Gemeinsam stark in Virgin River (German Edition)
Hand verbarg. „Wie geht es Ihnen?“
„Danke. Gut“, antwortete sie. „Haben Sie den Job schon vergeben?“
„Es gibt ein paar vielversprechende Bewerber. Aber reden wir erst einmal über die Stelle“, schlug er vor. Er hatte ein schlechtes Gewissen – weil ein alleinstehender, fünfunddreißigjähriger Pastor wie er unter keinen Umständen jemanden wie sie anstellen durfte. Die Leute hätten für so etwas kein Verständnis. Oder schlimmer noch, sie würden so tun, als hätten sie Verständnis dafür. Dieses Bewerbungsgespräch war reine Zeitverschwendung.
„Oh, ist das Ihr Hund?“, fragte Mrs Baldwin und schenkte Lucy ein Lächeln.
„Das ist Lucy“, erklärte Noah, und die Hündin hob bei der Erwähnung ihres Namens den Kopf.
„Ist sie schon alt? Sie sieht so müde aus.“
„Sie erholt sich gerade von einem üblen Unfall. Ich habe sie am Straßengraben aufgelesen, und schon gehörte sie mir“, sagte er. „Die Stelle“, fuhr er fort. „Sie besteht nicht nur aus Büroarbeit. Wie Sie sehen, ist hier eine Menge zu reparieren und restaurieren. In dieser Kirche können erst wieder Gottesdienste abgehalten werden, nachdem ein paar sehr schwere und schmutzige Arbeiten erledigt sind. Es dauert mindestens noch ein paar Monate. Mindestens.“
Sie nickte. „Ja“, meinte sie. „Fein.“
Skeptisch betrachtete Noah sie. „Nehmen Sie mir bitte nicht übel, dass ich das sage, aber Sie wirken etwas zu zerbrechlich für diese Art von Arbeit.“
Wenn sie lachte, schien ihr ganzes Gesicht zu strahlen. „Ach ja? Na ja, dieses zerbrechliche Wesen hat schon für einen ganzen Haufen Blödmänner geputzt und auch schon mehr als genug schwere Sachen gehievt, Hochwürden.“
Er räusperte sich. „Nennen Sie mich Noah. Bitte. Ich bin nicht der Papst.“
„Das weiß ich“, entgegnete sie in einem ironischen Tonfall. „Ich wollte witzig sein.“
„Ach so. Waren Sie auch“, gab er zu. „Also, ich brauche nicht nur jemanden fürs Büro, am Telefon und die Terminplanung, sondern außerdem auch noch Hilfe beim Möbelrücken, Streichen, Saubermachen und so weiter.“
„Kapiert“, sagte sie.
Er beugte sich über den Tisch. „Mrs Baldwin, weshalb wollen Sie diese Stelle haben?“
„Ist es denn keine gute Stelle?“, fragte sie. „Es standen nicht viele Jobs in der Zeitung, aber es klang nach einer anständigen und ordentlichen Arbeit.“
„Klar. Und Sie suchen nach so etwas, weil …?“
„Ich muss mich verändern. Brauche etwas Sicheres. Weniger Stress.“
„Und Sie haben zuletzt als was gearbeitet …?“
„Tänzerin. Aber die Arbeitszeiten sind nichts mehr für mich. Ich habe Kinder. Sie leben momentan bei meinem Ex, doch ich hätte gerne eine Arbeit, die ich machen kann, wenn sie in der Schule sind. Verstehen Sie?“
„Aber haben Sie denn Erfahrung als Sekretärin?“
„Für die Zeit nach dem Möbelrücken und der Renovierung? Klar. Ziemlich viel Erfahrung sogar. Ich habe eine Liste meiner vorherigen Jobs mitgebracht“, verkündete sie und zog ein ziemlich zerfleddertes, zusammengefaltetes Stück Papier aus ihrer Tasche.
Er warf einen kurzen Blick darauf. Das Wort Tänzerin tauchte auf dieser Liste nicht auf, aber ohne noch mal nachfragen zu müssen, ahnte er bereits, welche Art von Tänzerin sie war. Allein schon ihre eindeutig wenig kirchliche Art, sich zu kleiden, verriet sie. Allerdings hatte sie auch schon für einen Immobilienmakler, eine Wohnungsverwaltung und einen Rechtsanwalt gearbeitet. „Rechtsanwalt?“, stieß Noah überrascht aus.
„Hm. Netter Typ. Ich habe wirklich gute Arbeit geleistet. Sie können ihn gerne anrufen, er wird es Ihnen bestätigen. Er hat mir versprochen, mir ein Empfehlungsschreiben auszustellen, wenn ich ihn darum bitte.“
„Und weshalb haben Sie dort aufgehört?“
Sie wandte den Blick ab. Ihr schien mit einem Mal unbehaglich zumute zu sein. „Er war mit meiner Arbeit zufrieden. Das schwöre ich. Aber seine Frau war nicht gerade begeistert von mir. Bitte rufen Sie ihn an!“, sagte sie und sah ihm wieder ins Gesicht. „Ich war wirklich gut.“
Diese junge Frau hatte tatsächlich schon überall gearbeitet. Ob am Ladedock eines Hafens oder in einem Supermarkt. „Wann haben Sie das denn alles geschafft?“, wollte Noah perplex wissen.
„Immer zwei Jobs auf einmal“, antwortete sie achselzuckend. „Tagsüber, um Erfahrungen zu sammeln und wegen der Sozialleistungen, im Büro und nachts oder an den Wochenenden dann zusätzlich noch in einem
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