GK217 - Die Geißel der Hölle
Tucker Peckinpah, mein finanzstarker Partner, hatte das Mädchen unter seine Fittiche genommen und sie in relativ kurzer Zeit zu einem Star aufgebaut. Vickys Bücher wurden in acht Sprachen übersetzt und waren in sämtlichen Bestsellerlisten vertreten, wo sie sich als sogenannte Dauerbrenner entpuppten. Den Leuten gefiel, was Vicky schrieb, und Tucker Peckinpahs neu gegründeter Verlag machte eine Menge Geld mit Lizenzvergaben und dem Verkauf der Filmrechte.
Hollywood hatte Vicky entdeckt und wollte nun einen ihrer besten Romane auf die Leinwand bringen. Sie hatte das Drehbuch geschrieben und war vor ein paar Tagen mit Mr. Silver, meinem Freund und Kampfgefährten, nach Amerika abgeflogen, um bei der Realisierung dieses Monsterprojekts von Anfang an dabeizusein.
Sie war also nicht in London.
Und trotzdem war sie mir vor wenigen Minuten so nahe gewesen, als hätte sie sich in unserem gemeinsamen Haus befunden.
Der Alptraum – eine Ankündigung eines überheblichen Dämons, dessen Name Zodiac war.
Ich trank wieder von meinem Pernod, trat ans Fenster und blickte zum Nachbarhaus hinüber, in dem mein Freund Lance Selby, ein Parapsychologe, wohnte. Bei ihm brannte noch Licht. Ob ich hinübergehen und mit ihm über meinen quälenden Traum sprechen sollte? Ich war zu faul, um mich anzukleiden, deshalb verwarf ich die Idee wieder. Noch einen Schluck, dann stellte ich das leere Glas weg. Mir war klar, daß ich die erhaltene Botschaft nicht ignorieren durfte. Ich schielte zum Telefon hinüber. Einen Augenblick später drehte ich bereits die Wählscheibe, und wenige Sekunden danach war ich mit jenem Hotel in Beverly Hills verbunden, in dem Vicky und Mr. Silver eine Suite bewohnten.
»Miß Vicky Bonney, bitte«, sagte ich hastig. Ich konnte es kaum mehr erwarten, ihre Stimme zu hören.
»Tut mir leid, Miß Bonney ist zur Zeit nicht im Hotel«, sagte der Mann, mit dem ich sprach. Ich war maßlos enttäuscht.
»Kann ich dann vielleicht Mr. Silver haben?«
»Darf ich Sie zuerst um Ihren Namen bitten?«
»Ballard«, sagte ich voll brennender Ungeduld. »Anthony Ballard.«
»Ah, Mr. Ballard«, rief der Mann in Beverly Hills erfreut aus. Dabei kannte ich ihn überhaupt nicht.
»Hören Sie, ich hab’s eilig…«, knurrte ich verdrossen.
»Miß Bonney und Mr. Silver sind vor zwei Tagen mit dem gesamten Filmstab nach Mexiko abgereist…«
Ich fiel dem Mann irritiert ins Wort:
»Nach Mexiko? Ich dachte, der Film entsteht in Hollywood?«
»Nur, was im Studio produziert wird. Die Außenaufnahmen werden in einer Geisterstadt im mexikanischen Hochland gekurbelt.«
Mir strich etwas eiskalt über den Nacken. »In einer was ?«
»In einer Geisterstadt«, sagte der Mann, und ich war sicher, daß er im Moment von Ohr zu Ohr grinste. Er nannte mir den Ort mit Namen – das war ungefähr hundert Kilometer nördlich von Chihuahua –, und er bestellte mir, was Vicky ihm vor ihrer Abreise aufgetragen hatte. Auf diese Weise erfuhr ich, daß man in der steinigen mexikanischen Wildnis dafür gesorgt hatte, daß ein gewisser Kontakt zur Zivilisation vorhanden blieb: Das Filmteam war über Funktelefon zu erreichen. Ich bekam die Nummer, dankte, drückte die Gabel nieder und wählte die Nummer, aber es kam keine Verbindung zustande.
Wütend und beunruhigt schleuderte ich den Hörer in die Gabel.
Besorgt dachte ich an Vicky.
Und als mir der Name Zodiac wieder in den Sinn kam, spürte ich deutlich, wie sich mein Magen langsam umdrehte…
***
Es war heiß.
Die mexikanische Sonne brachte Virgil Todds Hirn unter dem hellen, breitkrempigen Stetson zum Kochen. Er saß ächzend in dem Chevrolet, den er in Los Mochis gemietet hatte. Man hatte ihm die Fahrt durch die Barranca del Cobre – die Kupferschlucht – empfohlen, und er hatte sie gemacht. Entlang der Eisenbahnlinie war er gefahren. Durch eine wild zerklüftete Landschaft, in der ihm kaum ein Mensch begegnet war. Auf halbem Weg war dann die Klimaanlage des Wagens ausgefallen, und nun hatte Todd das Gefühl, sich langsam in Schweiß aufzulösen.
Todd war Stuntman, und er war zu jener Geisterstadt unterwegs, in der er auf das Filmteam aus Hollywood stoßen sollte.
Er warf einen Blick auf die Benzinuhr.
Es war mal wieder an der Zeit, Sprit nachzufüllen, doch wie es im Augenblick aussah, würde in dieser verdammten öden Gegend wohl kaum mehr eine Tankstelle zu finden sein.
Todd fuhr mit größtmöglichem Gefühl, damit der Chevrolet nicht zuviel Treibstoff schluckte. Nun brach
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