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Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olle Lönnaeus
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von der Ladefläche herunterhebt. Ein grünes von Monark. «Es gehört dir, Joel!», dröhnt Mårtens Stimme. «Steig auf und fahr ’ne Runde, es ist schnell wie der Blitz.» Doch Joel bleibt sitzen und starrt ihn an. Er sagt kein Wort. Würde ihm am liebsten die Augen auskratzen, damit dieses grässliche Grinsen aufhört. Er muss unentwegt an die gräulich-gelben Flecken im Gesicht seiner Mutter neulich Nacht denken. Als er aufsteht und die Straße hinunterläuft, hört er Mårten hinter ihm herrufen. Er weiß, dass er sich nie auf das Fahrrad setzen wird.
    «Ich nehme an, dass es Ihnen gehörte?»
    Fatima schien sich zu fragen, was ihm durch den Kopf ging. Sie befingerte leicht den leuchtenden Stein an ihrem Ohrläppchen.
    Joel nickte. «Mårten hat es mir geschenkt. Ich glaube, es sollte so etwas wie ein Versöhnungsgeschenk darstellen.»
    «Und wofür?»
    «Dafür, dass er meine Mutter geschlagen hat. Weil ich glaube, dass er … Weil sie uns verlassen hat.»
    Sie fragte nicht weiter. Aber Joel ahnte, dass sie es begriff. Das Merkwürdige war nur, dass es sich heute ganz anders anfühlte.
    Diese blauen Flecken im Gesicht seiner Mutter. Er hatte sie doch bestimmt geschlagen, oder?
    Der kleine Junge läuft die Weidenallee entlang, hält jedoch inne, als er ein Stück weit gekommen ist, und dreht sich um. Mårten sieht so verlassen aus, wie er dort mit dem grünen Fahrrad steht. So hilflos und einsam. Joel bekommt fast Mitleid mit ihm.
    «Wir sollten uns vielleicht einmal die Bilder ansehen», schlug Fatima vorsichtig vor.
    «Ja, vielleicht …»
    Sie hoben gemeinsam einen Rahmen nach dem anderen hoch. Frauen mit rosafarbener Haut und riesigen Hinterteilen. Nackte Frauen, die Mårten mit Schleier und großen schmachtenden Augen versehen hatte. Joel schämte sich. Auf einem Extrastapel lagen noch mehr Bilder mit kleinen Gestalten, die alle in der einen oder anderen Weise, sei es auf einen Berg oder eine Leiter steigend, in einem Baum hängend oder auf einer Wolke schwebend, einem leuchtenden Himmel entgegenstrebten.
    «Wir sind sie natürlich schon einmal durchgegangen», sagte Fatima. «Aber eine Sache ist doch verblüffend, oder?»
    «Und was sollte das sein, außer dass alle so schlecht sind?»
    «Vermissen Sie denn nichts?»
    Sie kräuselte neugierig die Nase. Diese Augen … Es war deutlich, dass sie alles registrierte. Das Gefühl, wie ein Versuchskaninchen beobachtet zu werden, machte Joel unsicher.
    «Sie meinen die Mohammed-Bilder? Ich dachte, die Polizei hätte sie beschlagnahmt. Als Beweise.»
    Fatima schüttelte langsam den Kopf, ohne ihn aus dem Blick zu lassen.
    «Nein, wir haben keine gefunden.»
    «Könnte er sie verkauft haben?», schlug Joel vor.
    «Das ist möglich. Aber wer sollte sie kaufen?»
    «Vielleicht hat der Mörder sie mitgenommen?»
    «Die Straßen waren ja zugeschneit. Und er kam zu Fuß. Nicht ganz leicht, einen Stapel Bilder durch den Schneesturm zu schleppen, finden Sie nicht? Falls er nicht wie der Weihnachtsmann einen Schlitten bei sich hatte.»
    «Bleibt also nur eine Möglichkeit», meinte Joel.
    Vor seinem inneren Auge sah er ein loderndes Feuer im Hinterhof und Mårten, der wie der Teufel persönlich laut schreiend umhersprang, während er Kinderkleidung, Spielsachen, Möbel und Bilder in die Flammen warf. Schwarzer Rauch stieg zum Himmel auf, als die Motive, mit denen er Gott beleidigt hatte, zu Asche zerfielen.
    «Sie meinen, dass er sie verbrannt hat?», fragte Fatima. «Mag sein. Es ist jedenfalls möglich. Auf der Rückseite des Hauses steht eine große Blechtonne, in der Ihr Vater offenbar alten Müll verbrannte. Es kann ja sein, dass er Angst bekommen und es bereut hat. Vielleicht glaubte er, diejenigen besänftigen zu können, die ihm gedroht hatten.»
    «Ein Bild existiert zumindest noch», sagte Joel.
    «Aha?»
    «Ein Schwein mit Turban.»
    Sie betrachtete ihn misstrauisch, und für einen kurzen Augenblick schien sie kurz davor zu sein, in Gelächter auszubrechen.
    «Ich habe es in Goran Djelics Haus gesehen.»
    Joel merkte sofort, dass der Name sie aufhorchen ließ.
    «Djelic! Der Mann, der die Kampfhunde züchtet?»
    Sie bombardierte ihn mit mehreren Fragen kurz hintereinander, woraufhin Joel ihr von seinem Besuch bei den Zwingern in Lövestad berichtete. Von den Hunden, deren Bellen er schon von weitem gehört hatte. Von Tatjana. Und von Goran, der ihm erst einen riesigen Revolver in die Fresse gerammt hatte, bis er es sich plötzlich anders überlegte und

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