Gilde der Jäger 01 - Engelskuss
einfach nur eine Frau und er ein Mann. Aber wie alles Schöne ging auch dieser Augenblick vorüber. »Was war denn dafür erforderlich?«
»Wir können es nicht steuern, auch wenn Engel es seit Jahrtausenden versucht haben.« Diese unglaublich überirdischen Augen hatten sie vollkommen in Bann geschlagen. »Der einzige Moment, in dem ein Engel einen anderen erschaffen kann, ist der, wenn wir eine Flüssigkeit produzieren, die als Ambrosia bekannt ist.«
Eine Momentaufnahme aus ihrer Erinnerung– die goldene Hitze seines Kusses, die köstliche Süße, voller Sinnlichkeit, ein Geschmack, in dem Lust und Liebe miteinander verschmolzen und eins wurden. »Die legendäre Speise der Götter?«
»In jeder Legende steckt ein Körnchen Wahrheit.«
Sie konnte nicht anders, sie musste ihn einfach küssen. Er schmeckte so himmlisch, dass ihr der Kuss wie eine Welle durch den Körper lief. Schließlich hörte er auf, sie zu küssen.
Du warst sehr schwer verletzt, Elena.
Die Schmerzen in ihrem Leib bestätigten die Wahrheit seiner Worte. Aber deshalb musste sie ihr noch lange nicht gefallen. »Dann erzähl mir noch etwas mehr über Ambrosia.« Eine missmutig vorgebrachte Bitte.
»Ambrosia«, sagte er dicht an ihrem Mund, »wird nur in einem bestimmten Moment im Leben eines Erzengels freigesetzt.«
Bilder von zerfetzten Flügeln, das Brennen des Himmlischen Feuers drängten sich in ihre Gedanken. »Todesnähe?« Zärtlich berührte sie ihn, betastete ihn forschend, um sicher zu sein, dass er auch wirklich lebendig war.
»Wir haben dem Tod schon alle mehr als einmal ins Auge geblickt.« Er schüttelte den Kopf. »Bislang hat niemand herausfinden können, was wirklich der Auslöser ist.«
»Aber?«
»Aber der Legende zufolge entsteht Ambrosia nur, wenn…«
Sie hielt den Atem an.
»… ein Erzengel aufrichtig liebt.«
Die Welt hörte auf, sich zu drehen. Über ihr schienen die Staubpartikel in der Luft stillzustehen, die Moleküle zu erstarren, während sie den herrlichen Mann anstaunte, der sie in den Armen hielt. »Vielleicht waren wir nur biologisch gut kompatibel.« Ihre Worte waren bloß ein heiseres Flüstern gewesen.
»Vielleicht.« Weiche Lippen berührten ihren Hals. »Uns bleibt eine Ewigkeit, das herauszufinden. Und in dieser Ewigkeit gehörst du mir allein.«
Sie fuhr ihm mit den Händen durchs Haar, spürte mächtige Hitzewellen durch ihren Körper rollen. Aber noch konnte sie sich ihm nicht hingeben. Nicht, bevor sie eine Sache klargestellt hatte. »Einverstanden– aber nur solange du dir nicht einbildest, das gäbe dir das Recht, über mein Leben zu bestimmen.«
Als sie sich zurücklehnte, beugte er sich über sie. »Und warum nicht?«
Verblüfft über seine arrogante Frage wurde ihr klar, dass ihr Leben auf einmal viel interessanter geworden war. Einen Erzengel zu jagen war eine Sache, aber mit einem Erzengel in den Himmel zu tanzen, ohne sich dabei selbst aufzugeben, eine ganz andere. Freudige Erregung erfüllte sie. »Das wird eine außergewöhnliche Reise, Erzengel.«
Epilog
Elena stellte sich vor, wie sie durch Saras Fenster fliegen und ihre beste Freundin zu Tode erschrecken würde, aber dann wurde ihr bewusst, dass sie zwar wach war, die Sache mit der Bewegung aber nicht so einfach sein würde. Deshalb lag sie auch immer noch im Bett, als Sara mit verbundenen Augen zu ihr in die Zufluchtsstätte geführt wurde.
Kurz nach seiner eigenen Genesung hatte Raphael sie in seine Fluchtburg bringen lassen, und es war ihm gelungen, ihre Anwesenheit geheim zu halten. Nur seine Sieben und vertrauenswürdige Heiler und Ärzte kannten ihren Aufenthaltsort. Dennoch hatte er keine Einwände dagegen gehabt, als sie Sara sehen wollte.
Mit verschränkten Armen und hocherhobenen Hauptes ließ sich ihre Freundin von Dmitri durch das Zimmer führen; Dmitri hatte sichtlich seine perverse Freude daran, Elena mit seinem Duft zu umgarnen, jetzt, da sie noch zu schwach war, um sich wehren zu können. Zur allgemeinen Überraschung hatte sie trotz ihrer Verwandlung sowohl ihre Gabe als Jägerin als auch ihre menschlichen Seiten behalten.
Sie und Raphael »diskutierten« fortwährend über ihre Rolle als Jägerin der Gilde.
Wie flüssige Seide streichelte Dmitris Duft über ihre Haut, lockend und verführerisch. Mit einem bösen Seitenblick auf ihn rieb sich Elena die Arme und wollte gerade eine Bemerkung machen, als Sara die Nerven verlor. »Ich weiß nicht, was Ihr Boss sich von meiner Entführung verspricht. Den
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