Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)
daran zu denken«, flüsterte sie.
»Ich liebe dich.«
Es fühlte sich unendlich gut an, sie zu spüren. Bei ihr fühlte er sich sicher. Sie gab seinem Leben wenigstens kurze Momente der Geborgenheit. Die Augenlider wurden schwerer, er war müde, in dieser Nacht schliefen Kezia und Elias wie Geschwister nebeneinander ein.
***
IV. Delta-7
Am nächsten Morgen stand Elias bereits früh auf. Obwohl ihm die irdische Zeitrechnung mehr als suspekt war, lebten alle im Habitat nach dieser vierundzwanzig Stunden Taktung, die, zugegeben, gut zum menschlichen Bio-Rhythmus passte. Es war kurz nach sieben, draußen dürfte es stockdunkel und lausig kalt sein, bis zum nächsten Sonnenaufgang würden noch 62 Stunden vergehen.
Früher säumten zahlreiche, in die Wände eingelassene Leuchtelemente die halbrunden weißen Korridore. Inzwischen waren allerdings die meisten ausgefallen oder flackerten nur noch altersschwach. Elias hatte Kezia vorhin einen Kuss gegeben und sie schlafen lassen. Ruben hatte ihn gebeten zu ihm zu kommen, das mobile Display trug er ausgeschaltet in der Hand, wie beinahe jeden Morgen.
»Guten Morgen, Elias«, begrüßte ihn Vater freundlich, »die Badehose heute im Schrank gelassen?« In der Nähe der Kommandozentrale brauchte man den mobilen Computer nicht, um mit Vater sprechen zu können.
»Ich lache später. Ruben möchte mit mir sprechen.« Elias trug einen abgewetzten gelben Nylon-Hosenanzug. Die Dinger waren hässlich wie die Nacht und würden vermutlich noch hundert Jahre halten, auch die anderen im Habitat trugen diese gelben Rucksäcke.
»Sicherlich. Hast du das Display dabei?«
»Klar. Machst du mir die Tür auf?«
»Bin ich ein Pförtner? Den Schalter finden auch Mediziner.«
»Danke.« Elias schüttelte den Kopf und bediente den Türöffner, die Glastür zum Kommandobereich öffnete sich.
»Morgen, Elias. Kleinen Moment noch ...« Ruben kniete vor einem Schaltschrank und zog gerade eine in Epoxidharz versiegelte Platine hervor.
Überall befanden sich schwarze Bildschirme, inaktive Steuerungssysteme und ausgeweidete Schaltschränke, in denen unzählige Glasfaserkabel auf eine neue Verkabelung warteten.
»Du wolltest mich sprechen?«, fragte Elias und stellte das Display auf eine Ladestation.
»Ja, ja ... langsam wird es kniffelig. Mir gehen die Ersatzteile aus, um die Lebenserhaltungssysteme online zu halten. Beim Absturz damals ist einfach zu viel zerstört worden.« Ruben zeigte auf zwei vergilbte Bildschirme, mit denen sich die Stromversorgung, die Wasseraufbereitung, die Klimaanlage und das Lagermodul steuern ließen.
»Kann dir Vater nicht dabei helfen?«, fragte Elias.
»Dazu habe ich keine sinnvollen Applikationen geladen«, antwortete Vater umgehend.
»Du hast es gehört.« Sein Bruder hatte scheinbar nichts anderes erwartet. Vater konnte die Bord-Systeme weder steuern, noch dazu beitragen, sie zu reparieren. Er war nur der Lehrer, der ihnen die technischen Grundlagen vermittelt hatte.
»Wo ist Sarai?«
»Sie spricht mit Sem.«
»Vielleicht ist das der richtige Zeitpunkt, umzuziehen?«, fragte Elias gespielt gelassen.
»Nicht schon wieder. Das haben wir doch bereits unzählige Male diskutiert, oder möchtest du Sem begleiten?«
»Allein? Nein. Zusammen? Ja!« Es war nicht die Frage ob, sondern nur, wann sie das Habitat aufgeben müssten.
»Wir haben nur noch einen Delta-7 Anzug.«
»Der muss uns reichen.«
»Ich verstehe dich, aber es wird nicht funktionieren, jedenfalls nicht so, wie du es dir vorstellst.« Ruben stand auf und kam auf ihn zu.
»Bitte?«
»Schau mal ...« Ruben wandte ihm den Rücken zu und zeigte seinen rasierten Nacken. »Sieht eklig aus, oder?«
»Verdammt, wie ist das passiert?«, fragte Elias erschrocken. Der ganze Nacken seines Bruders war vereitert. »Hat sich das Delta-7 Modul entzündet? Wieso bist du nicht früher zu mir gekommen? Ich bin dein Arzt!«
»Mein Körper stößt das Implantat ab. Ich werde den Anzug bald nicht mehr tragen können.«
»AMENS soll dir ein Antibiotikum geben!«
»Von dem wir kaum noch etwas haben. Nein, AMENS wird dir ein Delta-7 Implantat verpassen. Der Anzug muss einsatzfähig bleiben.«
»Wieso ich? Ich bin kein Soldat, so wie du!« Während Vater Ruben über mehrere Jahre in Waffenkunde ausgebildet hatte, hatte er Elias Medizin studieren lassen.
»Elias! Das ist keine Bitte!«
»Verdammt!« Was Ruben von ihm verlangte, war unerträglich, er würde nicht zusehen, wie er starb.
»Alles in
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