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Grabeskaelte

Grabeskaelte

Titel: Grabeskaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
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werden, wollten sie ins Innere der Gruft gelangen. Achtlos warfen sie Blumen und Gestecke beiseite, um an einen massiven Eisenring, der in jede der beiden Steinplatten eingearbeitet war, zu gelangen. Mit vereinten Kräften schafften sie es, eine davon anzuheben. Schnell ließ Uwe sein Brecheisen in den entstandenen Spalt gleiten. Wenig später war der Weg in die von Fäulnis und Schwärze durchdrungene Tiefe frei. Nun endlich konnten sie ihren Mut und ihre Kaltblütigkeit unter Beweis stellen...

1
    In dieser Nacht träumte ich von Leipzig. Ich sah mich am unteren Bahnhof in den Regiosprinter Richtung Zwickau steigen. Es wehte ein kühler Wind, bleigraue Wolken trieben tief hängend am Himmel dahin. Die Luft roch nach Regen, was nicht außergewöhnlich für einen Tag Ende März war.
    Der Zug setzte sich träge in Bewegung. Fast war mir, als könne ich sein sanftes Rattern, die leichten Schwingungen, wenn er sich in eine Kurve legte, spüren. Linkerhand sah ich das betongraue Gebäude eines im Gewerbegebiet ansässigen Möbelhauses vor mir auftauchen. Auf der rechten Seite bot sich mir die im Tal liegende, malerische Kulisse von Rodewisch. Stadtauswärts, Richtung Rützengrüner Höhe, fiel mein Blick auf die Kuppel der Sternwarte. Von ihr aus wurde einst Sigmund Jähns Flug ins All dokumentiert. All diese, mir schon seit meiner Kindheit bekannten und vertrauten Bilder zogen, kaum mehr wahrgenommen, an mir vorüber. Der Zug verlangsamte sein Tempo. Wir näherten uns der nächsten Haltestelle. Eine lärmende Schulklasse stieg zu. Ihren Gesprächen konnte ich entnehmen, dass ihr Ziel, gleich dem meinen, die Buchmesse darstellte. Erneut setzte sich die Bahn in Bewegung. Vorbei an Wiesen und Wäldern ging es Richtung Zwickau. Um nach Leipzig zu gelangen, musste ich dort umsteigen. Ich nahm den übers Internet ausgedruckten Fahrplan zur Hand, um mich zu vergewissern, auf welchem Bahnsteig der Regionalexpress abfuhr.
    Obwohl er, wie mir schien bereits vollbesetzt war, gelang es mir, einen Fensterplatz in einem der Nichtraucherabteile zu ergattern. Mir gegenüber saß ein junges Ehepaar. Die Frau hielt einen schlafenden Säugling im Arm. Ich konnte nicht umhin, sie um ihr Glück zu beneiden. Jahrelang schon sehnte ich mich nach einem Kind. Doch bisher war dieser, mein größter Wunsch, mir verwehrt geblieben. Mit achtunddreißig schwand allmählich meine Zuversicht, noch einmal schwanger zu werden. Mein Blick verschleierte sich. Übermannt von schmerzlichen Erinnerungen wischte ich mir verstohlen eine Träne aus den Augenwinkeln. Ich hasste es, so nahe am Wasser gebaut zu haben. Während ich durch die verschmierte Scheibe nach draußen starrte, tauchten vor meinem inneren Auge wieder die Bilder jener wechselvollen Sommertage vor zwei Jahren auf. Wechselvoll, weil sie die Skala meiner Gefühle von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt umfassten. Schon zum zweiten Mal in Folge war meine Regel ausgeblieben. In freudiger Erwartung vereinbarte ich für die kommende Woche einen Termin bei meiner Frauenärztin. Doch als ich am nächsten Morgen erwachte, fühlte ich, dass etwas nicht stimmte. Mein Kreislauf spielte verrückt. Es gelang mir, mich auf die Toilette zu schleppen. Bald darauf wusste ich, warum mir so elend war: ich blutete. Zwar nicht stark, aber immerhin besorgniserregend. So gut es ging versuchte ich meiner aufsteigenden Angst Herr zu werden und rief bei meiner Ärztin an. Doch am anderen Ende schaltete sich lediglich der Anrufbeantworter ein um mir mitzuteilen, dass die Praxis an diesem Tag geschlossen sei und ich mich an einen der nachfolgend genannten Mediziner wenden sollte. Ich schrieb mir die nächstbeste Nummer auf und rief an. Wenig später saß ich in einem mir fremden Wartezimmer. Als ich an der Reihe war, bekam ich einen Plastikbecher in die Hand gedrückt. Die Schwester brauchte meinen Urin, um einen Schwangerschaftstest durchführen zu können. Die nächsten Stunden glichen einer dramatischen Berg- und Talfahrt. Zwar fiel der Test positiv aus, doch eine daraufhin durchgeführte Ultraschalluntersuchung veranlasste die Ärztin zu den Worten: „Tut mir Leid, ich kann nichts erkennen. Wahrscheinlich ist die Schwangerschaft nicht richtig angelegt.“ Die Antwort auf meine Frage, was sie unter – nicht richtig angelegt – verstehe, war mehr als entmutigend.
    „Wenn die Blutung nicht aufhören oder sich gar noch verstärken sollte“, schärfte sie mir teilnahmslos ein, „dann melden Sie sich

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