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Generation P

Generation P

Titel: Generation P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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steht ungefähr da oben, siehst du, beglaubigt nach allen vier Himmelsrichtungen von diesen Stieren und. . .«
    »Greifen?« schlug Tatarski vor.
    »Greifen, genau. Das Auge und das Ohr sollen bedeuten, daß alle es gesehen und gehört haben. Kurz und gut, durch den Vertrag haben beide ihr Fett abgekriegt. Die Göttin hat es den Leib gekostet, man hat sie einfach abstrahiert. Sie ward zu Gold, heißt es. Was aber nicht das Metall bedeutet, sondern übertragen gemeint ist, verstehst du?«
    »Nicht wirklich.«
    »Wo ist das Problem?« stöhnte Asadowski. »Sie ist zu dem geworden, was jeder haben will. Aber nicht in Form von einem Haufen Gold, der irgendwo rumliegt, sondern zum Gold an sich. Zur Idee sozusagen.«
    »Ah, verstehe.«
    »Und aus ihrem Tod ist ein hinkender Hund mit fünf Pfoten geworden, der in einem fernen Land des Nordens den ewigen Schlaf schläft. Wo genau, kannst du dir wohl denken. Da, rechts, hast du ihn. Fünftes Bein, wo andere ihr Dingens haben. Dem möchte man nicht auf dem dunklen Hof begegnen.«
    »Wie heißt der Hund?« fragte Tatarski.
    »Gute Frage. Weiß ich nicht, ehrlich gesagt. Warum willst du das wissen?«
    »Ich hab mal was Ähnliches gelesen. In so einem akademischen Sammelband.«
    »Worum ging es?«
    »Lange Geschichte. Ich kann mich nur dunkel entsinnen.«
    »Kam unsere Firma drin vor?«
    Der Chef beliebte zu scherzen, wie Tatarski vermutete.
    »Das nun nicht. Es ging um den nichtnormativen Fäkal – und Genitalwortschatz und seine Verwendung im Russischen. Behauptet wurde, daß diese Wörter erst im Christentum ihre obszöne Bedeutung erlangt und vorher einen völlig anderen Sinn gehabt haben, und zwar seien es die Namen von ganz, ganz alten heidnischen Gottheiten gewesen. Unter diesen Gottheiten soll auch ein hinkender Hund mit fünf Beinen gewesen sein. Er hieß Pisdez. Und bei dem Wort hat noch kein Russe damals an Pussies und Pißnelken und irgendwelche Katastrophen gedacht. In alten Urkunden steht manchmal ein großes P, damit ist er gemeint. Der Überlieferung nach liegt er irgendwo unterm Schnee vergraben und schläft. Und solange er schläft, geht das Leben halbwegs seinen Gang. Aber wenn er aufwacht, greift er an. Und darum gibt es bei uns immerzu schlechte Ernten, und Jelzin ist Präsident und so weiter. Von Jelzin haben die natürlich keine Ahnung, aber ansonsten paßt alles sehr gut. Und übrigens stand da noch, es gebe in der modernen russischen Alltagskultur einen sehr ähnlichen Begriff, den die Kinder unter sich verwenden: Gamover. Das kommt vom englischen Game over, was auf russisch soviel wie . . .«
    »Mußt du mir nicht erklären, was das auf russisch bedeutet, ich bin ja nicht blöd. Erklär mir lieber, wen dieser Pisdez angreift.«
    »Niemanden Bestimmtes. Alles und jeden. Das wird der Grund sein, weshalb die anderen Götter sich eingemischt haben. Mich hat der Name von dem Hund interessiert, weil es ja sein könnte, daß es ein transkultureller Archetypus ist. Und die Göttin, wie heißt die?«
    »Sie heißt überhaupt nicht«, platzte eine Stimme von hinten dazwischen. Tatarski wandte sich um.
    Varsuk Z. Valasnam stand in der Tür. Er trug einen langen grauen Umhang mit Kapuze, unter der die gleiche Maske hervorblitzte; Tatarski hatte ihn nur an der Stimme erkannt.
    »Sie hat keinen Namen«, sagte Valasnam noch einmal und trat näher. »Vor Zeiten hieß sie einmal Ischtar, aber seitdem hat sich ihr Name immerzu geändert. Hast du schon mal von einem Markenartikel namens No Name gehört? Und was den krummen Hund angeht, da steht die Sache ähnlich. Aber mit allem übrigen hast du recht.«
    »Prima, Varsuk, red du mit ihm. Sonst weiß der am Ende noch alles besser.«
    »Nanu? Was weißt du denn Schönes?« fragte Valasnam.
    »Dies und jenes«, erwiderte Tatarski. »Zum Beispiel das gezackte Symbol in der Mittel der Tafel. Ich weiß, was es bedeutet.«
    »Nämlich?«
    »Es bedeutet › schnell ‹ . Auf altägyptisch.«
    Valasnam lachte.
    »Aha«, sagte er, »das ist originell. Die meisten Neuzugänge denken an M&M-Schokolade. In Wahrheit verweist das Symbol auf einen uralten Spruch mit dunkler Bedeutung. Sämtliche alten Sprachen, in denen er vorkam, sind längst tot, und ihn ins Russische zu übersetzen ist schwierig, es fehlen die entsprechenden Wortfelder. Im Englischen dagegen gibt es einen Satz von einem gewissen Marshall McLuhan, der genau darauf paßt: The medium is the message. Von daher deuten wir das Zeichen als ein Doppel-M. Nicht nur wir

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