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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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Ausdauer auf ihr Ziel hinarbeitete. Aber ich blieb hart. Ich war fest entschlossen, mich nicht zu Prana bekehren zu lassen.
    Ich hatte schon immer gehabt, was ich brauchte, und nun war ich auch nicht mehr allein. Ich konnte mit Sandra schlafen, wenn mir danach war, denn sie verweigerte sich mir nie. Und wenn ich mir selbst genug war und allein sein wollte, dann nahm ich ihre Anwesenheit einfach nicht zur Kenntnis. Eigentlich war alles so, wie ich es mir immer gewünscht hatte.
    Aber: Höllisch ist die Zweisamkeit.
    Nach einiger Zeit begann mir Sandra auf die Nerven zu gehen. Es kam der Tag, da war sie mir auf einmal zu wenig. Es wurde mir unerträglich, tagein und tagaus immer nur ein und dasselbe Gesicht sehen zu müssen. Und es war mir auch keine Befriedigung mehr, Menschen nur durch das Fernrohr zu beobachten.
    Sandra hätte es wissen müssen – durch Prana. Und sie wußte es auch. Prana verriet es ihr. Sandra machte mir ein herrliches Geschenk. Ich kam von selbst nicht darauf, wie sie das bewerkstelligt hatte, und sie verriet es mir erst kurz vor ihrem Tod. Nun, ich will nicht vorgreifen, alles schön der Reihe nach.
    Als ich eines Abends die Hütte betrat, grinste mir Freddy entgegen. Ich dachte, mich trifft der Schlag. Oder träumte ich bloß?
    Aber Freddy war da. Er stürzte sich plärrend auf mich und klopfte mich ab.
    »Marty, altes Haus, schön, daß wir wieder beisammen sind.«
    Es wäre gelogen, zu behaupten, daß ich mich nicht freute.
     
    Freddy hatte es, bei aller Anstrengung, noch nicht geschafft, nach drüben zu gehen.
    »Ich wußte lange nicht, was für eine Sperre ich im Kopf habe, die mir den entscheidenden Schritt nicht erlaubt«, sagte er. »Erst als ich dann tiefer in mich ging, kam mir die Erleuchtung. Ich kann einfach keinen Frieden finden, solange ich einen guten Freund im Unglück weiß. Verstehst du, Marty, ich kann einfach nicht in dem Bewußtsein ins Paradies gehen, daß du in dieser Kloake namens Erde zurückbleibst. Prana ist Liebe und Nächstenliebe. Man kann Prana nicht aus egoistischen Motiven praktizieren, man kann nicht einfach sagen, nach mir die Sintflut und ich bin ich. Du bist ein Teil von unserer Clique, und ich fühle mich für dich verantwortlich. Und ich kann diese Verantwortung nicht einfach abgeben, indem ich sie leugne. Vermutlich geht es den anderen ebenso.«
    »Mich kannst du nicht umstimmen, und wenn du noch so sehr versuchst, mir die Schuld für dein Versagen einzureden«, sagte ich grob. »Ich lasse mich nicht erpressen. Ich bleibe.«
    »Dann bleibe ich eben auch«, erwiderte Freddy ohne Groll, und ich muß sagen, daß ich erleichtert war. Das Wiedersehen mit ihm tat gut, und ich verstand mich nun auch mit Sandra wieder besser.
    Die Zeit verging wie im Flug. Freddy hatte viel zu erzählen und sorgte für Kurzweil. Manchmal versuchte er, die Gespräche geschickt auf Prana zu bringen, aber meine eisige Ablehnung ließ ihn stets das Thema wieder wechseln.
    »Es würde mich nicht wundern, wenn es den anderen ähnlich wie mir erginge.« Freddy streute diesen Ausspruch immer wieder in die Unterhaltung ein und zählte meistens die Namen einiger Freunde auf: »Laura. Manny und Herbie. Heinz! Toni und Trude, und Markus und Ingrid. Conny! … Und wie sie alle heißen. Keiner von ihnen würde den anderen im Stich lassen. Da bin ich fast sicher.«
    »Was wohl aus ihnen geworden ist?« fragte ich und ließ die Gesichter meiner Erinnerung Revue passieren.
    Da klopfte es an der Tür. Das Geräusch ließ uns alle drei zusammenfahren, und wir standen wie versteinert da und konnten uns nicht rühren. Die Tür ging langsam auf, und Conny trat zögernd durch sie, kahlköpfig wie Sandra und Freddy. Er lächelte zaghaft und unsicher.
    »Was ist das für eine Art, einen alten Freund einfach vor der Tür stehen zu lassen«, sagte er mit gespieltem Vorwurf.
    Darauf tranken wir. Ich holte einige Flaschen Wein aus dem Keller, die ich von einem meiner Streifzüge mitgebracht hatte, und wir becherten uns durch die Nacht, redeten über die alten Zeiten und versicherten uns gegenseitig, daß wir uns nie mehr trennen würden.
    »Aber ich bestehe darauf, daß wir auf der Erde zusammenbleiben«, erklärte ich.
    »Pfeif auf Prana!«
    Wir grölten es danach im Chor.
    Als ich am nächsten Morgen mit einem Kater erwachte, waren wir bereits zu sechst. Laura und Markus waren zu uns gestoßen. Ich zermarterte mir das Gehirn, konnte mich aber an ihr Eintreffen nicht erinnern. Es war auch egal,

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