Gewitterstille - Kriminalroman
Haushälterin gesprochen. Sie werden nicht davonkommen, auch wenn Sie das hier verbrennen. Man wird mir glauben.« Es entstand eine Stille, die nur durch das leichte Donnergrollen am Himmel unterbrochen wurde. Petras Körper wirkte stocksteif, und sie sah Sophie in einer Art und Weise an, die Sophies Glieder gefrieren ließ. Dann begann plötzlich ihr ganzer Körper zu zittern. Sophies Blick fiel auf Petras Hand, die sich um den Schürhaken krampfte, und sie wusste, dass sie einen Fehler gemacht hatte.
»Was hast du da gesagt?«, keuchte Petra Kessler.
»Ich möchte nach Hause!« Sophie wich zurück. Ihre Augen suchten nach Emily, und sie entdeckte sie schließlich im Flur. Irgendetwas dort hatte offenbar die Aufmerksamkeit des Kindes erregt.
»Wir gehen jetzt einfach …«, stotterte sie. »Uns geht das ja auch alles gar nichts an. Vergessen Sie einfach, was ich gesagt habe. – Emily!«, rief sie erschrocken aus, als sie realisierte, dass diese gerade versuchte, im Flur die Treppe ins Obergeschoss zu erklimmen. Sie wollte ihr hinterher, doch Petra Kessler versperrte ihr den Weg.
»Holen Sie das Kind von der Treppe!«, flehte Sophie.
»Warum sollte ich das tun?«
»Reicht es Ihnen nicht, dass Sie Ihre Mutter auf dem Gewissen haben? Wollen Sie auch noch schuld sein, dass Emily zu Tode stürzt?«
Mit der Heftigkeit von Petras Reaktion hatte Sophie nicht gerechnet. Petra griff in die Speichen des Stuhls und kippte ihn mit Wucht zur Seite, sodass Sophie hinauskatapultiert wurde und mit der Stirn hart auf den Parkettboden aufschlug. Für einen kurzen Moment wurde ihr schwarz vor Augen. Die Angst hämmerte gleichermaßen wie der Schmerz in ihrem Kopf, als sie bemerkte, dass Petra langsam zum Kamin zurückging und wieder den Anzünder zur Hand nahm. In aller Seelenruhe begann sie, Papiere und Holzscheite in Brand zu setzen.
Sophie versuchte verzweifelt, ihren Rollstuhl wieder aufzurichten, und rief erfolglos nach Emily, die inzwischen offenbar tatsächlich die Treppe ins Obergeschoss hinaufgeklettert war.
Petra entzündete in ihrer Hand einen Stapel Briefe, betrachtete versunken das auflodernde Feuer und warf die Papiere dann in den Kamin, wo die Flamme langsam zu lodern begann. Die Hitze im Raum wurde unerträglich. Sophie schrak zusammen, als sie erneut den lauten Donner des herannahenden Gewitters vernahm. Obwohl es noch Tag war, konnte sie durch das Fenster über dem Sofa sehen, dass es draußen gespenstisch dunkel wurde.
Zu Sophies Verblüffung wirkte Petra Kessler plötzlich völlig ruhig. Auch ihre Wut schien verdampft zu sein, und ihr Blick erschien geradezu entrückt.
»Helfen Sie mir«, flehte Sophie sie an. »Oder holen Sie jedenfalls Emily, damit sie nicht die Treppe hinunterstürzt und sich das Genick bricht.«
»Warum glaubst du, dass sie hier unten sicherer aufge hoben wäre?«, fragte Petra Kessler und betrachtete schein bar ungerührt Sophie, die hilflos auf dem Boden lag und vergebens versuchte, ihren Rollstuhl aufzurichten. Sie heizte das Feuer im Kamin weiter an und warf die Papiere Stück für Stück hinein. »Schön, nicht?«, sagte sie und blickte verzückt in die tanzenden Flammen. Erneut hielt sie einen Brief in der rechten Hand und zündete ihn an. Gleichzeitig suchte sie Sophies Blick.
»Welch ein tragischer Tag«, sagte sie dann und ließ das brennende Papier vor sich zu Boden fallen. Ihre Lippen, auf denen sich Schweißperlen gesammelt hatten, bebten leicht.
»Was zum Teufel machen Sie da?«, schrie Sophie und blickte auf das Häufchen verbrannter Asche auf dem Fußboden, in der das Feuer langsam verglomm. Ihr stockte der Atem, als Petra ein weiteres Blatt entzündete und es diesmal auf dem Perserteppich zu Boden fallen ließ. Das Papier erlosch auch dort und hinterließ lediglich einen untertassengroßen, übel riechenden Brandfleck. Petra schüttelte den Kopf, während sie wie selbstverständlich weiterzündelte und diesmal linksseitig des Kamins die Gardine in Brand steckte. Sie sah dabei völlig unbeteiligt aus. Sophie begann leise zu weinen.
»Wollen Sie uns alle umbringen?«, wimmerte sie hilflos. In welch schreckliche Lage hatte sie Emily und sich nur mit ihrem Gerede gebracht?
Die heißen Flammen krochen langsam an der Samtgardine empor und färbten das einst dunkle Rot schwarz.
»Georg oder Anna werden jeden Moment hier sein«, rief sie und spürte doch, dass sie nicht mehr zu Petra Kessler würde vordringen können.
»Ist es nicht eine Tragödie?«, sagte die ganz
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