Ghostbound (German Edition)
seinen Oberkörper, sodass die Klinge auf Höhe seiner linken Schulter war und nach vorne zeigte.
Elizabeth hob das Kinn, schloss die Augen und wappnete sich für den finalen Stoß.
Doch der kam nicht. Stattdessen spürte sie, wie eine Hand sich am Kragen ihrer Bluse zu schaffen machte und dann heftig an dem Lederband riss, welches das Sonnenamulett hielt.
Was? Nein! Sie öffnete die Augen und fasste nach dem Anhänger in der Hand des Angreifers. Der aber entwand sich ihr wie eine Schlange, ging leicht in die Hocke und wirbelte dann mit ausgestrecktem Bein herum. Elizabeths Füße wurden ihr unter ihrem Körper weggezogen, und sie fiel flach auf den Rücken. Keuchend rang sie nach Luft. Die beiden Männer, die ihre Freundinnen in Schach gehalten hatten, liefen an ihr vorbei und sahen mit teilnahmslosen Augen zu ihr hinunter.
Nein! Sie durften den Anhänger nicht haben! Er war Teil ihrer Verbindung zu Daniel. Ein wichtiger Teil! Was, wenn mit dem Verlust des Amuletts der Kontakt zu Daniel abriss?
Stöhnend stemmte sie sich in die Höhe, und ohne wirklich darüber nachzudenken, was sie tat, stürmte sie den drei Männern hinterher. In ihrem Rücken hörte sie Vivian und Jennifer aufgeregt ihren Namen rufen, doch Elizabeth folgte unbeirrt den drei Schatten. Sie durften das Amulett nicht mitnehmen!
Ihr Angreifer war durch den Tritt ins Knie deutlich langsamer als die anderen beiden, aber immer noch schneller als Elizabeth. Sie hatte nicht den Hauch einer Chance. Schon nach wenigen Metern hatte sie die Schatten aus den Augen verloren. Wütend schrie sie auf und fasste sich an die schmerzhaft leere Stelle, wo vor einer Minute noch das Sonnenamulett gewesen war.
30
„Elizabeth! Bist du okay?“
„Was waren das für Kerle?“
„Haben sie dir was getan?“
„Oh Gott, du blutest ja!“
„Was hast du dir nur dabei gedacht, den Typen auch noch zu folgen?“
„Wir müssen die Polizei rufen!“
Bis jetzt war das aufgeregte Geschrei ihrer Freundinnen kaum mehr als ein dumpfes Gemurmel am Rande ihrer Wahrnehmung gewesen, doch Jennifers letzter Satz holte Elizabeth aus ihrer Schockstarre.
„Nein“, sagte sie mit tonloser Stimme und schüttelte energisch den Kopf.
„Aber wir müssen …“, setzte Jennifer an, doch Elizabeth ließ sie nicht ausreden.
„Nein!“ Sie schrie fast. Flüsternd und beinahe bittend fügte sie hinzu: „Noch nicht.“ Sie musste zunächst mit Wood sprechen. Zitternd kramte sie ihr Handy aus der Tasche und wählte seine Nummer. Bitte geh ran, bitte geh ran , flehte sie innerlich. Bereits nach dem ersten Signal meldete er sich.
„Elizabeth, hi. Was gibt es?“ Sie glaubte, ein unterdrücktes Gähnen zu hören.
„Tony …“ Ihre Stimme brach und sie musste heftig schlucken, bevor sie weitersprechen konnte. „Wir ... wir wurden überfallen. Es waren die gleichen Kerle, die Danny und mich angegriffen haben.“
„Guter Gott, Elizabeth. Bist du in Ordnung? Wo bist du?“
„Keine von uns ist verletzt.“ Sie klemmte die lädierte Hand unter ihre Achsel, als versuchte sie die Wunde vor Wood zu verstecken. Ein verzweifeltes Schluchzen brach aus ihr heraus. „Tony, sie haben den Anhänger!“
„Wo bist du?“, wiederholte Wood.
Elizabeth sagte es ihm und fragte dann: „Sollen wir die Polizei rufen?“
Wood antwortete nicht sofort. „Ja, holt die Polizei“, sagte er schließlich. „Auch wenn sie wahrscheinlich nicht viel tun, der Überfall sollte aber auf jeden Fall gemeldet werden. Und es könnte von Nutzen sein, wenn wir deine Begleiterinnen als Zeugen haben.“
„Okay.“
„Geht irgendwo hin, wo Menschen sind. Am besten zur Hauptstraße. Ich bin in fünfzehn Minuten da.“
„Danke, Tony.“
Ihre Freundinnen sahen sie verständnislos an. „Also?“, fragte Vivian. Sie hielt ihr Handy bereits einsatzbereit in der Hand.
„Ruf die Polizei“, sagte Elizabeth kraftlos. „Tony sagt, wir sollen zur Hauptstraße vorlaufen. Er wird in fünfzehn Minuten hier sein.“
„Und wer bitte ist Tony?“, wollte Vivian wissen.
„Detective Wood.“
Vivian wechselte einen verdutzten Blick mit Jennifer, dann wählte sie kopfschüttelnd den Polizeinotruf. Das Gespräch verlief sichtlich nicht so, wie sie es erwartet hatte, und ihre Stimme klang immer ungeduldiger. „Nein, Sir, wir sind nicht verletzt … Nein, bis auf den silbernen Anhänger wurde auch nichts gestohlen … Sir, drei maskierte Männer haben uns eben brutal angegriffen, und Sie halten es nicht für
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