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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sagte Omar wieder. »Wir können später zurückkommen. Der Angriff wird abgewehrt, da bin ich ganz sicher. Die Engländer sind stark in der Übermacht!«
    Ja, vielleicht, dachte Shuman. Was aber, wenn das Kraftwerk bei dem Beschuss vernichtet wird, bevor die Türken sich zurückziehen?
    Widerstrebend ließ Shuman sich von Omar zu dem Automobil führen, das jenseits des Hügels wartete. Omar sah, dass Shuman die Tränen aus den Augen rannen.
    Omar hatte recht, der Angriff der Ottomanen blieb stecken. Noch während desselben fatalen Februars würden die Türken achtzigtausend Mann in der großen, entscheidenden Schlacht von Sarıkamıs¸ gegen die Russen verlieren. Die Briten würden gegen die Türken dreihunderttausend Mann in Ägypten und eine Million Mann in Mesopotamien und zusammen mit den Franzosen eine halbe Million Mann auf dem Balkan konzentrieren, und das ganze, früher so mächtige ottomanische Reich, das von allen Seiten heftig bedrängt wurde, würde bald in seinen Fugen krachen.
    Aber die britischen Ingenieure von Shumans Sonnenkraftwerksprojekt wurden zum Wehrdienst einberufen, der eine hierhin, der andere dorthin. Seine Gruppe zerfiel, und von ihren Mitgliedern waren nach dem Krieg nicht mehr viele am Leben. Wenig später hörte auch Deutsch-Südwestafrika auf zu existieren, sodass auch die deutschen Sonnenkraftwerksbestellungen hinfällig geworden waren. Nach Kriegsende hatten die Briten die arabische Halbinsel, die zum ottomanischen Reich gehört hatte, besetzt und plötzlich bemerkt, dass sie auf unermesslichen Ölvorkommen saßen. Und für jemanden, der viel, viel mehr Öl hatte als irgendjemand sonst, lohnte es sich nicht, eine Energiequelle zu erschließen, die ohne Mühe für alle zugänglich war.
    Frank Shuman kehrte als gebrochener Mann in die Vereinigten Staaten zurück und starb, noch bevor der große Krieg zu Ende war.
    Die verbogenen Parabolrinnen des in den Kämpfen teilweise zerstörten Sonnenkraftwerks blieben verlassen in Maadi zurück. Der Wind häufte eine immer dickere Schicht Wüstensand über ihnen auf. Schließlich machte sich niemand mehr die Mühe, sie zu bewachen. Die Metallplatten der Reflektoren und die Eisenstangen, die sie an ihrem Platz gehalten hatten, verschwanden allmählich und wurden von den Menschen genutzt, die dafür Verwendung hatten. Nach einiger Zeit waren von Shumans Kraftwerk nur noch einige Gebäude aus Lehm übrig, deren Strohdächer verbrannt waren und die in der gnadenlosen Sonnenhitze allmählich zerbröckelten. Dann waren auch sie dahin, und nichts erinnerte mehr an den Ort, an dem beinahe eine die Geschicke der ganzen Welt beeinflussende Revolution stattgefunden hätte.
    Viel später besuchte ein kleines, vielleicht sieben oder acht Jahre altes Mädchen mit seiner Mutter diesen Ort. Das Mädchen untersuchte eifrig die Steinfundamente der alten Gebäude, die aus dem vom Wind aufgehäuften Sand herausragten. Sie grub mit dem Fuß im Sand herum und war enttäuscht, als darunter kein blank schimmerndes Metall zum Vorschein kam. Nur feiner, heller Staub stieg in die Luft, der ein Weilchen wie weißer Rauch herumwirbelte, bis ein Windhauch ihn mit sich fortführte.
    »Was machst du da, Razia?«, jammerte ihre Mutter.
    Das Mädchen sah seine Mutter an, und seine Augen glänzten vor Eifer.
    »Großmutter hat gesagt, dass es hier einmal so eine Fabrik gab, die Strom produzierte – nur aus Sonnenlicht. Da waren große Metallspiegel, die das Sonnenlicht reflektierten und es in Strom verwandelten.«
    Die Mutter seufzte schwer und nahm ihre Tochter entschieden bei der Hand.
    »Du darfst nicht alles glauben, was deine Oma sagt. Sie ist schon alt und weiß nicht mehr alles so ganz richtig.«
    »Aber, Mutter ...«
    »Razia, alle wissen, dass es weder hier noch sonst irgendwo jemals so etwas gegeben hat.«
    Aber Mutter, es hat sie wirklich gegeben, Großmutter hat mir Fotos davon gezeigt, dachte Razia al-Qasreen, als ihre Mutter sie entschlossen von dem Ort fortzog, an dem Frank Shumans Traum einst im Sand zerronnen war.

Eins
    D ER S ONNENTURM

1
    Ein schwarzer Mercedes raste in einer dunklen Nacht die linke Spur einer bayerischen Autobahn entlang. Das Auto wurde von einem vielleicht dreißig Jahre alten jungen Mann gelenkt. Die drei anderen Fahrstreifen waren voller schwerer Lkws. Ihre Rücklichter leuchteten im Dunkeln, als wäre eine knallrote Schlange unterwegs, die sich zum Schwanz hin verjüngte. Sonst gab es nur wenig Verkehr.
    Der Mercedes fraß die Kilometer

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