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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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Kaukasus während des Urlaubs. Jetzt also Kündigung statt Kaukasus.
    Am Ende hatte es an einem Glas Marmelade gelegen. Orangenmarmelade. Aus England. Duty free. »Ich weiß doch, dass Sie so gerne Marmelade essen«, hatte er gesagt, und man hätte das nett finden können – ein Chef, der seiner daheimgebliebenen Sekretärin ein Mitbringsel hinstellt, zuletzt die Lucky Cat mit dem blöden winkenden Ärmchen aus Taipeh. Sah sie so aus, als könne man ihr so etwas schenken? Sie hatte dieses Mal nicht »Gute Reise« auf den Umschlag mit den Devisen geschrieben, auf die Geldscheine lediglich mit letzter Kraft ein Post-it geklebt: »Do not return the coins please«. DO NOT RETURN in Großbuchstaben. Wenn es Winter gewesen wäre in England, hätte sie ihm ein Auto ohne Winterreifen gebucht. So weit war es gekommen. Und jetzt Marmelade als Dankeschön. Nichts weiter als ein in Geliermittel verpacktes Ablenkungsmanöver von den eigentlichen Führungsschwächen, fand sie. Sie hatte das Glas genommen und es in den Papierkorb gedonnert.
    Ihr Chef hatte sich als »frischen Wind« gesehen, und tatsächlichhatte sie ihn eher als Luftzug erlebt, da er selten fünf Minuten an einer Stelle geblieben war. Gefolgschaft war wahrlich eine hohe Kunst, aber mit ihm hatte sie an Selbstverleugnung gegrenzt. Am Ende war sie auch nicht mehr nahe dran gewesen an seinen Wutanfällen, spontanen Ideen und Service-Attacken. Sie hatte sich irgendwann räumlich emanzipiert, mit drei Kolleginnen im Großraumbüro, im »Open Space«.
    Als sie ihm den Umschlag mit der Kündigung auf den Tisch gelegt hatte, war sie unsicher geworden, hatte keinerlei Vorstellung davon gehabt, was in einer solchen Situation von ihm zu erwarten war. Verwunderung, gar das Bemühen, sie umzustimmen? Trauer oder nur ein leises, versöhnendes Bereuen? Sie war ihm in den zwei Jahren seit seiner Ankunft nahegekommen – räumlich, organisatorisch, in beruflichen wie privaten Belangen, mitdenkend, als rechte Hand.
    Er hatte dann das Kuvert geöffnet und gesagt: »Och. Wie schade. Ich werde Sie vermissen und wünsche Ihnen viel Glück auf Ihrem weiteren beruflichen und privaten Lebensweg. Schauen Sie mal wieder auf einen Kaffee vorbei, wenn Sie in der Nähe sind.«
    Da war es 16.15 Uhr gewesen auf der Digitalanzeige.
    Raum »Camus« war schlecht ausgeschildert. Löhring hasste es, so zu wirken, als sei er auf der Suche, als stolpere er orientierungslos vor sich hin, wie auf diesen neuen Bahnhöfen in den neuen Bundesländern. Die Sonne stand mittlerweile auch verdammt tief, sie blendete in all diesen Räumen, und als er schließlich »Camus« gefunden und betreten hatte, kippte er erst einmal die Jalousien. Nix mehr mit Gipfelblick. Und es fehlte noch, dass einem vor lauter Blinzelei irgendwann das Wasser in die Augen schoss.
    Zu diesem ersten Anamnesegespräch mit seinem Personal Coach hatte er sich für ein klassisches dunkelblaues Jackett entschieden, darunter offenes weißes Hemd zu Jeans, also casual mit einem Hauch stringenter Eleganz. Der Coach war schließlich derGrund seines Aufenthalts hier, hatte angeblich beste Referenzen in der Szene. Wenigstens das. Löhring ging zum Fenster, zog eine der Jalousien ganz hoch und versuchte statt des Berges sich selbst in der Glasscheibe zu betrachten. Er sah sich nicht. Also bückte er sich und bewegte den Kopf vor dem Glas hin und her – da, wo die Kiefernwälder anfingen, wo es dunkler wurde, weiter unten, ging es dann recht gut: Er fasste sich ins Haar, überprüfte den Seitenscheitel, den Sitz der dezenten Brille, weiter unten den Hemdkragen, groß und mit Wäschestärke gebügelt, wie die Tragflächen eines abflugbereiten Jumbos, dazu Einstecktuch, gold schimmernde Knöpfe am Sakkoärmel. Er sah so aus wie seine private Anlagenstrategie: konservativ und ohne Risiken.
    Sollte sich sein Gesprächspartner vorher ein Bild von ihm gemacht haben, so war es mit Sicherheit genau das, was er gerade abgab, dachte Löhring. Sein Wiedererkennungswert war enorm, musste es auch sein. Es war ein hartes Stück Arbeit gewesen, das aus sich zu machen, was er jetzt war: selfmade bis hin zum letzten gezupften Augenbrauenhärchen, ein Typ – »Big L« eben. Give the people what they want – es war ein Opfer, das er ihnen brachte. Ein verdammtes Opfer. Löhring ließ die Jalousie wieder herunterrattern.
    Die Tür öffnete sich, und ein Asiate trat ein, näherte sich Löhring mit schnellen, geschmeidigen Bewegungen, als hätte er kleine Rollen unter

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