Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)
bereits die ersten beiden Railguns verloren.
»T-0 Minuten. Start. Landungswelle eins ist los! Drohnen wechseln Ziele und fliegen los, sie schießen jetzt Sperrfeuer, um die Flotte zu schützen. Bereits sieben ausgefallen. Welle eins auf 100 %!«
»Lenkwaffen gezündet. Sektor ist frei in 5, 4, 3, 2, 1 ... los, der Weg ist für drei Sekunden frei! Ab durch die Mitte! Noch 13 Railguns aktiv. Nein, 12. Erstes Hochenergiegeschütz ausgefallen. Überhitzung. Feuer auf der Horizon. Schwere Beschädigung der Außenhülle. Die Reste der Laserkanone glühen sich durch die Hülle. Bereits drei Decks durchbrochen. Wir verlieren das Schiff. Die Impulskartuschen drohen, im Feuer unkontrolliert zu detonieren.«
»Wir starten erst die Landungsflotte!«, brüllte Anna mit letzter Kraft.
»Welle zwei ist raus!«
»Genau. Drauf geschissen. Lenkwaffen gezündet ... Sektor ist frei.«
»Welle drei ... Sektor frei ... vier ... frei.«
Anna taumelte. Sie konnte die Stimmen von Irene und Jeremie nicht mehr auseinanderhalten. Hatten sie es geschafft? Etwas blitzte neben ihr. Sie stand mitten im Feuer. Die automatische Halon Löschanlage aktivierte sich, um den Brand zu bekämpfen. Der Delta-7 verließ von selbst den Raum. Überall Feuer. Es funktionierte kein Computer mehr. Ein dumpfer Knall. Alles vibrierte. Anna begann zu schweben. Die Schwerkraft war ausgefallen. Das Licht erlosch. Nur eine blaue Notbeleuchtung kennzeichnete noch die Tür. Weitere Explosionen zerrissen die Stille in ihrem Kopf. Das kam ihr alles so unwirklich vor. Favellis Sessel schwebte in verbrannten Stücken an ihr vorbei. Kleine Glutstellen umgaben die Trümmerteile in ihrer Nähe. Träumte sie das alles nur? Anna schwebte, durch den Anzug geschützt, hilflos im Korridor umher. Sogar die Ansage, die sie seit Stunden alle zwei Minuten über den Countdown bis zum Sonnensturz informiert hatte, konnte sie nicht mehr hören.
Das war der Moment, als die Titanic zerborsten im Polarmeer versank.
»Irene?«, fragte Anna und sah sich um. Ob noch jemand bei ihr war? »Jeremie?«, »Pierre?« Niemand antwortete.
***
XL. T - 1 Sterben
Anna schreckte auf. Hatte sie geschlafen? Oder war sie bereits tot? Sie lebte noch. Wenn auch für sie überraschend. Im Inneren des Visiers sah sie mit dem linken Auge die verfügbaren Energie- und Sauerstoffreserven. Auf dem rechten Auge war sie inzwischen blind. Es blieben ungefähr drei Stunden, dann würde sie ersticken. Anna lächelte, nicht dass sie sich darüber freuen würde, aber neben der Sauerstoffanzeige lief ein Banner durch das Blickfeld. Ein Countdown, den sie noch sehr gut kannte.
»Das ist keine Übung. T - 00 Stunden 55 Minuten. Begeben Sie sich sofort zu ihren Notausstiegspositionen. Das ist keine Übung!«
Das war der Ansagedienst der Horizon, den auch die jüngsten Ereignisse sichtlich nicht davon abhielten, weiterhin an seinem Programm festzuhalten. Man musste also nicht sonderlich talentiert sein, um auf der Horizon seinen Job zu behalten. Doch noch interessanter war die Frage, wo diese Meldung herkam? Der automatisierte Anzug hatte keine Routine dieser Art. Anna sah sich suchend um.
»Delta, wische bitte mein Visier frei«, sagte sie dem Anzug, der daraufhin eine dicke Ruß- und eine mit irgendeiner Flüssigkeit vermischte Ascheschicht von ihrem Visier entfernte. Wirklich viel sah sie durch dieses Geschmiere immer noch nicht.
»Delta, Sichtoptimierung aktivieren.« Der Anzug projizierte ein aufbereitetes Bild in ihr Visier. Was leider ebenfalls wenig brachte. Wo nicht viel zu sehen war, zauberte auch eine digitale Optimierung nichts Sehenswertes hervor. Sie umgab eine nicht erfassbare Menge von dichtem Staub und siedenden Wassertropfen, die sich in der Schwerelosigkeit in ihrer Nähe befanden. Eigentlich herrschten im Weltall sehr tiefe Temperaturen. Die Nähe zur Sonne musste das Wrack bereits stark aufheizen, da sich die Feuchtigkeit in der Hitze mehr und mehr zu Dampf verwandelte.
Wo war sie? Es herrschte Totenstille, was aber wenig bedeuten musste. Im luftleeren Raum wurden keine Schallwellen übertragen. Anna fühlte sich hilflos. Der Anzug schützte sie zwar, zumindest noch für drei Stunden, sie hatte aber keine Möglichkeit, vom Fleck zu kommen oder das nähere Umfeld zu erkunden. Den Anzug wild mit den Armen rudern zu lassen, hätte nichts gebracht.
»War es das jetzt?«, fragte sie leise. Eine Antwort erwartete sie nicht. Von wem auch. Sie dachte nach. Was waren die Fakten? Sie
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