Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)
Aussicht – Die Bekanntschaften mit den vielen jungen Ärzten aus allen Ländern, Holland, Schweden, Rußland, Preußen etc. etc. ist sehr interessant angenehm und instructiv wenn man es zu benutzen weiß – Der Aufenthalt hier ist angenehmer als man es sich in Frankreich denkt. Es herrschen viele Vorurteile wider Östreich welche man ablegt wenn man in das Land selbst kommt. Die Weine hier sind sehr wohlfeil und gut hauptsächlich d. ungarischen – Theater haben wir fünfe, drei sind ziemlich schlecht. Zwei sind vorzüglich gut – Die italienische Oper am Kärntner-Tor und das Burgtheater, dieses letzte ist wohl das beste für Schauspiel seit ich in Teutschland bin, bin ich ein Liebhaber vom Theater, ich gehe wöchentlich 2-4 mal hinein. Löwe, D. l. Roche, Costenoble, Anchütz d. anmutige Maître Rettich, Maître Peche, und Mademoiselle Müller sind ausgezeichnet.
Wirklich gastiert auch hier Devrient aus Dresden, welcher gestern die Rolle v Ferdinand in Kabale und Liebe hatte – Hamlet, d. Ring und mehrere andere pièces wurden ausgezeichnet gut gegeben – In Dresden ist das Lustspiel sehr gut, in Prag die Opern, Ballnacht, Zampa etc. in Berlin die Oper und das ballet. In Prag hat mir Lutzer am besten gefallen, ich weiß nicht ob sie am besten singt, aber sie ist hübsch, anmutig und hat eine liebliche Stimme, viel angenehmes in ihrem Betragen –
Dein Cousin lief hier 12 Tage herum ohne mich zu finden, er scheint ein solider junger Mann zu sein – Du wirst praeceps d. h. über Hals und Kopf an Deiner These arbeiten, ich zweifle nicht daran daß sie gut ausfallen wird. Sie auf diese Art drucken zu lassen ist sehr bequem – Du wirst durch Baum wahrscheinlich erfahren haben daß ich nicht durch die Schweitz nach Paris gehe sondern über Würzburg, wo ich mich bei professor D’Outrepont, Sept. und Okt. noch speziell mit accouchem. beschäftigen werde – Also werden wir uns sobald nicht sehn, deswegen müssen wir uns durch schriftliche Unterhaltung trösten wenn es Dir möglich ist. Wo Du auch sein magst kannst Du bis zum ersten Juli inclus. Briefe an mich nach Wien adressieren, Du wirst wissen daß alle Briefe bis an die oestreiche Grenze frankiert sein müssen, und ebenso muß ich alle Briefe bis an die Grenze frankieren. Denn die oestreiche Regierung steht in dieser Beziehung in Rechnung mit kein, andern gouvernement – Ich finde nichts angenehmeres und interessanter’s als Reisen, auch bin ich ganz zufrieden und glücklich (…) es ist dieses die glücklichste Zeit meines Lebens, übrigens ist es bei m (…) Augenblick zu genießen und nicht sein Glück in einer verborgenen Zukunft zu suchen. Wenn Dich dieser Brief noch in Strasburg trifft so frage Baum ob er meinen Brief erhielt von hier aus adressiert den 4ten Mai. Schreibe mir auch von Lambossy und Held, diese beiden werden wahrscheinlich in Paris sein wo ich sie nächsten Winter zu treffen gedenke. Ich bin jetzt bald fünf Monate in Teutschland und denke noch fünfe zu bleiben, Ende Juli’s gehe ich über Lintz, Salzburg, Inspruck nach München. Grüße d. Schwager Louis und meine übrigen Freunde
Dein Dich liebd. Freund
Eugène
Meine adresse: E. B. Alser-Vorstadt, Wikburggasse N° 18. in Wien –
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An die Familie
Ende Mai/Anfang Juni 1836
Aus Straßburg nach Darmstadt
(…) Ich bin fest entschlossen, bis zum nächsten Herbste hier zu bleiben. Die letzten Vorfälle in Zürich geben mir einen Hauptgrund dazu. Ihr wißt vielleicht, daß man unter dem Vorwande, die deutschen Flüchtlinge beabsichtigten einen Einfall in Deutschland, Verhaftungen unter denselben vorgenommen hat. Das Nämliche geschah an anderen Punkten der Schweiz. Selbst hier äußerte die einfältige Geschichte ihre Wirkung, und es war ziemlich ungewiß, ob wir hier bleiben dürften, weil man wissen wollte, daß wir (höchstens noch sieben bis acht an der Zahl) mit bewaffneter Hand über den Rhein gehen sollten! Doch hat sich Alles in Güte gemacht, und wir haben keine weiteren Schwierigkeiten zu besorgen. Unsere hessische Regierung scheint unserer zuweilen mit Liebe zu gedenken…
(…) Was an der ganzen Sache eigentlich ist, weiß ich nicht; da ich jedoch weiß, daß die Mehrzahl der Flüchtlinge jeden direkten revolutionären Versuch unter den jetzigen Verhältnissen für Unsinn hält, so konnte höchstens eine ganz unbedeutende, durch keine Erfahrung belehrte Minderzahl an dergleichen gedacht haben. Die Hauptrolle unter den Verschworenen soll ein gewisser Herr v. Eib
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