Gottes Zorn (German Edition)
seines Jacketts schob und ein vibrierendes Handy hervorzog.
«Ja?»
Joel sah, wie sich in seinem Gesicht Irritation abzeichnete.
«Nein, kein Kommentar. Es spielt keine Rolle, was Sie sagen, ich werde nicht mit Ihnen sprechen. Danke und auf Wiederhören!»
Der Mann legte auf und ließ das Handy wieder in der Tasche verschwinden. Dann lächelte er entschuldigend.
«Die Vierte Gewalt. Weiß der Teufel, woher die das schon wieder wissen. Bald haben wir die ganze Meute vorm Haus rumlungern.»
Er streckte seine Hand vor.
«Ich heiße Bill Lundström und arbeite bei der Säpo. Sie wissen, die Sicherheitspolizei. Wir haben inzwischen die Verantwortung für die Voruntersuchungen übernommen. Aber wir arbeiten natürlich mit der örtlichen Polizei zusammen.»
Sein Handschlag war übertrieben fest. Lundström blickte Joel lange an, als wollte er ihn von irgendetwas überzeugen.
«Sie glauben also …»
«Dass Ihr Vater ermordet worden ist. Ja, da sind wir uns bereits sicher. Der Rechtsmediziner unten ist fast fertig. Er hat bereits einen vorläufigen Bericht abgegeben. Am Hals von Mårten Lindgren befinden sich zwei rote Striemen von dieser Wäscheleine. Zuerst hat man ihn erwürgt. Vermutlich von hinten. Und dann hat man ihn am Haken an der Decke aufgehängt.»
«Aber warum, zum Teufel …?»
Der Säpobeamte zuckte mit den Achseln.
«Wahrscheinlich, damit es spektakulärer wirkt. Außerdem haben sie noch eine Botschaft an der Wand hinterlassen. Ich nehme an, Sie haben sie gesehen?»
Joel nickte. «Sie? Also waren es mehrere?»
«Ja, oder er. Wir wissen natürlich nicht, ob wir es mit einem oder mehreren Tätern zu tun haben.»
Bill Lundström zog ein kleines Aufnahmegerät hervor und legte es auf die Armlehne neben Joel.
«Wir können das hier ebenso gut als formelle Vernehmung betrachten. Der Grund dafür, dass die Sicherheitspolizei den Fall übernommen hat, liegt darin, dass wir glauben, dass hinter dem Mord an Ihrem Vater politische Motive stehen könnten. Ich arbeite in der Abteilung für Terrorismusbekämpfung.»
Obwohl Joel bereits verstanden hatte, drehte sich in seinem Kopf alles. Das Ganze kam ihm so unwirklich vor. Mårtens pathetische Anwandlungen. Seine verzweifelten Versuche, sich mittels seiner Malerei endlich einen Namen zu machen und Bilder zu verkaufen. Sollte das wirklich zu seinem Tod geführt haben?
«Als ich klein war, haben sie ihn Arschmaler genannt.»
«Arschmaler?» Lundström wirkte erstaunt. «Erzählen Sie mehr.»
«Eigentlich hat er sich mit allem Möglichen durchgeschlagen. Ich glaube, er hat ziemlich viele krumme Dinger gedreht. Im Schuppen hatte er eine Werkstatt, in der er alte Autos reparierte. Aber meistens hat er getrunken. Die Geschäfte gingen den Bach runter. Und als meine Mutter wegging, war ich mit ihm allein.»
Joel betrachtete gedankenverloren die Eiszapfen draußen vor dem Fenster und ertappte sich dabei, nach der fetten Kreuzspinne Ausschau zu halten, obwohl sie natürlich schon seit vielen Jahren tot sein musste.
«Dann hatte der Alte plötzlich die fixe Idee, Frauen mit Riesenärschen zu malen. Immer wieder dasselbe Motiv. Wenn er besoffen war, wurde er sentimental und hielt einem lange Vorträge über die Frau, das schönste Tier auf Erden. So sagte er immer. Das Tier. Und wenn man ihm nicht zuhörte, wurde er sauer.»
Der Polizist schwieg, nickte Joel jedoch aufmunternd zu.
«Er war lange wie besessen. Fuhr mit seinen Bildern auf die Märkte nach Kivik, Sjöbo und Tomelilla. Zu Ostern bereitete er eine Ausstellung in seiner Werkstatt vor, tat so, als wäre er ein großer Künstler. Doch die Leute lachten hinter seinem Rücken. Und das mit Recht, seine Bilder waren wirklich scheußlich. Er hatte nicht das geringste Talent. Ich fand das Ganze einfach nur oberpeinlich.» Ohne dass Joel es merkte, entfuhr ihm ein bitterer Seufzer. «Und dann hat er sie mit einem Schleier drapiert.»
«Schleier?»
«Ja, als Haremsdamen. Aber das kam erst später. Da war ich längst ausgezogen. Ich hab einen Bekannten in Malmö getroffen, der mir erzählte, dass Mårten Geld für eine Reise nach Ägypten zusammengekratzt hatte. Als er zurückkam, begann er, verschleierte, aber ansonsten nackte Haremsdamen zu malen. Die reinste Pornographie, wenn Sie mich fragen.»
«Ein faszinierender Mann …»
«Faszinierend? Dass ich nicht lache! Mårten Lindgren war ein Schwein. Von dem Tag an, an dem ich geboren wurde, habe ich ihn gehasst.»
Lundström räusperte sich betreten.
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