Gewagtes Spiel der Leidenschaft
1. KAPITEL
Jonathon Bagdon wollte nichts anderes, als dass seine Assistentin zurückkam.
Vor einer Woche war Wendy Leland wegen eines Trauerfalls in der Familie nach Hause gereist, und kurz danach hatte sein Unternehmen begonnen, allmählich in seine Einzelteile zu zerfallen. Ein wichtiger Vertrag, den sie vorbereitet hatte, war nicht zustande gekommen. Er hatte einen unaufschiebbaren Termin versäumt, weil die erste Vertretung seinen Online-Terminplaner gelöscht hatte. Die zweite Vertretung hatte den neuesten Prototyp der Forschungs- und Entwicklungsabteilung nach Peking statt nach Bangalore geschickt. Die Personalchefin hatte ihm zweimal gedroht, auf der Stelle zu kündigen, und nicht weniger als drei Frauen waren in Tränen aufgelöst aus seinem Büro gestürmt.
Als wäre das alles noch nicht schlimm genug, hatte die nächste Aushilfe die Kaffeemaschine kleingekriegt, weshalb er seit drei Tagen keinen anständigen Kaffee mehr zu trinken bekommen hatte. Kurzum: Die Lage war mehr als unerfreulich.
War es unter diesen Umständen und in diesem Augenblick wirklich zu viel verlangt, sich zu wünschen, seine Assistentin würde endlich zurückkehren? Immerhin waren beide Geschäftspartner auf Dienstreise, und er musste letzte Hand an den Entwurf für einen lukrativen Vertrag legen.
Jonathon saß da und starrte in seinen Becher mit Instantkaffee, während er überlegte, ob er wohl seine Personalchefin Jeanell bitten könnte, eine neue Kaffeemaschine zu beschaffen, oder ob sie dann ihre Drohung wahr machen würde. Nicht, das Jeanell bereits im Haus gewesen wäre. Die meisten seiner Mitarbeiter trudelten gegen neun Uhr ein, und jetzt war es noch nicht mal sieben. Natürlich hätte er losziehen können, um sich irgendwo einen Kaffee zu kaufen – oder besser noch: eine neue Kaffeemaschine –, aber da ein Termin den anderen jagte, fehlte ihm für diesen Mist die Zeit. Wäre Wendy bei ihm, dann würde die defekte Kaffeemaschine wie von Zauberhand durch eine neue ersetzt werden. Und der Vertragsabschluss mit Olson Inc. wäre reibungslos über die Bühne gegangen. Wenn Wendy hier war, dann lief einfach alles so, wie es sollte. Wie konnte es sein, dass sie innerhalb von nur fünf Jahren als seine Assistenten für die Abläufe im Unternehmen so unentbehrlich geworden war wie er selbst?
Wenn diese vergangene Woche nicht bloß ein extremer Ausreißer nach unten gewesen war, dann war sie genau genommen noch unentbehrlicher als er – eine ernüchternde Erkenntnis für einen Mann, der mitgeholfen hatte, aus dem Nichts ein Imperium zu erschaffen.
Eines stand jetzt schon fest: Sobald Wendy zurück war, würde er alles daransetzen, sie niemals wieder weggehen zu lassen.
Es war kurz nach sieben, als sich Wendy Leland in die Chefetage des Hauptquartiers von FMJ schlich. Die Bewegungssensoren schalteten sich ein, als sie eintrat, und sofort zog sie den Sonnenschutz des Kindersitzes, den sie bei sich trug, ein Stück nach vorn. Die kleine Peyton, das Baby, das in dem Sitz schlief, verzog zwar ein wenig das Gesicht, wachte aber nicht auf. Stattdessen gab sie ein leises Glucksen von sich, während Wendy den Sitz in eine dunklere Ecke hinter ihrem Schreibtisch stellte.
Sie schaukelte den Sitz sanft vor und zurück, bis Peyton wieder ruhig schlief. Dann ließ sie sich auf ihren Bürostuhl sinken und musste erst einmal schlucken, da ihre Kehle ihr wie ausgedörrt vorkam. Dabei ließ sie ihren Blick durch das Büro schweifen, das fünf Jahre lang ihr Reich gewesen war. Fünf Jahre, in denen sie als Chefassistentin für die drei Männer gearbeitet hatte, die FMJ leiteten: Ford Langley, Matt Ballard und Jonathon Bagdon.
Mit ihrer fünfjährigen Ausbildung an einer Eliteuniversität war sie für den Job eigentlich überqualifiziert, aber möglicherweise war das auch nicht der Fall, hatte sie es doch in keinem ihrer sieben Hauptfächer zu einem Abschluss gebracht. Ihre Familie war nach wie vor der Ansicht, dass sie bei FMJ ihr Talent vergeudete, aber sie empfand die Arbeit als fordernd und abwechslungsreich, und es gab bisher keinen Moment, in dem ihr der Job keinen Spaß gemacht hatte.
Um nichts in der Welt hätte sie FMJ verlassen wollen.
Als sie von Palo Alto nach Texas gereist war, um bei der Beerdigung ihrer Cousine Bitsy anwesend zu sein, da hatte sie nicht ahnen können, was sie dort erwarten würde. Von dem Moment an, als ihre Mutter angerufen hatte, um ihr von Bitsys tödlichem Motorradunfall zu berichten, war in dieser einen
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