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Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition)

Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition)

Titel: Geschichte der Welt 1870-1945: Weltmärkte und Weltkriege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Osterhammel , Emily S. Rosenberg , Akira Iriye
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erhellt und andere im Schatten belässt. Für den Zeitraum zwischen 1870 und 1945 verschafft ein thematisches Vorgehen die Flexibilität, mehrere Ansätze zur Anwendung zu bringen und so den größtmöglichen Nutzen aus den verschiedenen globalgeschichtlichen Forschungen und Methodologien der jüngsten Zeit zu ziehen.
    Gemeinsame Merkmale innerhalb der Kapitel
    Zwar legen die folgenden Kapitel den Schwerpunkt auf das Kräftespiel zwischen Wandel und Stabilisierung und auf veränderliche chronologische Parameter, doch zusammen beschreiben sie mehrere verbindende Merkmale, die den Zeitraum zwischen 1870 und 1945 charakterisieren. Dazu gehören das dramatische Schrumpfen von Zeit und Raum infolge der Revolution im Kommunikations- und Verkehrswesen; die damit einhergehende Beschleunigung der Mobilität von Menschen, Gütern und Ideen, als sich die globalen Netzwerke der verschiedensten Art verdichten; die Hegemonialmacht des Westens unter Systemen moderner Staatlichkeit und Imperialismus; die Überschneidungen und gemeinsamen Konstruktionen des Globalen und des Lokalen; die immer wichtiger werdende Rolle globaler Städte; die Ausbreitung von Technologien der Massenproduktion und des Massenkonsums; die Macht des Nationalismus und rassistischer Ideologien (und deren Infragestellungen); die beispiellose Gewalt, die neue Herrschaftsformen und effizientere Tötungsmethoden so gut wie jedem Erdteil brachten. Diese und andere Charakteristika, die sich durch die Kapitel ziehen, werden vergrößert, da sie durch unsere unterschiedlichen thematischen Linsen gebrochen werden. Ein etwas genauerer Blick auf die übergreifenden Themenfelder kann dabei helfen, die Kapitel enger zusammenzubinden.
    Im hier in Rede stehenden Zeitraum bildeten die globalen Migranten-, Waren- und Ideenströme einen Kreislauf, der generell immer dichter wurde – aber in unterschiedlichem Tempo und mit unterschiedlichen Auswirkungen. Alle Kapitel betonen die Kompression von Zeit und Raum, die immer mehr Menschen in persönlichen oder zumindest virtuellen Kontakt mit anderen, weit entfernten Menschen brachte, und alle betonen damit die Interaktion zwischen ihren jeweiligen historischen Themen und der Rationalisierung von Zeitsystemen und von Revolutionen bei Seereise, Eisenbahnen, Telegraphie und Rundfunk. Zeit und Raum, die in der Geschichte nie feststehende Größen, sondern immer kontingent waren, schrumpften für viele dramatisch, obwohl die damit einhergehenden Veränderungen isoliertere oder autarkere Bevölkerungen sehr uneinheitlich erreichten. Die Kluft zwischen relativ stark vernetzten und relativ unverbundenen Welten vergrößerte sich entsprechend, was für eine ganze Reihe ökonomischer, kultureller und politischer Strukturen beträchtliche Folgen hatte.
    Wurden diese Ströme und Netzwerke vom «Westen» kontrolliert? Der Aufstieg des Westens zur Macht war lange Zeit beinahe gleichbedeutend mit «Weltgeschichte». So lieferte beispielsweise William H. McNeill mit seinem Buch Rise of the West (1963) für eine ganze Generation eine gern und viel verwendete Darstellung. Auch Immanuel Wallersteins einflussreiche Analyse des modernen «Weltsystems» stellte, wenngleich kritischer und materialistischer, Europa weiterhin ins Zentrum einer rein reaktiven «Peripherie». Werke wie diese trugen dazu bei, das Feld der Weltgeschichte zu bereiten, aber sie machten oftmals das Selbstbild des Westens von der eigenen zentralen Rolle zur Norm. In jüngster Zeit hat die Forschung, darunter auch neue Arbeiten von McNeill und Wallerstein, die Vorstellung von einem einzigen, gleichsam vorbestimmten geographischen Zentrum in Frage gestellt.[ 1 ]
    Die Bedeutung Europas, insbesondere in Gestalt formeller und informeller Imperialsysteme, bleibt auch in der Zeit zwischen 1870 und 1945 ohne Zweifel ein wichtiges Thema. So haben beispielsweise die bahnbrechenden Arbeiten von Kenneth Pomeranz die «große Divergenz» zwischen Asien und Europa deutlich gemacht, eine Kluft, die sich im 19. Jahrhundert drastisch vergrößerte, als Kohle, Dampfkraft und der Zugang zu Ressourcen in der Neuen Welt die Industrialisierung in Westeuropa beschleunigten. Verschärft wurde dieses Auseinanderklaffen durch eine «Siedlerrevolution», vor allem in englischsprachigen Gemeinwesen. In den Regionen, in denen anglophone Siedler dominant wurden, lösten Einwanderung, Verstädterung und der Ausbau der Infrastruktur Agrarrevolutionen aus, die ihre reichhaltige Produktion dann auf die Weltmärkte

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