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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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Zwerg und nestelte an seinem einzigen Kleidungsstück, einem breiten Gürtel, um ein weiteres Gartenmesser herauszuziehen. Das allein hätte allerdings keinen der Anwesenden bewegt, «Igitt» zu ächzen oder angewidert auszuspucken. Dieser Grund lag in der Anatomie des messerwerfenden Gärtners. Denn der kleine Gott
war
Gärtner. Er hieß Priapos, und vor seinen kurzen Stampfern baumelte ein Gewirk, das jedem Gott oder Menschen mit einem Funken ästhetischen Empfindens das Essen wieder hochtreiben musste.
    Ein allerletztes, klitzekleines Anekdötchen am Rande: Priapos ist das unerfreuliche Resultat einer kurzen Affäre zwischen Zeus’ Säufersohn Dionysos und Zeus’ Tochter Aphrodite . Um vor allem die liederliche Schlampe Aphrodite zu strafen, versah Hera den gemeinsamen Sohn ihrer eigenen Kinder mit einem zwischen dessen Beinen sinnlos herumbaumelnden Riesengemächt und degradierte ihn zum göttlichen Heckenbeschneider und Patron der Flussschiffer. Anlässlich eines größeren Festes versuchte der «Gnom mit dem Pferdeschwanz», wie sein doppelter Großvater Zeus ihn launigerweise zu nennen pflegte, seine schlummernde Tante Hestia zu vergewaltigen. Das Vorhaben ging gründlich in die Hose, da die Tante erwachte und dem kleinen Monster wuchtig in die Weichteile trat (nicht wohlüberlegt, sondern weil sie nicht wusste, wohin sie sonst treten sollte). Zeus nahm Priapos’ Verhalten zum Anlass, den Gärtner unter Androhung göttlicher Maulschellen aus der Senke zu verbannen, und verständlicherweise ist der kleine Mann mit der großen Behinderung seither durchgehend angepisst.
    Diana und Gwenddolau wandten sich würgend ab. Der kleine, schlechtgelaunte Gott schaffte es endlich, sein scharfes Gartenmesser aus dem Gürtel zu ziehen, und stampfte auf die Eindringlinge zu.
    Cameron zog seinen Revolver aus dem Holster.
    Gwydiot betrachtete den schwarz glänzenden Gegenstand und fragte sich, was der wohl darstellen mochte. Erasmus betrachtete Cameron und den Gärtner mit gerunzelter Stirn.
    «Was immer das sein mag, Kleiner», sagte der Mann aus L.A. um seine glühende Zigarette herum. «Du bleibst jetzt stehen und rührst dich nicht mehr. Nichts an dir.»
    Priapos hob das Messer und stampfte weiter.
    «Na, wie du meinst», sagte Cameron und drückte ab.
    Ein lauter Knall zerriss die Stille. Gwydiot wich erschrocken einige Meter zurück und bestaunte die feine Rauchfahne, die aus dem Maul des kleinen schwarzen Ungeheuers schwebte. Sein Blick wanderte nach rechts, dorthin, wo er die zerfetzten Überreste des kleinen Mannes zu entdecken erwartete.
    Priapos marschierte vollkommen unbeeindruckt weiter. Die Kugel war widerstandslos durch seinen erstaunlich fest wirkenden Körper gedrungen und hatte keine Spuren hinterlassen.
    Ungläubig ließ Cameron die Waffe sinken.
    Das Ding war nur noch ein paar Schritte von ihm entfernt.
    Erasmus’ Stirn glättete sich plötzlich. Er sah Priapos an. Dann sah er sich nach einem geeigneten, weit entfernten Baumwipfel um, schloss die Augen und stellte sich möglichst lebhaft vor, dass Priapos in genau diesem Baumwipfel säße.
    «Wow!», sagte Cameron.
    Erasmus öffnete die Augen wieder und setzte ein zufriedenes Lächeln auf. Aus weiter Ferne erklang das Zetern des in der Baumkrone sitzenden Gärtners.
    «Zauberei!», hauchte Gwydiot. «Ein Wunder!»
    «Nein», sagte Erasmus kopfschüttelnd.
    «Nein?»
    «Wieso nein? Was denn sonst?», mischte sich Diana ein.
    «Ich», sagte Erasmus.
    «Du? Aber … wie denn?»
    «Hiermit.» Erasmus tippte sich mit den Fingerspitzen an die Schläfe. Er suchte nach den richtigen Worten.
    «Das alles hier», sagte er schließlich, «wo immer wir hier auch sein mögen – es ist nicht von unserer Welt. Wir haben es nicht mit fest umrissenen Begriffen zu tun, nicht mit Realitäten, mit Fakten. Die Dinge, die uns hier begegnen, sind, so real sie uns auch erscheinen mögen … Ideen. Ideen, die durch uns, im Rahmen unseres Vorstellungsvermögens wandelbar sind. Wir sollten es wohl besser nicht zu einer körperlichen Konfrontation mit diesen … Göttern kommen lassen, aber wir können sie uns auf andere Art und Weise vom Leibe halten, solange wir hier sind.»
    «Moment mal», sagte Cameron. «Nur damit wir uns richtig verstehen. Heißt das, wir alle können … das?» Er deutete mit dem Daumen auf den zeternden Priapos, der sich langsam an den Abstieg machte.
    «Wenn wir uns richtig darauf konzentrieren, ja.»
    Cameron drehte sich um und konzentrierte

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