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Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Titel: Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das heilige Feuer
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bleiben? Oder würde er mich am Ende verraten, um sich zu retten?
    »Komm schon, beeil dich«, murmelte ich leise dem Zug zu. Ich musste nach Wyldcliffe. Ich musste die Wahrheit erfahren.

Drei

    Aus den persönlichen Unterlagen
von Sebastian James Fairfax
     
    Weil ich dich liebe, musste ich dir die Wahrheit sagen.
    Jetzt weißt du alles, Evie. Du weißt, dass dies meine Schwächen waren: Gier, Ehrgeiz, Selbstsüchtigkeit, Wahnsinn, Zerstörungskraft.
    Ich wollte niemandem etwas Böses tun. Ich wollte wie ein großer Forscher durch die Welt reisen, in die Nähe der Sonne fliegen, in Gedanken und Zeit und Raum schweben.
    Ich wollte für immer leben.
    Jetzt ist mein Grab leer, und ich finde niemals mehr Ruhe. Dies ist die unentrinnbare Tatsache, die schreckliche Wahrheit. Dies ist meine Wirklichkeit.
    Aber es gibt noch eine andere Wahrheit, selbst hier in der Dunkelheit. Diese Erinnerung ist wahr. Ich muss mich an sie klammern und darf sie nie mehr loslassen.
    Folgendes ist geschehen. Ich war in der Krypta unter der Ruine bei Wyldcliffe. Du warst auch da – ich habe deine hellen Haare und dein blasses Gesicht gesehen — und da waren Frauen, die nach deinem Blut verlangten und vor Angst und Hass schrien. Der Hexenzirkel. Die
Schwestern der Dunkelheit. Sie haben versucht, dich zu verletzen und mich gegen dich aufzuhetzen. Du hat─ test Angst. Und dann, trotz meiner eigenen Angst und meines eigenen Verlangens, erinnerte ich mich an etwas. Ich erinnerte mich daran, dass ich dich liebte.
    Ich habe dich angerufen, mein Mädchen vom Meer. Ich habe dir zugerufen, dass ich dich liebe. Ich erinnere mich noch so deutlich daran.
    Du warst verwandelt, wie ein Engel. Du hast deine Kräfte gegen die Oberste Mistress und ihre Frauen be─ schworen. Ich sah, wie sich das Wasser erhob; ich sah eine Vision von Agnes. Ich erinnere mich daran, dass du mir so nahe warst, und ich wollte dich so sehr, und dann warst du weg. Dann gab es nur noch Dunkelheit und Schmerz, und ich zwang mich, zu diesem Versteck zu kriechen.
    Hier, in diesem geheimen Winkel, bin ich von den zerrissenen Überresten meiner früheren Studien umgeben. Ich brauche weder Essen noch Gesellschaft, weder Licht noch Wärme. Ich habe einen Stift und Tusche und meine Erinnerungen an dich. Ich kritzle diese Worte auf Papier, weil ich versuchen muss, dich irgendwie zu er─ reichen.
    Denn weil ich dich liebe, muss ich dir die Wahrheit sagen.
    Ich verlasse diese Welt, Evie.
    Schon bald werde ich meine Augen schließen und nicht mehr in deinen Armen aufwachen, sondern in ewiger Nacht. Und danach wird es kein Erwachen mehr aus dem tiefsten, dunkelsten Traum geben.

Vier

    I ch erwachte plötzlich aus einem tiefen Traum. Jemand redete mit mir.
    »Äh, entschuldige – fährst du nach Wyldcliffe?«
    Ein Mädchen von etwa elf oder zwölf Jahren stand nervös neben meinem Sitzplatz. Sie trug die Uniform von Wyldcliffe in Dunkelgrau und Rot, die ganz neu und steif und ein bisschen zu groß für sie war. Ich hatte immer noch Jeans und Freizeitkleidung an.
    »Ich hoffe, ich habe dich nicht aufgeweckt«, sagte sie entschuldigend.
    »Nein, natürlich nicht. Ist schon okay.« Ich schüttelte den Schlaf ab. »Ich bin nur ein bisschen weggedöst. Dumm von mir.«
    »Dann fährst du also nach Wyldcliffe?« Das Mädchen deutete auf mein Gepäck, das über mir im Gepäcknetz lag. An meinem Koffer war ein Kofferanhänger befestigt; darauf stand in der entschlossenen Schrift von Dad: Abteischule Wyldcliffe .
    »Schätze, das hat mich verraten.« Ich lächelte sie an und versuchte, freundlich zu sein. »Ja, ich fahre nach Wyldcliffe.«
    »Kann ich mich zu dir setzen?« Ihre Stimme klang etwas nasal, als wäre sie ständig leicht erkältet. »Ich habe
schon im ganzen Zug nach einem anderen Mädchen gesucht, das auch nach Wyldcliffe fährt.«
    »Klar doch. Setz dich.« Ich räumte die Zeitschriften weg, die ich auf den gegenüberliegenden Platz geworfen hatte, und sie setzte sich. »Ist das hier dein erster Term ?«
    »Ich hätte eigentlich im September anfangen sollen, aber ich war krank«, sagte das Mädchen und schien so etwas wie Aufregung zu unterdrücken — oder war es Furcht? Sie war dunkel und dünn und hatte einen ungesunden Teint und matte, schwarze Augen, die sich auf mein Gesicht zu heften schienen. »Gefällt es dir in Wyldcliffe? «
    Ich zögerte. Ich hatte nicht vor, ihr zu erzählen, was ich tatsächlich von Wyldcliffe hielt, oder was ich wirklich über diesen Ort wusste. »Das

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