Geloescht
steigere meine Geschwindigkeit, als der Weg in den Wald hineinführt.
Hinter einer Biegung taucht plötzlich ein Ast auf dem Boden auf. Es bleibt keine Zeit, um zu springen oder auszuweichen, und ich kann nicht verhindern, dass ich mich mit dem Fuà verfange und falle. Mit ausgestreckten Armen fliege ich durch die Luft. Als ich auf den Boden stürze, lassen zwei Mädchen am Wegrand den Ast fallen und laufen lachend davon.
Ich kann kaum atmen und liege auf dem Boden, keuchend wie ein Fisch, der an den Strand gespült wurde. Langsam normalisiert sich mein Atem wieder und ich setze mich auf.
Ein paar Mädchen laufen vorbei, dann kommt eine Nachzüglerin, die anhält. »Alles okay bei dir?«, fragt sie. Ich winke nur mit der Hand und sie rennt weiter.
Jetzt haben mich alle überholt.
Mein linker Arm ist voller Kratzer und mein Knie ist aufgeschlagen. Ich stehe vorsichtig auf und prüfe meine Beine: nichts gebrochen. Zumindest bekommt Ferguson heute keinen Ãrger, weil er einen Krankenwagen rufen muss. Wut steigt in mir auf. Scheià auf die! Ich atme tief ein, wieder und wieder, um mich zu beruhigen, und schaue auf mein Levo: 5,8. Der Wert muss immer noch vom Laufen so hoch sein.
Es ist eine lange Strecke,
erinnert mich eine kleine Stimme in mir.
Eine
sehr
lange Strecke.
Ich renne wieder los.
Ich bin schnell und werde schneller. Es gibt Streckenkennzeichnungen, wie Ferguson gesagt hat: kleine orangefarbene Markierungen am Weg. Aber als sich der Pfad gabelt, sehe ich links eine Flagge â doch ist sie nicht auf der falschen Seite? Ich bleibe stehen und schlieÃe die Augen, um mir die Karte ins Gedächtnis zu rufen.
Definitiv
auf der falschen Seite.
Will mich jemand reinlegen? Egal. Ich habe die Karte exakt im Kopf. Also ignoriere ich die Markierung und laufe weiter.
Bald komme ich an dem Mädchen vorbei, das mich gefragt hat, ob alles okay sei, und an den anderen, die einfach weitergelaufen sind. Ich habe den Punkt erreicht, an dem das Laufen und Atmen mein ganzes Denken ausfüllen und meine Schritte nur noch so dahinfliegen. Ich bin schlammverschmiert vom Durchqueren des Bachlaufs, mein Arm und mein Knie bluten, aber das ist mir egal.
Ich lächle, als ich die beiden Mädchen überhole, die mich mit dem Ast zu Fall gebracht haben. Ich sehe ihre Ãberraschung, dann ihre Anstrengung, als sie versuchen aufzuholen, aber es nicht schaffen. Ich lasse sie im groÃen Bogen hinter mir.
Und so überhole ich noch ein paar andere Läuferinnen. Irgendwann zähle ich nicht mehr mit â war das eben das letzte Mädchen? Mittlerweile bin ich nicht mehr damit zufrieden,
ganz gut
abzuschneiden: Ich will Erste werden.
Ich werde noch einmal schneller.
Bald überhole ich ein paar der Jungs, dann noch ein paar mehr, ehe ich die Ziellinie in der Ferne erahnen kann â den Startpunkt.
Ferguson, Ben und ein halbes Dutzend anderer Jungs, die schon ins Ziel eingelaufen sind, beginnen zu jubeln, als sie mich oben am Hügel auftauchen sehen.
Als ich über die Linie renne, schielt Ferguson auf seine Stoppuhr. »Donnerwetter. Bist du die ganze Zeit gesprintet?«
Ich halte an und versuche zu antworten, kann aber nicht sprechen. Die Welt beginnt sich zu drehen.
»Antworte nicht! Lauf aus«, befiehlt Ferguson.
Laut schnaufend und mit flauem Magen umkreise ich den Parkplatz, bis ich schlieÃlich anhalten kann, ohne das Gefühl zu haben, dass ich mich gleich übergeben muss.
Immer mehr Jungs laufen ins Ziel ein und wenig später folgen die ersten Mädchen.
»Was ist passiert?«, fragt Ferguson, als er das Blut an meinem Arm und meinem Knie sieht.
Ich zucke mit den Schultern. »Alles in Ordnung, ich bin gefallen. Ich brauche keinen Krankenwagen.«
Ferguson lacht, holt den Erste-Hilfe-Kasten und verbindet mein Knie.
»Wir sind ein gutes Paar, du und ich«, sagt Ben, als wir in den Bus steigen.
»Ja?«
»Ich war Erster bei den Jungen, du warst Erste bei den Mädchen.«
»Wie viel früher bist du denn ins Ziel gekommen?«
Ben denkt kurz nach. »Fünf Minuten oder so. Warum?«
»Na ja, wir sind zehn Minuten nach euch gestartet. Das heiÃt, ich war schneller als du.«
Ich sehe die Ãberraschung auf seinem Gesicht, aber er grinst. »Gut. Mir ist jeder Grund recht, um mehr zu trainieren.«
Er schaut auf mein Levo â 8,1 â und zeigt mir seines: 7,9. »Auch hier schlägst du mich«, sagt
Weitere Kostenlose Bücher