Gewitterstille - Kriminalroman
Tatsachengrundlage für die Annahme eines versuchten Tötungsdelikts in diesem Fall ausreichte. »Mir ist im Moment wichtiger zu erfahren, ob dieser Fall tatsächlich einer aus einer Serie von Diebstahlsfällen ist, die die Lübecker Polizei in letzter Zeit in Altenheimen und Krankenhäusern registriert hat, und ob wir es mit einem oder gegebenenfalls mehreren Tätern zu tun haben.«
Sie überquerten die Trave am Geniner Ufer und erreichten ohne Umwege die Polizeidirektion in der Possehlstraße 4.
»Ich werde mich gleich mal bei den Kollegen der zuständigen Polizeikommissariate schlaumachen, welche konkreten Diebstahlstaten in den letzten Monaten gege benenfalls in unser Muster passen und welche Ermittlungsansätze wir haben.«
»Tu das. Prüf, wie der Täter jeweils in die Häuser eingedrungen ist, wann sich die Taten ereignet haben und welche Parallelen es zwischen den jeweiligen Diebstahlsopfern gibt.«
Bendt beschleunigte den Wagen.
»Teddy?«
»Ja?«
»Du wirst es nicht glauben, aber genau das hatte ich vor.«
20. Kapitel
J ens Asmus lag neben Sophie in der Koje der Kajüte und dachte nach. Bisher wusste vermutlich niemand, wo er sich aufhielt. Sie hatten bis jetzt keine Fehler gemacht. Um kein Risiko einzugehen, hatte er Sophie in der Nähe des Hafens getroffen. Sie hatten den Rollstuhl in seinem Auto gelassen, und er hatte sie über den Bootssteg getragen, während sie ausgelassen eine Flasche Prosecco in der Luft hin und her schwenkte. Die Leute hatten sich über das vermeintlich frisch verliebte Paar amüsiert und mit Sicherheit nicht realisiert, dass Sophie gelähmt war. Einen Vorteil hatte es, dass Sophie die Tochter eines Ober staatsanwalts war. »Nichts ist verdächtiger als ein Mensch, der versucht, unauffällig zu sein!«, hatte ihr Vater immer gesagt, und diese Erkenntnis hatten sie sich zunutze gemacht. Es war Sophies Idee gewesen, sich so auffällig wie möglich zu verhalten, um das paradoxe Ergebnis zu erzielen und nicht aufzufallen. Sollte die Polizei somit später nach Hinweisen auf den Aufenthalt eines Mannes in Be gleitung einer querschnittsgelähmten jungen Frau suchen, würde man hier vergebens fahnden. Er betrachtete Sophies schlanken Hals und ließ seine Hand sanft über ihr Schlüsselbein und ihre Schulter gleiten. Ihre Haut war ganz zart und duftete jung und lebendig.
»Schön bist du und sehr gefährlich für mich«, flüsterte er leise, wohl wissend, dass sie ihn nicht hören konnte. Es war unmöglich, sie mitzunehmen. Sophies Behinderung ließ sich auf lange Sicht nicht vertuschen. Jens lauschte dem Geräusch der klirrenden Schiffsfahnen, während er mit den Fingern weiter über ihren Hals strich. Sie rekelte sich, und er ließ von ihr ab und tastete nach dem Umschlag mit dem Geld neben Sophies Kopfkissen. Es fühlte sich gut an, so viel Geld in Händen zu halten. Er hatte in seinem ganzen Leben noch nie 30 000 Euro besessen und genoss das Gefühl der Macht, das die Geldscheine ihm verliehen. Das richtige Händchen beim Spiel, und er könnte diese Summe ohne Probleme vervielfachen. Diesmal musste es einfach klappen. Endlich würde er am Roulettetisch ernst genommen werden und müsste sich nicht mit Kleingeld begnügen. Er lächelte versonnen bei der Vorstellung, wie er die Jetons vor sich aufreihte. Dann zwang er sich, seine Gedanken wieder auf seine Flucht zu konzentrieren.
Wie schmerzlich es für sie sein würde, ohne ihn zu sein, dachte er, während er sich auf den Rücken rollte und für einen Moment die Augen schloss. Es war zu riskant, ein weiteres Mal mit ihr gesehen zu werden.
Er wandte seinen Kopf zur Seite und blickte auf ihr langes dunkles Haar, das über ihr Kissen fiel und ihr ein schneewittchengleiches Aussehen verlieh. Er konnte nicht widerstehen und fuhr zärtlich über ihre nackten Brüste. Sie seufzte wohlig unter seiner Berührung und erwachte aus ihrem Dämmerschlaf. Ihre Fingerkuppen fuhren sanft über seine Stirn. Er zuckte ein wenig zurück, als sie dabei die dicke Beule auf seiner Stirn streifte. Die Alte hatte ihm einen heftigen Schlag versetzt.
»Entschuldigung«, hauchte sie. »Warum ziehst du auch nicht den Kopf ein, wenn du in die Kajüte kriechst? Du hät test das gleich kühlen müssen, dann wäre es vermutlich gar nicht so schlimm geworden. Nur schade, dass ich nicht da war und dich verarzten konnte.« Sie strich abermals ganz behutsam über die Stelle. »Warum kannst du nicht weiter hier auf dem Schiff bleiben?«
»Weil es ein fremdes
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