GK0057 - Die Bräute des Vampirs
Pennern und Herumtreibern als Notunterkunft gedient.
Bis Dr. Barow auf das Haus aufmerksam geworden war. Er hatte es gekauft und für seine finsteren Zwecke umbauen lassen. Aber auch dies lag schon drei Jahre zurück.
Genau die Zeit, die Barow brauchte, um all seine Vorbereitungen zu treffen. Im Keller hatte er sich ein modernes Labor eingerichtet, in dem er seinen teuflischen Forschungen nachging. Der verwilderte Garten war durch eine elektrische Alarmanlage gesichert, die unliebsame Gäste fernhielt.
Niemand störte sich an Dr. Barow. Die Bauern, deren Gehöfte in einigen Meilen Umkreis lagen, bekamen den Wissenschaftler kaum zu Gesicht. Sie wußten eigentlich nur, daß er einen schwarzen Mercedes fuhr.
Dr. Barow war dies nur recht. So konnte er ungestört seinen Arbeiten nachgehen, deren Erfolg sich auch bald einstellte.
***
Seit dem Tag, da er die Kiste aus Ungarn geholt hatte, hatte er das Haus nicht mehr verlassen. Sein Lebensmittelvorrat reichte für Monate, und die Dinge, die er für seine Versuche brauchte, hatte er sich auch längst besorgt.
Dr. Barow experimentierte Tag und Nacht. In seiner Hexenküche wurde die Erde genau untersucht. Die Ergebnisse ausgewertet, verglichen und in lange Tabellen eingetragen.
Die Zeit verging.
Und dann hatte es Dr. Barow geschafft. In einem Erlenmeyerkolben schwappte die dunkelrote Mixtur.
Eine Mischung aus Erde und seinem Blut!
Mit fanatisch glänzenden Augen blickte sich Dr. Barow in seinem Labor um. Sein Blick streifte die Apparaturen, die Meßgeräte und Chemikalien, und er wußte, daß er mit Hilfe der Wissenschaft den Vampirismus wieder zum Leben erwecken würde.
Dr. Barow umfaßte den Erlenmeyerkolben mit beiden Händen, so, als hätte er Angst, ihn fallen zu lassen.
Vorsichtig stieg er über die Steintreppe nach oben. Er ging in seinen Wohnraum, der mit alten Möbeln ausgestattet war, und in dem auch ein großer Wandspiegel hing.
Vor diesem Spiegel blieb Dr. Barow stehen. Minutenlang betrachtete er sich. Er sah einen Mann um die 50. Groß, hager, mit schwarzen, nach hinten gekämmten Haaren. Die Augen wirkten wie dunkle Krater und lagen tief in den Höhlen. Die Wangenknochen stachen scharf hervor, was auf slawische Abstammung schließen ließ.
»Wie Dracula!« flüsterte Dr. Barow.
Langsam hob er den Erlenmeyerkolben und setzte ihn an die Lippen.
Die dunkelrote Flüssigkeit lief in den schmalen Hals des Gefäßes, rann in Dr. Barows Mund…
Der Mann spürte den süßen Geschmack seines eigenen Blutes auf der Zunge, vermischt mit den geheimnisvollen Kräutern, die dem Trank beigemixt worden waren.
Die sirupdicke Flüssigkeit rann in seine Kehle und von dort weiter in den Magen.
Geheimnisvolle Kräfte begannen zu wirken, vermischten sich mit dem Blut in Dr. Barows Adern und ließen Puls- und Herzschlag rasend in die Höhe schießen.
Dr. Barow stöhnte auf. Er fühlte, wie ihm schwindlig wurde. Unartikulierte Laute drangen aus seiner Kehle.
Die Hände des Mannes verkrampften sich, ein Schüttelfrost drang durch seinen Körper, das Zimmer tanzte plötzlich vor seinen Augen, und Sekunden später brach Dr. Barow zusammen.
Irgendwann wurde er wach.
In seinem Schädel lastete ein ungeheurer Druck. Dr. Barow fühlte sich schwach und elend, doch mit jeder Sekunde besserte sich sein Zustand. Das Neue, das Unfaßbare in ihm begann die Oberhand zu gewinnen.
Dr. Barow richtete sich auf. Er befand sich noch immer vor dem Spiegel, und er fühlte plötzlich, daß sich sein Oberkiefer seltsam gespannt und hart anfühlte. Dr. Barow warf einen Blick in den Spiegel und erschrak bis ins Mark. Er sah sein Ebenbild nicht mehr.
Das Unmögliche war geschehen. Dr. Barow war zu einem Vampir geworden!
***
Boris Barow lächelte. Dabei entblößte er seine Zahnreihen, so daß die beiden spitzen Vampirzähne überdeutlich zum Vorschein kamen.
Ja, er war ein Vampir. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Und er brauchte Blut. Das Blut von jungen Mädchen, um weiter existieren zu können. In seinem Keller hatte er alles vorbereitet. Särge standen dort, in denen seine Opfer tagsüber schlafen sollten. In einer Dunkelheit, die nie von einem Sonnenstrahl durchbrochen wurde.
Aber nachts würden sie auf Jagd nach neuen Opfern gehen.
Mit auf dem Rücken gefalteten Händen ging Dr. Barow durch sein Haus. Die Einrichtung war alt und kostbar. Dicke Teppiche bedeckten den Boden. Seltsam gedrehte Kerzen, die in schweren silbernen Leuchtern steckten, brachten die nötige Helligkeit.
Weitere Kostenlose Bücher