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Glücksgriff

Glücksgriff

Titel: Glücksgriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Mansell
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hatte, war Miranda bereits fünfzehn Minuten zu spät dran.
    Er war da und saß wie immer an seinem Platz vor dem Schuhladen. Miranda empfand tiefes Schuldgefühl und fragte sich, ob sie die Straße überqueren könnte, sodass er sie nicht sähe, oder einfach vorbeieilen und so tun sollte, als hätte sie ihn nicht gesehen.
    Oder aber sie erklärte ihm, dass sie furchtbar in Eile sei und gerade ihren Geldbeutel nicht dabei habe, aber wenn er noch eine Stunde da wäre, würde sie später wiederkommen.
    Noch eine Stunde oder so da wäre, dachte Miranda schaudernd. Himmel, bin ich jetzt gönnerhaft oder was?
    Armer Kerl, als ob er irgendwo anders hingehen konnte.
    Oh, aber er sah so kalt aus, so elend und bis auf die Knochen durchgefroren.
    Es war ohnehin zu spät, ihn zu meiden. Er hatte sie schon entdeckt.
    »Hi«, grüßte Miranda und kam sich scheußlich vor. Seine Decke war feucht und vom Matsch durchtränkt.
    »Schau mal, das ist nicht meine Mittagspause, ich hole nur ein paar Sachen für eine Kundin, aber ich werde sicher vor zwei zurück sein.« Innerlich zuckte sie zusammen. Himmel, warum musste ein völlig legitimer Grund wie eine schwache Ausrede klingen? Er wollte eines ihrer Sandwiches nicht in zwei Stunden, er brauchte jetzt etwas zum Aufwärmen.
    »Okay.« Der Mann, der wahrscheinlich Anfang dreißig war, nickte und brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Danke.«
    Er bettelte nie, bat nie um etwas. Er saß nur da, sein fettiges schwarzes Haar fiel ihm ins Gesicht, und seine dunklen Wimpern verbargen seine Augen, während er den Rest der Welt an sich vorbeilaufen sah.
    Miranda hatte ihm nie Geld gegeben für den Fall, dass er drogenabhängig war. Der Gedanke, dass ihre mageren Überschüsse in die nächste Vene gespritzt würden, ließ sie erschaudern. Zumindest konnte er ein Garnelensandwich nicht in eine Spritze verwandeln.
    Doch heute war es doch etwas anders. Und gegenüber gab es einen Burger King, der heiße Getränke verkaufte. Und außerdem, dachte Miranda, hatte ihr Alice Tavistock einen Zehnpfundschein zum Einkaufen mitgegeben …
    »Hier.« Eilig fummelte sie in ihrer Manteltasche nach Kleingeld und warf ihm siebzig Pence in die Hand. »Kaufen Sie sich eine Tasse Tee. Zum Auftauen.«
    »Das ist sehr nett.«
    Heroin kostete doch mehr als siebzig Pence, oder?
    Sicherheitshalber fragte Miranda noch: »Sie nehmen doch keine Drogen?«
    »Nein, ich nehme keine Drogen.«
    Nur dass … nun ja, das würde er doch in jedem Fall sagen, oder?
    Miranda gab auf; sie musste zurück. Igitt, dieses Wetter, sie konnte ihre Füße kaum noch spüren.
    »Also, bis später.« Sie bewegte ihre eisigen Zehen. »Schinken und Tomate oder Garnelen mit Mayonnaise?«
    Der Mann auf dem Bürgersteig zuckte die Achseln.
    »Ist mir egal. Suchen Sie aus.«
     
    »Tut mir Leid, dass ich zu spät bin.« Keuchend platzte Miranda in den VIP -Raum. »Harrods war voll, und die Frau vor mir an der Theke hatte einen Anfall. Hier, Mrs. Tavistock.«
    Fenn legte gerade letzte Hand an Alice Tavistocks französischen Zopf. Er glaubte die Geschichte mit dem Anfall nicht eine Minute und sah zu, wie Miranda aus ihren Taschen Zigaretten, Briefmarken und Kleingeld hervorkramte.
    »Nimm die Handtücher aus dem Trockner«, sagte er, »und hilf Corinne bei Lady Trents Strähnchen.«
    Miranda fragte sich, ob Alice Tavistock ihr wohl danken würde, doch es war offenbar wichtiger, eine Zigarette aus dem Päckchen zu ziehen und sie in ihren stark geschminkten Mund zu stecken. Sie sah zu, wie das teure Silberfeuerzeug klickte und die Sehnen von Alice Tavistocks hagerem Hals wie Trapezschnüre herausstanden, als sie den ersten Lungenzug einatmete –
    »Miranda. Die Handtücher.«
     
    Fünf Minuten später reichte Miranda gehorsam Rechtecke aus Silberfolie an Corinne, während Fenn und Alice Tavistock aus dem VIP -Raum in den Hauptbereich des Salons traten.
    Als Fenn sie zu sich rief, sah Miranda deutlich Münzen in Alice Tavistocks Hand glitzern.
    Hurra, Trinkgeld!
    Oder nein, vielleicht doch nicht. Der Ausdruck in Alice Tavistocks frisch gepuderten Gesicht sah nicht gerade nach Dankbarkeit aus.
    »Ich habe Ihnen einen Zehnpfundschein gegeben«, verkündete sie und hielt Miranda ihre ausgestreckte Hand unter die Nase. »Und so viel haben Sie mir zurückgegeben. Glauben Sie, ich kann nicht rechnen?«, fragte sie ruppig. »Sie haben mir zu wenig Kleingeld rausgegeben.«
    »Gott, tut mir Leid, das habe ich vergessen!« Miranda schlug sich mit der Hand

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