Geschichte Irlands
Denkens:
Principles of Political Economy
. Als habe er die Entwicklung der irischen Frage, besonders der Landfrage, vorhergesehen, interessierte diesen liberal-utilitaristischen Reformer der politischen Ordnung besonders das Spannungsfeld von wirtschaftlicher Abhängigkeit und politischer Emanzipation.
Irische Hungersnöte hatte es auch 1816, 1817, 1822 und 1836 gegeben. Sucht man europaweit nach vergleichbaren, von Ernteausfällen und Getreidepreiswucher verursachten Hungersnöten, so fallen Italien 1846/47, Spanien 1856/57 und Finnland 1867 ins Auge. In Irland waren Kartoffeln und Rüben gar nicht die einzigen Optionen bei der Ernährung, sondern kamen nach Weizen und Gerste, und nur wenn diese ausfielen, suchte man nach Ersatz. Schon frühzeitig waren Berichte im Auftrag der Regierung erstellt worden, die soziale Katastrophen bei zu einseitiger Ernährung vorhersagten. Doch eine zeitgenössische Abneigung gegenüber staatlicher Intervention in die Kräfte des freien Marktes machte das Unglück unabwendbar. Ansonsten hätte GroÃbritannien in den USA Getreide kaufen können, wo es 1846 eine Rekordernte gab.
Als Freihandel wurde gewöhnlich eine Politik beschrieben, welche die Kräfte des Marktes sich selbst regulieren lieÃ, mithin Schutzzölle wie z.B. auf Getreide (Corn Laws) unnötig machte. Auf Irland bezogen, war diese Politik prekär, wie Mill schrieb (
Chapters and Speeches of the Irish Land Question
, 1870). Auch mischte der Staat sich nicht in das Geschäft der Grundbesitzer ein, die für ihre Probleme â Ãberteuerung der Pacht und Vernachlässigung ihrer Fürsorgepflicht â selbst aufzukommen hatten. Das brachte das nationalistische
Freemanâs Journal
in seiner Ausgabe vom 24. Juni 1851 mit den Worten auf den Punkt, trotz der Poor Laws überlasse der Staat die Armen Irlands ihrem Schicksal. Er tat das im Ãbrigen auch in den Elendsvierteln von London und Manchester.
Wirtschaft und Infrastruktur
Was die Krise in der Mitte des Jahrhunderts verschärfte, war die Kombination aus ihrer zeitlichen Zuspitzung und ihrer geographischen Verdichtung. Dort, wo Armut und Ãberbevölkerung herrschten, war sie besonders schlimm. Mehr und mehr Menschen waren hier von den Erträgen von immer weniger Land abhängig. Wo Getreide angebaut oder Vieh gehalten werden konnte wie im fruchtbaren Osten und Südosten der Insel, war die Lage besser als im dicht besiedelten, unfruchtbaren Westen. Im südwestlich von Dublin gelegenen Kildare waren 85 % des Landes anbaufähig, und im Durchschnitt lebten hier 187 Menschen auf einer Quadratmeile. Im westlichen Mayo dagegen gab es nur 36 % Ackerland bei etwa 475 Menschen pro Quadratmeile. Im nördlichen Ulster hatte die Textilindustrie die Landwirtschaft an Bedeutung überholt und die Region gegen Agrarkrisen immunisiert.
Eine Konsequenz, die man ab den 1850er Jahren aus der Hungersnot zog, war die VergröÃerung der Bauernhöfe und ihrer Felder. Mit der Professionalisierung der Landwirtschaft nahm der in diesem Sektor beschäftigte Anteil der Bevölkerung ab. 1841 waren es noch 66 % gewesen, 20 Jahre später hingegen nur noch 42,6 %. Die überwiegende Mehrheit verlegte sich auf das Halten von Milchvieh oder z.B. die Produktion von Schinken, Lachs, Bier und Whiskey. Doch lernte man aus der Hungerkatastrophe auch insofern, als Monokulturen die Ausnahme wurden.
Mitte des 19. Jahrhunderts waren 40 % der Bevölkerung berufstätig, doch arbeitete nur eine Minderheit in der Industrie oder im Transportwesen. In den Belfaster Baumwollfabriken wurden 1811 bereits 15 Dampfmaschinen betrieben, zwölf Fabriken arbeiteten mit Wasserkraft, allein sechs setzten noch Pferde für ihre Maschinen ein. Durch seinen Hafen war Belfast begünstigt, weil es Steinkohle aus Schottland und England, Holz, Flachs und Hanf aus Nordamerika und dem Baltikum sowie Wein, Olivenöl und Früchte aus dem Mittelmeerraum einführte und gleichzeitig Leinen exportierte. Obwohl Belfast mitanderen Leinen- und Baumwollproduzenten im britischen Freihandelsbereich konkurrierte, namentlich mit solchen aus Lancashire, nahm es bald eine führende Stellung in der internationalen Wirtschaft ein. Bis 1911 wuchs seine Einwohnerzahl auf fast 400.000. In der Nähe der Fabriken, Werften und Bahnhöfe entstanden Wohnviertel für Arbeiter, deren charakteristische, zweigeschossig genormte
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