GK206 - Der schwarze Golem
kommt Gina zu mir – falls es ihr schon wieder besser geht. Wenn nicht, werde ich einen netten Abend mit Loretta verbringen, und übermorgen wird mir Arlene mal wieder ihre Gunst schenken. Und du wirst gefälligst warten, bis ich wieder Lust auf dich habe!«
Jenny Cobras Züge versteinerten.
Alec Messer hatte nicht die leiseste Ahnung, was für ein schreckliches Unheil er mit diesen Worten soeben heraufbeschwor…
***
Ich hatte nicht die geringste Lust, mich in die Angelegenheiten von Agenten einzumischen. Das Pflaster war mir offen gestanden etwas zu heiß. Da schlug ich mich noch lieber mit den Ausgeburten der Hölle herum, denn auf diesem Sektor fühlte ich mich sattelfest.
Als ich mit meinem leichten Gepäck die Flughafenhalle des Tel Aviv-Airports betrat, hörte ich eine sympathische Mädchenstimme sagen: »Mr. Anthony Ballard! Mr. Anthony Ballard! Sie werden am Informationsschalter erwartet!«
Ich ließ ein paar Leute, die es eilig hatten, an mir vorbei und suchte dann den bewußten Schalter, wo ich tatsächlich von jemandem erwartet wurde: Tucker Peckinpah, wie er leibte und lebte. Der Industrielle – er war sechzig Jahre alt – sah aus, als hätte er eine Frischzellenkur hinter sich. Sein rundliches Gesicht war von der Sonne gebräunt. In seinem Mund steckte die unvermeidliche Zigarre.
Ich drehte ein Lakritzbonbon aus dem Papier und schob es mir zwischen die Zähne.
Grinsend sagte ich: »Hallo, Partner.«
Peckinpah strich sich über das schüttere Haar. »Hallo, Tony. Hatten Sie einen guten Flug?«
»Ich hatte vor allem eine verdammt nette Stewardeß«, sagte ich augenzwinkernd.
»Ich freue mich, daß Sie so schnell gekommen sind.«
Ich zuckte betont gleichgültig die Schultern. »Vielleicht bin ich auch schnell wieder weg.«
»Wie war’s in Amsterdam?«
»Kurz«, gab ich pulvertrocken zurück, denn das war die reine Wahrheit.
Peckinpah wollte mir mein Gepäck abnehmen. Ich schüttelte den Kopf. »So weit kommt es noch, daß ich mich von Ihnen bedienen lasse.«
Wir verließen das Flughafengebäude. Draußen stand ein funkelnagelneuer Chevrolet. Die Fahrt ging durch ausgedehnte Orangenhaine. Schließlich erreichten wir den Villenvorort von Tel Aviv.
Major Moshe Noryan wohnte so feudal wie der Ministerpräsident selbst. Und sein Grundstück war auch ebenso gut abgesichert wie das des Präsidenten: Wachtposten vor dem Tor. Wachtposten im Park rund um das Haus. Von Peckinpah erfuhr ich, daß die hohe weiße Mauer, die das Grundstück einfriedete, mit mehreren raffinierten Alarmsystemen abgesichert war – und, wie könnte es anders sein, diese englischen Systeme hatte Peckinpah dem Geheimdienstchef empfohlen und verkauft.
Man nahm uns am großen schmiedeeisernen Tor gründlich in Augenschein. Wir mußten uns ausweisen, und nicht nur das. Wir mußten auch aussteigen. Man durchsuchte den Wagen – natürlich auch den Kofferraum –, entschuldigte sich für diese Maßnahmen, verwies auf die unsicheren Zeiten und ließ uns schließlich passieren.
Das, Haus des Majors war ein weißer Traum. Dagegen wirkte mein Haus in London wie eine alte Baracke.
Ich sah überall Männer herumstehen. Die meisten von ihnen waren bewaffnet. Oder besser gesagt: bei den meisten konnte ich Waffen sehen. Die anderen hatten ihre Kanonen vermutlich unter der Kleidung versteckt.
Wir schritten über weiße Marmorstufen.
Irgend jemand trug jetzt mein Gepäck. Tucker Peckinpah wohnte seit einigen Tagen in diesem wunderschönen Haus, und mein Partner eröffnete mir, daß auch ich in den nächsten Tagen hier mein Quartier haben würde.
Ich war gespannt. Was hatten Noryan und Peckinpah mit mir vor? Sollte ich eine Kastanie namens Alec Messer für sie aus dem Feuer holen? Warum ich? Warum tat das nicht einer der israelischen Agenten?
Ich sah Noryan zum erstenmal in meinem Leben. Er befand sich in seinem Arbeitszimmer. Als er um den klobigen Mahagonischreibtisch herumkam, hätte ich beinahe gebrüllt vor Lachen.
Er sah wirklich nicht aus wie der Chef eines Geheimdienstes, der den Ruf genießt, einer der besten dieser Welt zu sein. Noryan war klein und wirkte irgendwie mickrig. An seinem mageren Kinn sproß ein dünnes Bärtchen. Seine Beinchen waren kurz und krumm. Er watschelte beim Gehen, und sein Hals war so dürr, daß ich ihn mühelos hätte mit einer Hand umfassen können.
Über sein knochiges Gesicht huschte ein warmes, herzliches Lächeln. Damit verblüffte er mich, denn ein solches Lächeln hatte ich ihm nicht
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