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Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Titel: Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das heilige Feuer
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Immer mit der Vergangenheit beschäftigt. «
    »Nun ja, Miss Scratton ist Geschichtslehrerin, also ist das wohl normal.«
    Die Vergangenheit. Ich kann vor der Vergangenheit nicht weglaufen, wo immer ich auch hingehe ... Sebastian hatte das gesagt, und jetzt galt das auch für mich.
    »Wie sind die anderen Lehrerinnen?«, fragte das Mädchen nervös. »Alle so wie sie?«
    Vor meinem inneren Auge blitzten die Gesichter der Wyldcliffe-Lehrerinnen auf, oder besser der Mistresses. Ich ließ das Buch in meinen Schoß sinken. Viele waren um einiges seltsamer als Miss Scratton. Miss Dalrymple zum Beispiel, die dickliche Geographie-Lehrerin mit ihren hellblonden Locken und dem mädchenhaften Lachen. Oder Miss Raglan, steif und unbeholfen und verärgert, die Mathematik unterrichtete. Diese beiden hielt nicht die Liebe zum Unterrichten in Wyldcliffe, dessen war ich mir sicher.
    »Nun, sie neigen dazu, streng zu sein«, sagte ich. »In Wyldcliffe gibt es viele Regeln, deshalb musst du vorsichtig sein, sonst endest du mit einem Haufen Verwarnungen und Nachsitzerei.«

    Das Mädchen kramte in ihrer Tasche herum und zog ein verblasstes Buch heraus. »Hast du das schon mal gesehen? «
    Mein Herz pochte, als ich es erkannte. Natürlich hatte ich es schon gesehen. Ich hatte jedes Wort verschlungen, das in diesem Buch stand, hundertmal, und nach Hinweisen gesucht, nach der Wahrheit …
    »Ja, ich glaube schon«, sagte ich ausweichend und nahm es ihr aus der Hand. Der Titel stand in goldenen Buchstaben auf dem blauen Umschlag: Eine kurze Geschichte der Abteischule Wyldcliffe von Rev. A.J. Flowerdew . »Es gibt ein Exemplar in der Schulbibliothek«, sagte ich. »Woher hast du das?«
    »Ich habe doch gesagt, dass meine Mutter früher auf der Schule war. Sie interessiert sich für all diesen Kram, und ich habe tonnenweise Zeug über Wyldcliffe gelesen.« Das Mädchen riss mir das Buch wieder aus der Hand und blätterte darin, als suchte sie nach etwas. »Hast du dieses Bild gesehen? Weißt du, wer das ist ?«
    Während ich auf die Seite hinunterblickte, schien mir das Herz in der Brust zu zerspringen. Ja, ich wusste, wer das war.
    »Es ist Lady Agnes Templeton«, fuhr das Mädchen fort. »Ihrer Familie hat die Abtei gehört, bevor eine Schule daraus wurde. Hier heißt es, dass Lady Agnes bei einem Reitunfall ums Leben gekommen wäre.« Sie sah auf und fügte wie im Vertrauen hinzu: »Aber das ist nicht wahr. Sie ist weggelaufen.«
    »Was?« Ich starrte sie an, vollkommen verblüfft.
    »Ich weiß nur, dass sie nach London weggelaufen ist und dass es nicht ihre Eltern waren, die sich auf die Suche
nach ihr gemacht haben. Es war ein junger Nachbar von ihr, ein ferner Verwandter. Hast du schon mal von ihm gehört? Er hieß Sebastian Fairfax.«
    »Ähm … Nein«, log ich. Aber in meinem Kopf raste das Blut. Sebastian ... Sebastian ... Sebastian ... Ich blendete die Stimme des Mädchens aus und stürzte mich in meine eigene, persönliche Welt.
    Genau jetzt, in diesem Moment, war Sebastian im Begriff zu verblassen. Der angsterregende, übernatürliche Prozess hatte bereits im letzten Term begonnen. Ich erinnerte mich an sein blasses Gesicht, seine geschwächte Stimme, seine geröteten Augen, und sein Entsetzen bei der Vorstellung, dass er sich in einen dämonischen Geist verwandelte. Sekunde um Sekunde, Tropfen für Tropfen, versickerte Sebastians Existenz in der Schattenwelt. Die Zeit lief uns davon. Vielleicht war es schon passiert. Vielleicht würde ich bei meiner Rückkehr nach Wyldcliffe feststellen, dass er diese Welt bereits verlassen hatte und in die Dunkelheit verschwunden war.
    Ich wollte das nicht glauben. Ich wollte nicht, dass es geschah.
    Es gab einen Ausweg aus diesem Alptraum, und ich würde dafür sorgen, dass wir ihn fanden. Irgendwie, das hatte ich mir geschworen, würde ich jedes Geheimnis des Talismans meistern, den Agnes mir vermacht hatte, und Sebastians Schicksal in meine Hände nehmen. Ich würde nicht zulassen, dass er meinetwegen in ein qualvolles Dasein verblasste. Ich musste ihn finden, bevor es zu spät war. Der Zug ratterte, und es klang wie ein nie endendes, knirschendes Lied: Komm zurück ... zu spät ... komm zurück ... zu spät ... zu spät ...

    »Sebastian Fairfax war verrückt.« Das Mädchen beugte sich näher zu mir und berührte meinen Arm, um meine Aufmerksamkeit zu erlangen. »Es heißt, dass Wyldcliffe seinetwegen verflucht ist.«
    Ich zuckte von ihrer Berührung zurück, plötzlich richtig wütend.

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