Glennkill: Ein Schafskrimmi
blinzelten verschwörerisch, als wäre der falsche Name ein besonders geschickter Schachzug von ihm.
Foscos Bauer war groß und kräftig und noch dicker als Fosco. Er hatte eine Tasche in der Hand und die andere Hand in der Tasche. Beide schritten gelassen auf das Podest. Für seinen Umfang bewegte sich Fosco überraschend leichtfüßig.
Der Bauer sagte nicht ein einziges Wort. Er holte eine Flasche Guinness und ein Glas aus seiner Tasche. Dann goss er das Guinness in das Glas und stellte es vor Fosco auf den Boden. Fosco nahm das Glas mit den Zähnen auf und hob es hoch. Dann kippte er seinen Kopf nach hinten und soff das Glas in tiefen Zügen aus. Applaus. Fosco setzte das Glas formvollendet wieder auf dem Boden ab. Der Bauer holte eine zweite Flasche aus der Tasche. Noch immer hatte er seine andere Hand nicht aus der Hosentasche genommen. Wahrscheinlich wollte auch er auf der Bühne Geschicklichkeit beweisen. Eine dritte Flasche folgte. Die Menschen johlten. Bei der vierten Flasche waren die Menschen von ihren Bänken aufgestanden und riefen »Einstein, Einstein«, immer wieder im Chor. Die fünfte Flasche bekam – noch immer einhändig – der Bauer. Dann nahm er seine andere Hand aus der Hosentasche und winkte beidhändig ins Publikum. Unter donnerndem Applaus marschierten Schaf und Bauer wieder zurück in die Ecke. Die anderen Schäfer sahen sie neidisch an. Fosco wurde neben den George-Schafen angebunden, und der Bauer setzte sich wieder.
»Und damit gewinnst du?«, fragte Miss Maple. »Mit Saufen? «
»Falsch«, sagte Fosco. »Mit Guinness saufen. Aus einem Glas. Das machen sie selbst alle. Sie sind natürlich davon überzeugt, dass das das Allerklügste ist, was man überhaupt machen kann. Darum gewinne ich. Jedes Mal.«
»Aber es ist nicht schwierig«, sagte Zora.
Fosco blieb ungerührt. »Das beweist nur meine Klugheit. Warum sollte ich etwas Schwieriges machen, wenn es auch einfach geht?«
»Und warum willst du gewinnen?«, fragte Mopple, der inzwischen überzeugt davon war, dass man von Fosco wirklich eine Menge lernen konnte.
»Wegen dem Guinness natürlich«, sagte Fosco. »Habt ihr nicht gehört, dass man ein Guinness gewinnen kann? Und in den anderen Pubs dann wieder das Kunststück. Und dafür wieder Guinness. Und natürlich gibt es vorher die Trainingswochen.« Seine Augen funkelten.
Als Nächstes waren Jeremy Tipp und Wild Rose an der Reihe. Georges Schafe reckten wieder neugierig die Hälse, aber Fosco schüttelte den Kopf. »Nicht der Rede wert«, sagte er. »Die guten Sachen waren dieses Mal am Anfang. Was jetzt kommt, könnt ihr vergessen. Am besten, ihr seht gar nicht mehr hin.«
Aber die Schafe sahen doch hin. Wild Rose lief im Kreis und änderte die Richtung, wenn der Schäfer pfiff. Ein anderes Schaf sprang ungeschickt über kleine Hindernisse. Ein besonders plumper Widder wackelte nur immer mit dem Kopf, wenn sein Schäfer ihm ein Zeichen gab. Bei einem anderen Zeichen blökte er. Sein Schäfer redete die ganze Zeit auf ihn ein. Erstaunlicherweise kam diese Nummer gut an. Applaus, wenn auch viel weniger als bei Fosco.
Am traurigsten war die Vorstellung des braunen Mutterschafs. Sie hatte nicht einmal einen Namen. Auf der Bühne verlor sie vor Angst die Orientierung und konnte nicht mehr durch den kleinen Hindernisparcours laufen, den ihr Schäfer aufgebaut hatte. Verwirrt blieb sie in der Mitte des Podests stehen. Der Schäfer schlug mit einem Stock nach ihr, und die Braune preschte in Panik über die Bühne und stürzte am anderen Ende herunter. Sogar hier klatschten ein paar Menschen.
Fosco schwieg grimmig.
Der Bebrillte trat wieder auf die Bühne. »Und jetzt, meine Damen und Herren, unsere Überraschungsgäste Peggy, Polly, Samson und der schwarze Satan.«
»Er hat einfach falsche Namen für uns erfunden«, blökte Zora empört.
Auch Othello schnaubte irritiert. »Sehe ich vielleicht aus wie ein Esel?«
»Es ist egal«, sagte Miss Maple. »Jetzt kommt es drauf an! Macht einfach alles so, wie wir es besprochen haben, und denkt immer daran, was uns Melmoth beigebracht hat.«
Und schon waren die Schafe von George Glenn auf das Podest getrabt, hinein in das blendende Licht, um endlich für Gerechtigkeit zu sorgen.
Die Menschen im Saal sahen ihnen erwartungsvoll entgegen. Das Stimmengewirr verwandelte sich langsam in ein gedämpftes Murmeln, ähnlich dem Summen der Insekten, fast vertraut. Endlich war es so ruhig geworden, dass die Schafe ihren eigenen Atem wieder hören
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