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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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zusammenschweißten. Wenn es so war, dann hatte ich Macht über sie. Die anderen standen im Hintergrund, sie schoben Sandra vor. Sie erschienen mir auf eine nicht genau zu erklärende Art und Weise verändert.
    »Es geschieht wirklich alles nur zu deinem Besten«, behauptete Sandra. »Ich kenne alle deine Wünsche, auch die unbewußten, und weiß, was du brauchst. Deshalb habe ich alle deine Freunde zu dir gebracht. Aber jetzt, Marty …«
    Sie verstummte mit schmerzverzerrtem Gesicht. Sie sank mit zuckendem Körper in sich zusammen und erbrach. Die Wehen! Sie kamen zu früh. In mir krampfte sich alles zusammen, als ich die Möglichkeit einer Fehlgeburt erwog. Und weit und breit keine ärztliche Hilfe. Ich hatte plötzlich eine animalische Angst um unser beider Kind – um dich, Sandra! Damals hoffte ich doch noch, daß unser Kind Adam oder Eva sein würde.
    »Kann ihr denn keiner helfen!« herrschte ich die verschwimmenden Gestalten im Hintergrund an. Sie gaben keine Antwort.
    »Marty …« Sandra gurgelte meinen Namen mit Erbrochenem heraus. Ihr Gesicht war auf einmal aufgedunsen, und es war das Gesicht einer Fremden.
    Nichtsdestotrotz beugte ich mich über sie und versuchte, sie hochzuheben. Sie war mir zu schwer.
    »So helfe mir doch einer!« rief ich und blickte flehend zu den Freunden.
    Aber sie waren nicht mehr da. Sie hatten sich scheinbar wie auf Knopfdruck in Nichts aufgelöst. Conny, Manny, Ingrid und Laura und Toni und alle anderen – weg!
    Nein. Ihr dürft nicht gehen. Bleibt hier, ich ertrage das Alleinsein nicht. Ich weiß nicht, ob ich es schrie, oder ob ich es bloß dachte. Ich war ganz konfus, zu keiner sinnvollen Handlung fähig. Ich zerrte an Sandra mit dem fremden Gesicht und schüttelte sie.
    »Du hast sie verjagt!« schrie ich sie an. »Du mußt sie zurückrufen. Ich brauche Menschen.«
    Sie schüttelte kraftlos den Kopf, wollte offenbar etwas sagen, aber über ihre zuckenden Lippen kam nur Speichel.
    »Bitte, Sandra, bitte!«
    »Ich bin nicht Sandra!« kam es kaum verständlich aus ihr. Das war für mich ein Schlag ins Gesicht, und ich schlug zurück. Aber schon im selben Moment verspürte ich Reue, und ich küßte und streichelte sie. Nur war ich keiner Zärtlichkeit mehr fähig, und was ich tat, das tat ich mit geradezu brutalem Ungestüm und animalischer Wildheit. Alles Ausdruck meiner Hilflosigkeit und Angst – der Angst, daß meine Freunde für immer fortgehen könnten. Daß sie nach drüben abwandern könnten.
    Ich bin nicht Sandra! Ich hörte es, konnte es jedoch nicht akzeptieren. Sie sprach weiter, aber ich verstand gar nicht so recht, was sie mir zu erklären versuchte, weil ich es vermutlich gar nicht hören wollte. Die Wahrheit war zu schrecklich, denn letztlich bedeutete sie, daß ich zum Alleinsein verdammt war. Du zählst ja nicht, Sandra, du hast kein Prana.
    »Ich bin eine von vielen Missionarinnen, Marty«, hörte ich die Fremde sagen, die nun nicht einmal mehr Sandras Stimme hatte. »Ich bin eine Unbekannte für dich, wir haben uns vorher noch nie gesehen. Erst als ich hierherkam, deine Gedanken las und daraus erfuhr, wonach du dich sehnst, gab ich dir die Illusion, deine Sandra zu sein. Und als ich merkte, daß dir Sandra nicht mehr genügte, erschuf ich deine Freunde einen nach dem andern für dich. Sie waren allesamt keine Menschen aus Fleisch und Blut, sondern nur Gedankenprojektionen, die ich nach deinen Vorstellungen erschuf …«
    »Sandra, bring sie zurück. Mir ist egal, was sie sind oder nicht. Nur hole sie her.«
    »Das geht nicht mehr. Ich habe nicht mehr die Kraft, denn mein Prana ist erloschen. Ich wollte dir die Illusion nicht rauben und hätte sie für dich bis an dein Lebensende aufrechterhalten, aber …«
    Sie wand sich unter Krämpfen.
    »Und das Kind?« wollte ich wissen. »Ist das auch nicht wahr? Ist dein Leib nur ein aufgeblasener Luftballon?«
    »Das Kind ist echt«, brachte sie kaum verständlich hervor. »Und es ist schuld, daß ich die Illusion nicht mehr aufrecht erhalten konnte. Es entzieht mir den letzten Rest von Energie, und es wird leben, selbst wenn ich …«
    »Es war für mich nicht mehr anzuhören. Ich verschloß ihr den Mund, damit sie nicht weitersprechen konnte. Ich wollte ihre Beichte nicht hören. Kein Wort davon. Sie war nicht Sandra, und ich wollte ihren richtigen Namen nicht erfahren. Gleichzeitig hoffte ich, daß sie sich in Luft auflösen würde, wie die ganze scheinheilige, trügerische Bande. Aber den Gefallen tat sie mir

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