Gottes Zorn (German Edition)
radikalisiert werden, bis sie bereit sind zu morden. Dieser Personenkreis ist zwar klein, aber nichtsdestotrotz gefährlich.»
«Aber …»
«Wissen Sie, wer Kurt Westergaard ist?»
«
Jyllands-Posten
…?»
Lundström nickte. «Westergaard hat die inzwischen weltberühmte Karikatur von Mohammed mit einer Bombe im Turban gezeichnet. Sie wurde in
Jyllands-Posten
veröffentlicht, woraufhin im ganzen Nahen Osten die Hölle losbrach. Religiöse Führer stachelten die Wut des Pöbels an. Der Mob verbrannte Flaggen und stürmte Botschaften. In den Tumulten starben eine Menge Menschen. Vier Jahre später brach ein mit einer Axt bewaffneter Somalier in Westergaards Haus ein, um ihn zu erschlagen. Dieser Mann wohnte schon seit langem in Dänemark. Es war pures Glück, dass es ihm misslang. Aber im Internet wurde er gefeiert wie ein Held. Unsere Kollegen bei der dänischen Sicherheitspolizei konnten beweisen, dass er Verbindungen zur Al-Shabaab unterhielt, einer terroristischen Vereinigung, die in Somalia die Einführung der Scharia fordert.»
Der Säpomann betrachtete Joel streng wie ein Lehrer, der sich vergewissern wollte, dass seine Schüler dem Unterricht folgten.
«Es gab noch mehr Versuche», fuhr er fort. «Drei junge Männer sind mit Maschinengewehren von Stockholm nach Kopenhagen gefahren, um im Gebäude von
Jyllands-Posten
am Rådhusplats so viele Mitarbeiter wie möglich niederzumähen. Doch zum Glück hatten wir sowohl ihre Telefone abgehört als auch die ganze Gang monatelang mittels Wanzen belauscht, sodass wir sie leicht zu fassen bekamen.»
Die Stille, die folgte, deutete an, dass Bill Lundström besonders stolz auf genau diese Operation war. Er kratzte sich hastig mit dem Zeigefinger im Ohr.
«Vilks wurde wegen seiner Zeichnungen, die Mohammed als Hund darstellten, unzählige Male mit Morddrohungen konfrontiert. Beispielsweise plante eine verrückte Amerikanerin namens Jihad Jane, ihn zu ermorden. Zwei albanische Brüder aus Landskrona versuchten sein Haus abzubrennen. Wie Sie sehen, haben wir allen Grund, die Drohungen gegen Mårten Lindgren ernst zu nehmen.»
«Leider müssen wir zugeben, dass wir in seinem Fall gescheitert sind», sagte Fatima leise, immer noch mit dem Gesicht zum Fenster gewandt.
Bill Lundström erstarrte, als hätte ihm jemand ein Messer in den Rücken gerammt.
«Diese Drohungen …», begann Joel.
Lundström unterbrach ihn: «Mårtens Name tauchte auf diesen terroristischen Websites auf, kurz nachdem er seine Bilder ausgestellt hatte. Jemand sprach eine Fatwa aus, die besagte, dass derjenige, der ihn ermordete, als Märtyrer verehrt werden würde und ihm zweiundsiebzig Jungfrauen im Himmelreich überlassen werden sollten. Wir haben Mårten eine Zeitlang mit einem Alarmgerät ausgestattet und die örtliche Polizei beauftragt, ihn im Blick zu behalten. Doch dann hatten wir den Eindruck, dass das Ganze im Sande verlief …»
«Und was geschieht jetzt?»
«Jetzt müssen wir einen Mörder fassen.»
«Aha …»
«Es gibt eine kleine Gruppe gewaltverherrlichender islamistischer Extremisten in unserem Land. Ein paar hundert junge Männer, auf die wir ein Auge haben. Wir halten sie unter Beobachtung. Aber darüber hinaus sind wir natürlich auf Mithilfe angewiesen. Nicht zuletzt von Ihnen.»
«Von mir?»
«Dieser Anruf, den Sie heute Nacht erhielten. Können Sie ihn uns noch einmal so detailliert wie möglich beschreiben?»
Joel begegnete Lundströms stahlgrauem Blick, schloss dann die Augen und versuchte die Kopfschmerzen und die Übelkeit zu verdrängen, um sich die Nacht mit all ihren Geräuschen und Gerüchen wieder in Erinnerung zu rufen. Der Sturm war draußen übers Land gefegt. Er hatte ihn lauter als tausend Wölfe heulen hören. Diesmal war es ihm nicht gelungen, seine Unruhe wie sonst mit Schnaps zu dämpfen, so viel stand fest. Die Nacht war nach wie vor in dichten Nebel gehüllt, doch es war, als hätte er eine Vorahnung gehabt.
Warum sonst war er bei diesem Unwetter losgestapft?
Der Keiler, der mitten im Schneesturm auftauchte.
Verärgert schob er die Gedanken beiseite. Hokuspokus! Ich habe mich volllaufen lassen, weil ein Computer mit leeren Seiten auf dem Küchentisch stand und mich höhnisch angrinste, dachte er. Wie erbärmlich!
Die Stimme, ich muss mich auf die Stimme konzentrieren.
«Sind Sie sich sicher, dass es Ihr Vater war, der anrief?»
«Natürlich bin ich mir sicher …»
Hinten am Fenster wandte Fatima sich ihm zu.
«Haben Sie ihn
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