrund.
    Ich ruderte wild mit den Armen, suchte in dem steilen Fels des Canyons verzweifelt nach einem Halt. Dann schlossen sich drei meiner Finger um irgendeine Wurzel, und mein Sturz wurde abrupt gebremst.
    Als ich nach unten blickte, baumelten meine Füße im Leeren. Unter mir gab es auf dreißig Meter nichts, das meinen Sturz aufhalten würde.
    Mir verschwamm alles vor den Augen. Mein Herz raste. Meine Schulter brannte, und meine Finger waren verschwitzt und begannen zu rutschen.
    »Ich hab dich«, rief eine Stimme, und eine Hand schloss sich um mein Handgelenk. Dann zog mich N. Martinez nach oben.
    Victoria stand eng zwischen zwei Polizisten gepresst und schaute sie aus angstvoll aufgerissenen Augen an. »Ich wollte doch nur helfen. Sehen Sie das nicht? Sie ist gestolpert, und ich wollte …«
    Ich merkte, dass ich mich immer noch an N. Martinez klammerte. Ich ließ ihn los und trat hastig einen Schritt zurück.
    Sein Gesicht verriet nichts. »Ein Streifenwagen fährt jetzt zu Colins Haus, um den Hammer zu holen«, sagte er. Ich war mir nicht sicher, ob es an ihm oder an mir lag, aber wir konnten einander nicht in die Augen sehen.
    »Du hast das sehr gut gemacht.«
    »Danke«, erwiderte ich förmlich. Professionell. »Dass du mich gerettet hast.«
    »Gern geschehen«, erwiderte er im gleichen Ton.
    Verabrede dich mit ihm. Lade ihn zum Essen ein. Lade ihn ins Kino ein.
Meine Gedanken rasten.
Du hast nichts zu verlieren, es gibt keine Geheimnisse mehr.
»Ich weiß, dass du mich nicht magst, aber würdest du vielleicht trotzdem mal einen Kaffee mit mir trinken?«
    »Nein, leider nicht.«
    Es war, als hätte mich ein Faustschlag getroffen. Nach allem, was geschehen war, würde es also so enden. Mein Lächeln war wie angeklebt. »Oh. Na schön.« Ich wollte gehen, doch er berührte mich am Arm.
    Drehte mich zu sich. Seine Finger verflochten sich mit meinen; sein Körper presste sich an meinen. Ich fühlte mich, als könnte ich nicht mehr stehen und doch zugleich fliegen.
    »Ich will nicht mit dir Kaffee trinken. Ich will mehr.«
    Für einen kurzen Augenblick schien die Welt um mich herum stillzustehen, dann stammelte ich: »Du hast gesagt, du könntest mich niemals verstehen … und ich würde dich verrückt machen.«
    »Das ist doch gut.«
    Ich ließ seine Worte auf mich wirken, spürte seinen Herzschlag an meiner Brust. Als ich endlich wieder etwas sagen konnte, war es kaum ein Flüstern. »Und du hast mir deinen Namen gesagt.«
    Er sah mich aus seinen unergründlichen braunen Augen an. »Ich habe ihn dir gesagt, weil ich hören wollte, wie du ihn aussprichst.«
    Mein Herz machte einen Sprung. »Napoleon.«
    Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, wie die Sonne, die in der Dämmerung über eine Hügelkuppe steigt. »Aurora.«
    Wärme durchflutete mich. »Wenn du ›mehr‹ sagst, meinst du …«
    »Das hier.« Sein Mund näherte sich meinem. »Aurora«, murmelte er.
    Ich bin Aurora. Ich bin wach. Ich bin zu Hause.

Impressum

    Erschienen bei FISCHER E-Book
     
    All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form.
    This edition published by arrangement with Razorbill, a division of Penguin Young Readers Group, a member of Penguin Group (USA) Inc.
    Die Originalausgabe erschien 2012 unter dem Titel ›Ghost Flower‹ im Verlag Razorbill, New York, U.S.A.
    © Michele Jaffe 2012
     
    Für die deutschsprachige Ausgabe:
    © S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2013
    Covergestaltung und -abbildung: bürosüd, München
     
    Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
    Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
    ISBN 978-3-10-402330-4



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