GK217 - Die Geißel der Hölle
dieses Gebilde bestand, wer es hatte erscheinen lassen, was das Ganze überhaupt zu bedeuten hatte.
Auf einmal war da eine donnernde Stimme, die meinen Brustkorb vibrieren und das Blut in meinen Adern zu Eis erstarren ließ.
»Vergiß sie!« Das war ein scharfer Befehl. »Sie gehört dir nicht mehr!«
Der Schock würgte mich. Vicky sollte nicht mehr mir gehören. Das Mädchen, das ich abgöttisch liebte, der Inhalt meines Lebens, sollte mir entrissen werden!
Schluchzend vor seelischem Schmerz brüllte ich: »Wer bist du? Wer wagt es, mir Vicky wegzunehmen?«
Und eine donnernde Stimme aus dem dämonischen Nichts antwortete höhnisch: » Ich wage es. Ich – Zodiac!«
***
Von dem spöttischen Gelächter, das danach erschallte, bekam ich eine Gänsehaut. Ich fuhr im Bett mit einem heiseren Schrei hoch und sah mich um. Mir war, als hallte das schreckliche Gelächter in meinem Schlafzimmer noch nach. Dunkelheit umfing mich. Silbernes Mondlicht fiel zum Fenster herein und zeichnete ein schmales Rechteck auf dem Teppich.
Ich horchte in mich hinein und hörte, wie mein Blut rauschend durch die Adern pulste und wie mein Herz aufgeregt gegen die Rippen trommelte. Mein Atem ging so schnell, als wäre ich hundert Meter in Rekordzeit gelaufen.
Ich hatte bleierne Glieder, war entsetzlich müde und verstört.
Ärgerlich schüttelte ich den Kopf. Noch nie hatte mich ein Traum so furchtbar gequält. Ich drehte mich nach links und drückte auf den Knopf der Nachttischlampe. Das Licht schmerzte mich in den Augen. Ich preßte die Lider zusammen und stöhnte, während ich die Hand auf die Augen legte. So blieb ich fünf Minuten lang sitzen. Ich regte mich nicht, versuchte mich zu sammeln, und mein Geist schickte sich an, den Alptraum zu sezieren.
Was war dran an diesem gräßlichen Traum?
Wer war Zodiac?
Gab es jemanden mit diesem Namen? Wenn ja – wo?
Ich bin Privatdetektiv und habe mich vor Jahren auf übersinnliche Fälle spezialisiert, die ich ohne meinen magischen Ring vermutlich niemals hätte lösen können.
Gestern erst war ich aus dem arabischen Raum nach London zurückgekehrt. Ich hatte dort gegen einen gefährlichen schwarzen Golem gekämpft wie David gegen Goliath – und es hatte mich große Mühe gekostet, ihn zu besiegen. [1]
Allmählich gewöhnte ich mich daran, bei jedem neuen Fall, mit dem ich konfrontiert wurde, mit einem Bein im Grab zu stehen. Ich wäre aber verrückt, wenn mir das gefiele. Doch es machte mir nicht mehr so viel aus wie früher, dem Tod ins blanke Auge zu sehen.
Ich glaube, es gibt niemanden auf der ganzen Welt, der die Dämonen mehr haßt als ich. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich nicht aufhören kann, diese verdammten Ausgeburten der Hölle auf allen fünf Erdteilen zu jagen, zu stellen und zu vernichten. Ohne Rücksicht auf Verluste. Mitleidlos jenen gegenüber, die kein Mitleid verdienen, weil sie Diener des Satans sind…
Zodiac?
Ich wühlte in meinem Gedächtnis herum. Hatte ich diesen Namen schon einmal gehört? Er war mir nicht geläufig.
Ein Dämon? Mir gab es einen Stich mitten ins Herz. Wie kam ich auf die Idee, daß Zodiac ein Dämon war?
Ich gab mir darauf sofort die Antwort: Der Traum. Noch nie hatte ich so realistisch, so grauenvoll, so furchterregend geträumt. Mein Unterbewußtsein sagte mir, daß dieser Traum eine Botschaft aus dem Schattenreich war. Ich hatte einen neuen Gegner, der sich auf diese widerwärtige Weise vorgestellt hatte, und er hatte mich wissen lassen, daß er die Absicht hatte, sich an Vicky zu vergreifen.
Kaum hatte ich mir das zusammengereimt, da standen mir vor Schreck die Haare zu Berge. Ich war bereit, alle Schmach und Pein, die ein Dämonengehirn erfinden konnte, auf mich zu nehmen. Irgendwie würde ich damit schon fertig werden. Um meine Person machte ich mir keine Sorgen. Ich bin schon durch viele Höllen gegangen, und es hatte immer wieder einen Ausweg für mich gegeben…
Aber wenn sich einer an Vicky vergriff, war ich praktisch wie gelähmt, wehrlos den Kreaturen der Unterwelt ausgeliefert. Vicky Bonney war mein wunder Punkt. Man konnte mich nirgendwo schwerer verletzten, als wenn man sie verletzte.
Benommen vor Sorge sprang ich aus dem Bett. Ich verließ das Schlafzimmer und goß mir im Living-room einen dreistöckigen Drink ein. Der unverdünnte Pernod brannte auf meiner Zunge, im Hals und im Magen. Mit dem Ärmel meines weinroten Seidenpyjamas wischte ich mir den Schweiß vom Gesicht.
Vicky Bonney war Schriftstellerin.
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