Gestaendnis im Palazzo der Traeume
Tina. Unmittelbar neben Sophie saßen zwei Spanier, Felipe und Cesare, die einen sehr sympathischen Eindruck machten. Entspannt nippte sie an ihrem Champagner und genoss das luxuriöse Ambiente.
Die Tische waren um eine kleine Tanzfläche gruppiert, und auf einer Bühne auf der Stirnseite spielte eine Jazzband dezente Hintergrundmusik. In diesem Saal präsentierte sich die Elite Europas – die Männer im eleganten Smoking, die Frauen in exklusiven Designerroben und geschmückt mit kostbaren Juwelen. Doch Sophie fühlte sich davon nicht eingeschüchtert. Im Laufe der letzten Jahre hatte sie für einige der reichsten Leute aus aller Welt gearbeitet – sogar gekrönte Häupter waren darunter gewesen. Längst hatte sie sich das kultivierte Benehmen angeeignet, das man in diesen Kreisen brauchte.
Wenn sie zu Hause auch am liebsten Jeans und T-Shirts trug, besaß sie daneben natürlich auch ihre sogenannte „Geschäftsgarderobe“. Das Diorkleid aus schwarzem Satin, das sie an diesem Abend trug, gehörte dazu und war eines ihrer liebsten Stücke – ebenso wie das glitzernde Strasscollier und die dazu passenden Ohrringe. Sie wusste, dass sie gut aussah und sich auch in dieser illustren Gesellschaft nicht verstecken musste.
Als ihr Blick gerade gelassen über die Tanzfläche glitt, registrierte sie eine Gruppe Neuankömmlinge, die gerade Platz nahm, und ihre grünen Augen leuchteten erschrocken auf. Max Quintano und seine Stiefschwester Gina! Entsetzt bemerkte Sophie sein markantes schönes Profil und sah rasch beiseite. Sie war sich fast sicher, dass Max sie nicht bemerkt hatte. Mit klopfendem Herzen rückte sie ihren Stuhl so, dass sie Max halb den Rücken zuwandte, und betete insgeheim, dass er sie nicht entdeckte.
Entschlossen wandte sie sich nun ihrem Tischnachbarn Cesare zu und begann ein Gespräch mit ihm. „Und was machen Sie beruflich?“ Nur mit großer Mühe gelang es ihr, sich auf seine Antwort zu konzentrieren. „Sie sind Geologe? Wie interessant …“
Wie hatte sie nur so dumm sein können, nicht gleich die Verbindung zwischen dem Thema der Konferenz –globale Ressourcen – und Max Quintano zu ziehen!
Auf der anderen Seite der Tanzfläche nickte Max lächelnd zu einer Bemerkung von Gina, ohne auch nur ein Wort davon verstanden zu haben. In dem Moment, als er den Saal betreten hatte, erkannte er Sophie Rutherford. Ihr herrliches blondes Haar war unverkennbar. Heute trug sie es zu einer eleganten Frisur hochgesteckt, was ihren schlanken Hals und die perfekte Linie ihrer Schultern betonte. Das tiefe Rückendekolleté ihres schwarzen Satinkleids gab den Blick auf ihren seidigen Rücken frei. Als Max sich erinnerte, wie er seine Lippen darüber hatte gleiten lassen, durchfuhr ihn ein Schauer.
Ganz deutlich sah er, wie das kalte Biest ihn erkannte und sich erschrocken abwandte. Damals, nachdem sie verschwunden war, hatte er sie aus tiefster Seele gehasst und war nur mit der Trennung fertig geworden, indem er sie für viele Jahre radikal aus seinem Gedächtnis getilgt hatte. Vor vier Monaten aber, nachdem sein Vater an einem Herzinfarkt gestorben war, tauchte der Name Rutherford unerwartet wieder in Max’ Leben auf. Diesmal in Gestalt von Nigel Rutherford. Und zwei Monate später kamen Max bei einem Kurztrip nach Südamerika zu seinem Erstaunen viele Spekulationen über Sophie Rutherford zu Ohren. Zweimal in so kurzer Zeit wurde er also völlig unerwartet und ungebeten mit eben dem Namen konfrontiert, den er unbedingt vergessen wollte.
Da sein Vater ihn als seinen Nachlassverwalter bestimmt hatte und seine Stiefmutter vom plötzlichen Tod ihres Mannes sowieso viel zu erschüttert war, um sich um die Leitung der Quintano Hotels zu kümmern, hatte Max die Zügel in die Hand genommen. Eine kurzfristig anberaumte Revision ergab, dass das Familienunternehmen gesunde Gewinne einbrachte, wobei allerdings zwei erhebliche Außenstände die positive Bilanz auffällig störten. Der größere davon stammte aus London, aus der „Elite Agentur“ von Nigel Rutherford. Bei Max’ Nachforschungen kam schnell ans Tageslicht, dass die Agentur die Rechnungen ihrer Klienten nicht nur verspätet zahlte, sondern seit fast einem Jahr überhaupt keine Zahlungen mehr geleistet hatte.
Vielleicht war das seinem Vater entgangen, womöglich weil er schon länger gesundheitlich schlechter dastand, als er es sich hatte eingestehen wollen. Letzteres konnte Max gut nachempfinden, war es ihm doch vor sieben Jahren ganz ähnlich
Weitere Kostenlose Bücher